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“Ziel muss es sein, im hohen Alter möglichst jung zu sterben” – sagt unser Autor. Damit der Körper in diesem Sinne jung bleibt, ist es wichtig, dass auch die Venen und Arterien möglichst offen bleiben und das Blut gut fließen kann. Dies ist auch wichtig für gesunde Beine und Füße.
Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems gehören in Deutschland zu den häufigsten Gründen für eine medizinische Behandlung. Sicher bringen viele mit diesem Themenkomplex einen Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen oder eine Pumpschwäche des Herzens in Verbindung. Es darf aber nicht vergessen werden, dass auch Venen und Arterien zum Kreislaufsystem gehören. Diese Erkrankungen des Gefäßsystems können zu erheblichen Problemen führen, die die Mobilität und somit die Lebensqualität erheblich einschränken können.
Der Verkalkung von Arterien (Arteriosklerose) kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Die Ablagerung von Cholesterinpartikeln engt ein Gefäß zunehmend ein – dadurch wird der Blutfluss reduziert …und das Gewebe wird mit Nährstoffen und Sauerstoff minderversorgt. Kommt es zu einem kompletten Verschluss eines Gefäßes, bedeutet das in vielen Fällen im Bereich des Herzens einen Infarkt.
Sind die Arterien im Beckenbereich oder in den Beinen betroffen, wird ebenfalls Gewebe zerstört. Selten tritt aber der komplette Verschluss einer Beinarterie plötzlich auf – vielmehr ist es eher ein schleichender Prozess über Monate. Die zunehmende Einengung der Gefäße äußert sich zunächst meist in kalten Füßen im Liegen. In stehender Position reicht der Blutfluss durch die Schwerkraft anfänglich noch aus, um die Durchblutung sicherzustellen.
Ein weiteres klassisches Symptom neben den kalten Füßen ist der Schmerz in den Beinen während des Gehens. Denn durch den geringeren Blutfluss gelangt auch weniger Sauerstoff, der im Blut transportiert wird, zur Muskulatur. Diese braucht aber während der körperlichen Aktivität mehr Sauerstoff als in Ruhe. Der Schmerz lokalisiert sich dann unterhalb des Durchblutungshindernisses: Eine verschlossene Oberschenkelarterie verursacht also Beschwerden in Knie und Unterschenkel, ein Flusshindernis in der Beckenarterie macht eher einen Schmerz des gesamten Beines.
Bekannt ist dieses Phänomen auch als Schaufensterkrankheit: Bei zu starker Belastung treten Schmerzen in den Beinen aufgrund ungenügender Blutversorgung auf, der Betroffene bleibt stehen, die Schmerzen verschwinden. Um nicht aufzufallen, bleiben die Betroffenen z. B. vor einem Schaufenster stehen und tun so, als würden sie sich die Auslage ansehen. Dies hat der Erkrankung ihren Namen gegeben.
Die Bedeutung dieser Symptome ist durchaus wesentlich, da die Beschwerden in den Beinen (angesichts der Arteriosklerose aller Arterien eines Patienten) auch auf Durchblutungsstörungen des Herzens hinweisen können. Untersuchungen der Universität Bochum haben gezeigt, dass bis zu 70 Prozent der Patienten mit Symptomen der Schaufensterkrankheit innerhalb von 5 Jahren einen Herzinfarkt erleiden. Es lohnt sich also, entsprechende Untersuchungen der Beine durchzuführen – zumal die Befunde leicht und für den Patienten völlig schmerzfrei zu erheben sind.
Die Diagnose der periphereren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist einfach. Führt eine Einengung in den Beingefäßen zu einer Behinderung des Blutflusses, wird hierdurch der Druck nach der Einengung geringer. Der Blutdruck in den Beingefäßen kann einfach im Bereich der Knöchel bestimmt werden – mit einer Blutdruckmanschette, die um die Waden gelegt wird, und einer Doppler-Sonde, die den Blutfluss hörbar macht. Ist der Blutdruck am Oberarm höher als am Knöchel, so beweist dies eine Gefäßerkrankung im Bereich der Beine – auch wenn bislang noch keine Beschwerden aufgetreten sind.
Durch weitere Ultraschalluntersuchungen (Duplexuntersuchung) kann die Einengung lokalisiert und deren Ausmaß festgestellt werden. Dies ist auch mit anderen bildgebenden Verfahren möglich wie der Kernspintomographie, die ohne Röntgenstrahlen auskommt. Die Computertomographie kommt zum Einsatz, wenn Patienten Metall im Körper tragen, z. B. bei Patienten mit Herzschrittmachern oder anderen implantierten Elektroden (Sonden). In diesen Fällen darf die Kernspintomografie nicht eingesetzt werden.
Oberstes Ziel ist die Behandlung der Risikofaktoren. Dabei sollten erhöhte Blutdruck- und Fettwerte bis zu den empfohlenen Zielbereichen gesenkt werden. Die Steigerung von körperlicher Aktivität (Gehtraining), Ernährungsumstellung und Nichtrauchen leisten zusätzlich einen entscheidenden Beitrag. Werden Medikamente verordnet, so sollte man diese regelmäßig einnehmen. Die Durchblutung kann hierdurch indirekt gefördert werden. Medikamente, die direkt die Durchblutung der Beine fördern, stehen nicht zur Verfügung.
Treten Beschwerden unter Belastung oder in Ruhe auf, so wird häufig ein Eingriff, eine “Intervention”, erforderlich (Aufdehnung oder Bypassoperation im Bereich der Beinarterien).
Die Aufdehnung von Einengungen der Becken- und Beingefäße durch perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit oder ohne Stent (Gefäßstütze) ist heute ein sicheres und schmerzloses Verfahren. Nach Lokalisation der Einengungen, die vorher festgestellt wurden, wird der Zugangsweg gewählt. Dann erfolgt die Punktion eines Gefäßes, über das der Katheter vorgeschoben wird.
Ist eine PTA aufgrund der Lokalisation und Ausdehnung nicht sinnvoll oder möglich, so wird eine Operation mit Anlage eines Bypasses erforderlich. Nach erfolgter PTA oder Operation folgen regelmäßig ambulante Kontrolluntersuchungen.
Wichtig ist es, sich dem Problem frühzeitig zu stellen, denn ist durch die Durchblutungsstörung erst einmal eine Wunde am Fuß entstanden, die sich durch die schlechte Immunabwehr im betroffenen Gebiet möglichweise auch noch entzündet, kann es für den Patienten schnell dramatisch werden.
Patienten mit Diabetes sind hierbei einem besonderen Risiko ausgesetzt, da diese durch eine zusätzliche diabetesbedingte Nervenschädigung häufig ein reduziertes Schmerzempfinden haben und Wunden erst verspätet bemerken. Ein kleiner Stein im Schuh oder eine Druckstelle können zu extremen Verläufen führen. Hinzu kommt, dass Patienten mit Diabetes häufig eher schmale Arterien in den Beinen haben, die nicht immer für eine Gefäßaufdehnung geeignet sind. Das unterstreicht die Bedeutung der Vorbeugung bei diesen Patienten.
Stellen wir uns also gemeinsam dem Problem, um die anfangs beschriebene Mobilität und Lebensqualität auch langfristig zu sichern, denn unser aller Ziel muss es sein, “im hohen Alter möglichst jung zu sterben”.
von PD Dr. med Frank van Buuren
MBA, Herz- und Diabeteszentrum NRW,
Universitätsklinik der Ruhruniversität Bochum,
Georgstraße 11 // 32545 Bad Oeynhausen,
E-Mail: fvbuuren@hdz-nrw.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (2) Seite 22-24
5 Minuten
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