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Langsam, nur sehr, sehr langsam, wache ich aus einem stundenlang andauernden Dämmerzustand auf. Richtig schlafen kann ich mit einer Hypoglykämie nämlich tatsächlich nicht. Es ist eher ein sehr unangenehmer, dämmriger Moment, der wirklich immer extrem lange anhält. Irgendwann schaltet sich mein Kopf aber ein und ich werde allmählich wach. Wirklich bewusst wahrnehmen kann ich das Zittern meines Körpers erst einmal nicht. Es ist eher so, als könnte ich meinen Körper zunächst gar nicht richtig spüren. Dann schleicht sich dieses zittrige Gefühl langsam ein. Es fühlt sich an, als würden überall an meinem Körper Ameisen krabbeln und kribbeln. Ich fühle mich schwer und schlapp und hilflos. Ich öffne die Augen und suche mit einer Hand nach meinem Messgerät, welches irgendwo neben dem Bett liegt. Aber ich kann mich nicht richtig orientieren, irgendwas funktioniert nicht richtig in meinem Gehirn.
Sofort bin ich hellwach, zwar noch etwas langsam und sehr zittrig, aber hellwach und ganz klar mit meinen Gedanken. Bevor ich das Messgerät erwische, habe ich mit meinen Fingern schon die Capri-Sonne gefunden. Ich steche den Strohhalm durch und trinke die Capri-Sonne in Sekunden leer. Dann greife ich ganz zielstrebig zu meinem Messgerät und messe und siehe da: ich lag seit guten 5 Stunden schlafend mit einer Unterzuckerung im Bett. Es ist ungefähr 10 Uhr morgens an einem Sonntag und ich fühle mich, als hätte mich ein Laster überfahren. Also nehme ich schnell noch ein paar Plättchen Traubenzucker hinterher.
Dieses Gefühl können nur Menschen beschreiben, die eine Nacht mit Unterzuckerung bereits durchlebt haben. Ich habe schon oft Freunden oder der Familie versucht zu erklären, wie sich eine Unterzuckerung anfühlt. Ob sie es wirklich richtig nachfühlen können, wage ich zu bezweifeln. Genau so, wie niemand wirklich komplett verstehen kann, wie es ist, Diabetes zu haben, ohne selbst Diabetes zu haben. Das ist einfach etwas ganz anderes.
Irgendwann geht es mir wieder etwas besser und das ekelhafte Gefühl wird langsam weniger. Ich schaue mein Messgerät an, welches mich mal wieder nicht rechtzeitig geweckt hat, weil es eben einfach kein CGM-System ist. Natürlich bin ich dankbar, es zu haben. Es könnte alles schlimmer sein. Aber diese unerklärlichen nächtlichen Hypos werden wieder mehr, und ich hatte 2014 eigentlich gehofft, dass das nur eine kurze Phase war, und habe damals nicht weiter nachgeforscht, weil die Phase recht schnell auch wieder vorbei war.
Das ist das Ding am Diabetes: Man muss immer wieder von vorn beginnen mit seinen Forschungen. Es scheint gerade alles perfekt zu laufen, schleichen sich plötzlich nächtliche Unterzuckerungen ein, oder man kann keine 5 km mehr am Stück laufen, ohne zu unterzuckern und sich permanent Traubenzucker reinzustopfen. Alles schon durchgecheckt: Basal, Bolus, BE-Faktoren, Stress, Körper. Und trotzdem bleibt das Problem. Manchmal lassen sich Hypos sehr gut erklären. An anderen Tagen kommen sie, meistens zum ungünstigsten Zeitpunkt, und werfen einen komplett aus dem Alltag. Das kann man nur verstehen, wenn man sowas schon mal erlebt hat. Was einem dann übrig bleibt, ist essen, weiter forschen, nicht aufgeben. Auch wenn sich eine Hypo jedes Mal wieder anfühlt wie das Schlimmste der Welt.
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