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Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich seit der Diabetesdiagnose wirklich ständig bei irgendwelchen Ärzten in Wartezimmern sitze. Entweder, um regulären Check-Ups nachzukommen und vielleicht ein Rezept abzuholen. Oder, weil plötzlich irgendeine Stelle am Körper wehtut, die sich vorher nicht gemeldet hat. Es ist also eigentlich nicht bloß ein Gefühl. Ich sitze wirklich viel öfter in Wartezimmern und Behandlungsräumen als noch vor ein paar Jahren.
So fahre ich ständig quer durch die Stadt zu sämtlichen Praxen, warte, spreche mit Ärzt_innen, warte, fahre wieder los. Und als würde das alles nicht schon zusätzlich Zeit kosten, die ich in meinem stressigen Alltag oft eigentlich gar nicht habe, kostet es mich auch noch etwas ganz anderes: Denn die Angst, sie kommt immer mit.
Im vergangenen März hatte ich einen Termin für meinen jährlichen Augenhintergrundcheck. Dazu muss ich erwähnen, dass ich meinen jetzigen Augenarzt wirklich gut finde. Dennoch ist mir das Ganze nicht unbedingt sympathisch, denn meine Geschichte mit Augenärzten ist einfach sehr lang und da waren viele dabei, die einfach nicht cool waren. Daher heißt Augenarzt für mich sowieso immer auch: Angst.
Bereits vor dem Diabetes war meine ausgeprägte Sehschwäche schon ewig ein Teil von mir. Seit der Grundschule sitze ich regelmäßig bei Augenärzt_innen, viele von ihnen nicht so nett oder kompetent. Versteht mich nicht falsch, ich weiß, dass der Job ein harter ist. Aber dennoch wünsche ich mir von Ärzt_innen eine gewisse soziale Kompetenz, da sie täglich mit Patient_innen in Kontakt stehen und das Machtverhältnis hier selten ein ausgeglichenes ist (aber das ist sowieso nochmal eine ganz andere Geschichte!). In der Praxis sitzt man selten, weil es einem richtig gut geht. Deswegen müssen wir alle irgendwie gemeinsam versuchen, diese Situation so angenehm wie möglich zu gestalten, findet ihr nicht?
Der Voldemort unter den Diabetestopics: Folgeschäden. Am besten sprechen wir gar nicht darüber, dann bleibt es ein Mythos und nichts kann uns passieren. Schön wär’s! Ich kann mich daran erinnern, dass dieses Thema seit meiner Diagnose häufig nur von Menschen erwähnt wurde, die selbst gar keinen Diabetes haben. Die irgendwo irgendwas aufgeschnappt haben. Irgendwas mit „blind“ und „Füße“. Die sich „halt Sorgen machen“, aber selber nicht so genau wissen und „es ja nur gut meinen“. Na klar.
In der Diabetescommunity bleibt das Thema aber auch ein eher unbeliebtes, wobei wir zum Glück langsam mehr und mehr darüber sprechen, uns endlich trauen. Schöne Geschichten lassen sich hier eher selten erzählen. Und trotzdem ist es ein Teil unserer Realität, den man eigentlich nicht außen vor lassen sollte. Denn es wäre sinnvoll, darüber aufgeklärt zu sein. Viel Panikmache stattdessen, und Scham. Und das sitzt dann tief, auch in mir.
So sitze ich jedes Mal bei meinem Augenarzt im Wartezimmer, nicht nur in Begleitung meiner generell negativen Gefühle Augenärzten gegenüber, sondern auch mit all den Sätzen und Gedanken im Kopf, die mir jemals zu Folgeschäden über den Weg gelaufen sind. Angst, Scham, Panik. Was wäre, wenn…?
Aber den Termin nicht wahrnehmen ist auch keine Option. Also bin ich im März da hin, Tropfen in die Augen, ab zur Augenhintergrunduntersuchung. Und auch dieses Mal wieder: Nichts. Alles gut. Durchatmen. Bis in einem Jahr dann.
Das war jetzt ein einfaches Ende. Hätte aber auch anders laufen können. Vielleicht irgendwann, und bis dahin müssen wir mehr darüber sprechen. Über Ängste und Scham.
Volker erzählt in seinem Beitrag Die dunkle Seite des Diabetes – wenn die Augen durch den Diabetes krank werden, wie es war, als er „plötzlich nur noch schwarz gesehen hat“.
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