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Das kommt sicher auch darauf an, wie du dich als Mensch (der auch Diabetes hat) dort wahrgenommen und aufgenommen fühlst.
Wie sieht ein normaler Termin in der Diabetologie bei dir aus?
Wir stellen uns mal verschiedene Situationen vor. Variante eins: Ich betrete das Sprechzimmer und die erste Frage, die mein Diabetologe mir stellt, lautet: „Wie läuft es gerade mit dem Zucker?“ Seufzen, schweigen, ausweichen, Bauchweh – kein guter Start, vor allem, wenn es gerade nicht so läuft. Der Blick auf Zahlen, Daten, Fakten kann ganz schön schwierig sein, weil dabei gefühlt die Gründe für diese Zahlen aus dem Blick geraten. Weil man sich verurteilt und schuldig fühlt. Und dann läuft das Gespräch gegen die Wand. Selbst wenn ich mit dem Diabetologen Zuckerwerte bespreche, habe ich mich innerlich schon abgeschottet. Davon erzählt auch Tess in der Geschichte über den Diabetologen, der sie als Jugendliche begleitet hat und einfach nicht verstehen konnte, warum sie am Geburtstag ihres Bruders Kuchen gegessen hat.
Variante zwei: ich betrete das Sprechzimmer, die erste Frage lautet: „Wie geht es Ihnen? Was passiert gerade in Ihrem Leben, und wie geht das mit dem Zucker so zusammen?“ Aufatmen, durchatmen, und los geht’s – damit beginnt das Gespräch ganz anders, denn es ist klar: Ich werde als Mensch gesehen, nicht als (schlechte) Zuckerwerte produzierende Maschine.
Ich habe 16 Menschen in Schottland gebeten, ganz ausführlich von ihren Erfahrungen aus dem Leben mit Typ-1-Diabetes zu erzählen. Vier Themen waren ihnen dabei besonders wichtig: Soziales, Emotionen, Diabetes-Tech und Blutzuckerwerte. Was aber noch viel wichtiger war: Blutzuckerwerte werden nie einfach so berichtet, sondern sie stehen immer im Zusammenhang mit den anderen Themen – sie passieren in einer sozialen Situation, lösen Emotionen aus oder hängen mit Emotionen zusammen, oft spielt auch die Pumpe, der Sensor oder das Messgerät eine Rolle. Gleichzeitig sind von außen aber vor allem die Zuckerwerte sichtbar und natürlich auch das, was „behandelt“ oder „kontrolliert“ werden soll und worauf sich viele Mediziner*innen erstmal konzentrieren.
Tess, die wir ja schon aus dem Comic kennen, hat aber auch erzählt, dass ihre Mutter eine ganze Zeitlang total fokussiert auf die Zuckerwerte war. Sie hat kurz nach Tess’ Diagnose eine Ausbildung als Diabetesberaterin gemacht und ihre Teenager-Tochter dann nach der Schule eine Weile als Erstes gefragt: „Wie war dein Zucker?“ statt: „Wie war dein Tag?“ oder: „Wie geht es dir?“. Die beiden haben es geschafft, wieder zurückzukommen zu: „Wie war dein Tag?“, aber dazu mussten sie ganz offen miteinander über ihre Wünsche und Bedenken reden.
Tja, und was nun? Darauf hat Lavina, auch eine der Gesprächspartnerinnen, eine gute Antwort: „Ich bin in erster Linie ein Mensch, und dann habe ich halt auch noch Diabetes. Aber Diabetes definiert mich nicht, es ist halt eine der vielen verrückten Sachen, die mein Körper so macht.“ Das heißt: Diabetes (und damit der ganze Zahlensalat) ist zwar immer dabei, aber sowohl Typ-Fler als auch Ärzt*innen und Diabetesberater*innen sind ganz, ganz herzlich eingeladen, erstmal nach dem Alltag zu fragen, danach, wie sich der Mensch mit Diabetes so fühlt und was gerade bei ihm oder ihr los ist. Auf die Zuckerwerte und andere Diabetes-Aspekte kann das Gespräch dann von ganz alleine kommen, denn die spielen in der Planung (und beim Scheitern von Plänen) im Alltag ja auch eine große Rolle.
Der Heilpraktiker Christian Purschke hat sich auch schon mit dem Einfluss des Diabetologen auf das eigene Selbstbild auseinandergesetzt. Hier kommst du zu seinem Beitrag.
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