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Das Echt essen-Gasthaus im September: Die „Seehalde“ ist ein stimmiges Gasthaus mit Vorbildcharakter, malerisch gelegen am Bodensee.
Schöner sitzen geht nicht: Als eines der ganz wenigen Gasthäuser liegt die „Seehalde“ in Uhldingen-Mühlhofen bei Überlingen direkt am Bodensee – und der Familienbetrieb krönt die prominente Lage mit einer prächtigen Terrasse am Wasser, von der bei schönem Wetter die Blumeninsel Mainau, der mächtige Säntis in der Schweiz grüßen. Oberhalb des Gasthauses liegt die barocke Basilika Birnau, eingerahmt von Weinbergen.
Bei weniger schönem Wetter wird drinnen im Restaurant serviert, wobei auch dort der begehrte Seeblick lockt. Mag auch das Interieur des Gasthauses design-verliebte Großstädter nicht zu Begeisterungsstürmen verleiten, so fühlen sich die zahlreichen Stammgäste um so wohler. Sie kommen überaus zahlreich, sodass in den Sommermonaten die Zimmer, natürlich alle zum See, meistens ausgebucht sind, auch weil ein eigener Steg einen bequemen Zugang ins Wasser ermöglicht. Und wer mag, kann die „Seehalde“ auch mit dem Bötchen ansteuern.
See-selig: Terrasse und Gasthaus mit Hotel der „Seehalde“
Ein echter Familenbetrieb: Vater und Mutter schaffen noch mit – und die Söhne Markus und Thomas schmeißen den Laden. Wobei beide das Köchehandwerk bei Klaus Neidhart, dem Meister der Bodensee-Fischküche, gelernt haben. Recht bald merkten sie aber, dass zwei Köche den Brei nicht besser machen, weshalb Markus nun allein das Küchenzepter führt und Thomas den Service leitet. Eine kluge Entscheidung, denn Markus ist ein leidenschaftlicher Fischer, der seine Gäste schon mal mit einer kapitalen, selbst gefangenen Seeforelle verwöhnt – oder bei Pilz-Sammlerglück stolz eine rare Krause Glucke präsentiert.
Thomas Gruler hingegen kann „draußen“ seine Leidenschaft für den Wein mit seinen Gästen teilen. Probieren Sie einmal seinen eleganten Müller-Thurgau, den er mit dem befreundeten Winzer Thomas Geiger gekeltert hat. Gekrönt wird das Familienteam von Thomas Grulers Lebensgefährtin Ilona Müller, die auch den nervigsten Gast mit Schlagfertigkeit und bezauberndem Lächeln für sich gewinnt – eine Herzlichkeit, die zum Gästeglück genau so gehört wie gutes Essen.
Angler und Weinmacher – Brüder Markus (links) und Thomas Gruler
„Warum essen die meisten Menschen ungesund?“, fragen ratlos die Ernährungsexperten. Schlicht, weil das meiste Gesunde nur „gesund“ und nicht köstlich schmeckt. Markus Gruler verwendet, so weit es geht, frische Produkte aus dem See, von befreundeten Jägern, von Bauern der Umgebung, sammelt selbst wilde Kräuter, gart alles möglichst schonend – und geschmacksstark.
Selbst gefangen hatte Markus Gruler die Saiblinge, die er von links nach rechts so zubereitete: Mit Koriander und Limette gebeizt; geräuchert mit Linsen von der Alb und mit Minestronegemüse Niedertemperatur-gegart. Gerade diese schonende Zubereitung lässt das frische Aroma des Fisches perfekt zur Geltung kommen – und schmeichelt den wertvollen Omega-3-Fetten.
Egli oder Kretzer, so heißen am Bodensee die Barsche, deren weißes, fettarmes Fleisch von Feinschmeckern sehr geschätzt wird. Markus Gruler serviert die Köstlichkeit mit getrüffelten Nudeln – so viel Luxus muss sein in diesen Zeiten.
Ich weiß, ich weiß, alle Norddeutschen, fast alle Frauen, viele Männer mögen keine Kutteln – schlicht deshalb weil sie diese in Frankreich, Spanien und Italien von Feinschmeckern begehrte Delikatesse nie gegessen haben. Wer dennoch einen Versuch wagen will, Markus Gruler schmort sie in Rotweinsoße, serviert sie herrlich säuerlich mit Röstkartoffeln.
Ein großartiges Fischjahr ist 2009: Das relativ kühle Wasser bietet beste Wachstumschancen – gerade auch für die begehrte Seeforelle. Markus Gruler bekommt oft auch die kiloschweren Exemplare, die es in Geschmack und Vitalität locker mit den Meeresfischen aufnehmen. Hier gebraten auf Grillgemüse mit Gewürzzitrone und grüner Soße.
Obwohl die „Seehalde“ in den Essensführern hoch gelobt wird, ist hier nichts abgehoben, kann sich jeder wohlfühlen. Und auch die Preise sind vernünftig geblieben, das oben geschilderte Menü kostet ohne die Kutteln um die 40 Euro. Das gilt auch für die Weine, wo ein Großteil der sehr gut mit dem Fisch harmonierenden badischen Weißweine zwischen 20 und 30 Euro kosten. Mein persönlicher Favorit ist aber der Nahe-Wein „Unplugged“ von Tesch für 21 Euro.
Fazit: Ein stimmiges Gasthaus mit Vorbildcharakter. Übrigens: Am See ist es gerade auch im November schön, wenn es ruhiger wird und die leichten Nebel alles in ein magisches Licht tauchen.
von Hans Lauber
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