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Frauen mit Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) haben nach der Entbindung ein erhöhtes Risiko, Typ-2-Diabetes zu bekommen, zur Nachsorge geht aber weniger als die Hälfte von ihnen. Eine Studie zeigt, dass nur knapp 40 Prozent Diabetes-Screenings in Anspruch nehmen.
Viele werdende Mütter haben einen leicht erhöhten Blutzuckerspiegel, da sich der Stoffwechsel im Verlauf der Schwangerschaft verändert und dadurch Glukose nach einer Mahlzeit langsamer aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird. Treten jedoch zu hohe Blutzuckerwerte auf, liegt ein Gestationsdiabetes vor. Dies ist der in etwa 2 bis 5 Prozent der Schwangerschaften der Fall. Diese Stoffwechselstörung wird auch als Schwangerschaftsdiabetes bezeichnete und durch eine Ernährungsumstellung behandelt. In manchen Fällen ist aber auch eine medikamentöse Therapie notwendig. Nach der Schwangerschaft normalisieren sich die Werte in der Regel wieder, nur selten geht ein Gestationsdiabetes unmittelbar in einen Typ-2-Diabetes über. Allen betroffenen Frauen wird jedoch geraten, nach der Geburt ihrer Kinder zur Nachsorge zu gehen, da sie ein erhöhtes Risiko haben, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln.
Forschende der Universität Düsseldorf und des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) haben nun in einer Studie ermittelt, wie viele der Frauen mit Gestationsdiabetes nach der Entbindung die angebotenen Untersuchungen überhaupt wahrnehmen. Dazu haben die Studienleiterin Professorin Dr. Andrea Icks und ihr Team die Daten von fast 13.000 Frauen aus dem bundesweiten GestDiab-Register analysiert, die im Zeitraum zwischen 2015 und 2017 eine Gestationsdiabetes-Diagnose erhalten hatten. Die Ergebnisse: „Mehr als 60 Prozent der Frauen mit Gestationsdiabetes haben kein Screening nach der Geburt in Anspruch genommen“, wird Prof. Icks in einer Pressemitteilung des DDZ zitiert. Nur 38,2 Prozent der Frauen aus dieser Stichprobe haben demnach an einer solchen Untersuchung teilgenommen.
Die Forscherinnen und Forscher haben anschließend nach Merkmalen bei den beobachteten Frauen Ausschau gehalten, die in signifikantem Maße mit einer Teilnahme an diesen Screenings in Verbindung gebracht werden konnten. Dabei zeigte sich, dass Frauen mit höherem Lebensalter und solche, die ihren Gestationsdiabetes mit Insulin behandelt haben, eher an der Nachsorge teilnahmen. Unter der Nachsorgemuffeln waren vermehrt Frauen mit Migrationshintergrund, einem höheren Body-Mass-Index (BMI), Raucherinnen sowie Frauen mit schlechteren Nüchternblutzucker- und HbA1c-Werten. „Unter den Nicht-Teilnehmerinnen waren Frauen mit einem ungünstigeren Lebensstil häufiger vertreten. Hier fragen wir uns, ob diese Frauen gut informiert ihre Entscheidung für oder gegen eine Nachsorge treffen und sehen Bedarf für die Versorgungsforschung“, erläutert Prof. Icks.
Doch wieso nimmt die Mehrheit der Frauen die angebotenen Diabetes-Screenings nicht wahr? Gründe für die niedrige Inanspruchnahme können vielfältig sein und nicht nur bei den Patientinnen, sondern auch bei Behandelnden oder im Versorgungssystem liegen, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Nationale und internationale Studien ließen aber darauf schließen, dass die sozioökonomische Lage, also bspw. das Bildungsniveau, entscheidenden Einfluss auf das generelle Gesundheitsverhalten hat. Zu ähnlichen Erkenntnissen kommt das Robert-Koch-Institut, das in einer Untersuchung den Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Diabetes analysiert hat. Aber auch eine fehlende Abstimmung zwischen den hausärztlichen, diabetologischen und gynäkologischen Praxen könnten eine Rolle spielen. „Wichtige Faktoren sind dabei einerseits der Nachwuchsmangel und anderseits die fehlende Finanzierung von interdisziplinärer Versorgung“, stellt DDZ-Direktor Professor Dr. Michael Roden fest, „nicht zuletzt benötigen wir mehr Diabetologen und Diabetologinnen und entsprechende Fachabteilungen an den großen Kliniken“.
„Für Deutschland können wir heute nur sagen, dass sich eine relevante Zahl von Gestationsdiabetes-Patientinnen nicht screenen lässt“, resümiert Prof. Icks. Ob sie sich bewusst dagegen entscheiden oder nicht über das Risiko und die Angebote nach der Geburt informiert sind, sei unklar. Auch eine Konzentration auf das Neugeborene, die neuen Lebensumstände und Zeitmangel könnten dazu beitragen, dass die eigene Nachsorge nicht wahrgenommen wird. „Hier bedarf es in jedem Fall noch weiterer Untersuchungen“, so das Fazit der Expertin. In einer aktuellen Studie untersucht der Forschungsverbund GestDiNa unter Icks’ Leitung daher patienten- wie systemseitige Gründe für die (Nicht-)Inanspruchnahme des Screenings, um daraus ein besseres Versorgungsmodell für die Zukunft abzuleiten.
von Gregor Hess
mit Materialien des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ)
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