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Schilddrüsen-Erkrankungen sind in Deutschland häufig und unter Menschen mit Diabetes weit verbreitet. Wer daher jährlich seine Schilddrüse checken lässt, kann Probleme frühzeitig entdecken und ihnen entgegenwirken. Worauf es ankommt, erfahren Sie von Dr. Schmeisl.
Petra M. ist seit Wochen extrem müde und wurde von ihrer Freundin schon mehrfach darauf hingewiesen, dass sie während des Autofahrens fast eingeschlafen sei; sie fahre deshalb nicht mehr mit ihr mit. Zudem war Petra M. bereits nach wenigen Treppenstufen schlapp und hatte an Gewicht zugelegt, obwohl sie glaubhaft nicht mehr gegessen hatte.
Einige Wochen später, als sie nach dem Duschen und Haarewaschen auch noch massenhaft Haare verlor, suchte sie schließlich den Hausarzt auf, der sofort entsprechende Blutuntersuchungen veranlasste. Außerdem schickte er sie zu einem Ultraschall der Schilddrüse bei einem Facharzt für Endokrinologie. Nachdem die Diagnose einer “Hashimoto-Thyreoiditis” klar war, wurde sie mit Schilddrüsenhormonen behandelt und fühlte sich wenige Wochen danach schon wieder fast normal und fit – auch der Haarausfall ging zurück.
Die Schilddrüse ist normalerweise ein kleines, ungefähr 25 g schweres, schmetterlingsförmiges Organ. Sie liegt in der Halsregion vor der Luftröhre – dicht unterhalb des Schildknorpels. Die Schilddrüse besteht aus zwei Seitenlappen und einer Gewebsbrücke in der Mitte, dem Isthmus, wodurch die Seitenlappen miteinander verbunden sind.
Die Schilddrüse kann vom Arzt in der Regel nicht einmal getastet werden, weil sie so klein ist. Vergrößert sie sich, bezeichnet man sie als Struma. Früher, als noch Jodmangel herrschte und man diese Zusammenhänge noch nicht kannte, wurde sie manchmal so groß, dass sie den Patienten die Luftröhre abdrückte – das konnte schwierige Operationen im Hals nach sich ziehen.
Schilddrüsenknoten können ab etwa einem Durchmesser von 1 bis 2 cm getastet werden. In den Follikeln der Schilddrüse werden die Schilddrüsenhormone produziert und als kleine Tröpfchen gespeichert. Zwischen den einzelnen Follikeln, in denen das Schilddrüsenhormon gespeichert wird, sind C-Zellen, die das Hormon Kalzitonin produzieren, das u. a. den Kalzium-Stoffwechsel reguliert.
Schilddrüsenerkrankungen sind in Deutschland häufig: Meist spricht man von einer Über- oder Unterfunktion, von einer vergrößerten Schilddrüse und von kalten oder warmen Knoten. Ähnlich wie beim Typ-1-Diabetes die Bauchspeicheldrüse kann die Schilddrüse Ziel einer Fehlsteuerung des Immunsystems werden mit Zerstörung des Schilddrüsengewebes durch Immunzellen (Autoimmunerkrankung). Diese Erkrankung ist bekannt als Hashimoto-Thyreoiditis, die schließlich zu einer Unterfunktion der Schilddrüse führt.
Menschen mit Typ-1-Diabetes erkranken 5-mal häufiger an einer Hashimoto-Thyreoiditis; Frauen mit Typ-2-Diabetes haben vor allem in der Zeit nach den Wechseljahren ein erhöhtes Risiko dafür. Für Diabetiker wichtig ist darüber hinaus, dass eine Unterfunktion der Schilddrüse die Insulinempfindlichkeit der Zellen erhöht; das bedeutet, dass Zucker besser aus dem Blut in die Zellen geschleust werden kann.
Wenn aber Zucker in die Zellen geschleust wird, vermindert sich der Gehalt im Blut – und es kann zu Unterzuckerungen kommen. Diabetiker, die mit Insulin oder blutzuckersenkenden Tabletten behandelt werden und die unklare Unterzuckerungen haben, sollten auch immer an eine Störung der Schilddrüsenfunktion denken. Wichtig in diesem Zusammenhang: Die meisten Stoffwechselfunktionen beim Menschen werden durch die Schilddrüsenhormone T3 und T4 sowie durch das bekannteste Stoffwechselhormon Insulin gesteuert
Die Schilddrüse bildet die beiden Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Beide werden aus Aminosäuren durch Anlagern von Jod gebildet. Das Thyroxin enthält 4 Jod-Atome, das Trijodthyronin 3 Jod-Atome. Das Thyroxin ist biologisch weniger wirksam als das Trijodthyronin, dafür aber in 10-fach höherer Konzentration vorhanden, wobei nach der Absonderung aus der Schilddrüse ein Großteil von T4 in T3 umgewandelt wird.
Die Schilddrüsenhormon-Produktion unterliegt einem ausgeklügelten Regelkreis: Im Gehirn produziert der Hypothalamus den Botenstoff TRH und die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) TSH – als unmittelbare Reaktion auf den Anstieg oder Abfall der Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut. Die wichtigsten Krankheitszustände sind die Schilddrüsenüber- (Hyperthyreose) und -unterfunktion (Hypothyreose).
Eine häufige Ursache einer Überfunktion ist ein gutartiger Tumor der Schilddrüse (Adenom), dessen Hormonproduktion nicht mehr der Kontrolle der Hirnanhangdrüse unterliegt (heißer Knoten), oder auch eine Immunerkrankung (Immunhyperthyreose, Morbus Basedow).
Es gibt ein erhebliches Zusammenwirken von Diabetes und Schilddrüsenerkrankungen – dies ist oft nicht bekannt. Deshalb sollte die Funktion der Schilddrüse bei Diabetikern mindestens einmal pro Jahr kontrolliert werden. Durch eine Unterfunktion kommt es bei Diabetikern zu einer gesteigerten Insulinempfindlichkeit, wodurch Unterzuckerungen auftreten können und der tägliche Insulinbedarf sinkt. Außerdem sind die Beweglichkeit des Magen-Darm-Traktes und die Zuckeraufnahme im Darm reduziert.
Umgekehrt ist bei mehr als der Hälfte der Patienten mit unbehandelter Schilddrüsenüberfunktion die Glukosetoleranz, also die Verarbeitung von Zucker, gestört; bei vielen besteht ein Diabetes mellitus. Bei der Hyperthyreose ist die Insulinempfindlichkeit sehr stark verringert. Es wird aus dem Darm vermehrt Zucker ins Blut aufgenommen, zugleich wird vermehrt Glukagon freigesetzt. Zudem ist die Auflösung von Glykogenspeichern in der Leber verstärkt – ein massiver Zuckeranstieg bis hin zum diabetischen Koma ist möglich.
Symptome bei Schilddrüsenüberfunktion
Bei Menschen mit Diabetes sollten möglichst einmal im Jahr die Schilddrüsenhormone T3 und T4 und der TSH-Basalwert untersucht werden und ggf. eine Ultraschall-Untersuchung stattfinden, da eine Schilddrüsenerkrankung manchmal extrem negative Folgen für die Blutzuckereinstellung haben kann.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (1) Seite 30-32
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