4 Minuten
Auch die Betreuer ziehen Bilanz beim Diabetes Programm Deutschland (DPD) 2014. Diabetologe Dr. Meinolf Behrens und Lauftrainer Theodor Block erinnern sich. Einige Teilnehmer sind ihnen besonders im Gedächtnis geblieben.
Dr. Meinolf Behrens, der seine Praxis in Minden hat, hat die Mindener DPD-Gruppe begleitet. Was hat ihn im Jahr 2014 besonders beeindruckt?
Ob Kälte, Hitze, Regen oder Sturm – “unsere” 29 Teilnehmer am Diabetes Programm Deutschland 2014 hat seit Mitte März wenig vom Laufen abgehalten. Eine bunt zusammengewürfelte Läufergruppe: zwischen 45 und 82 Jahre alt, vier Typ-1-Diabetiker, 23 Typ-2-Diabetiker und zwei Typ-3-Diabetiker mit einem Ausgangskörpergewicht zwischen 61 und 132 kg.
Für die meisten von ihnen stand dabei natürlich zunächst das olympische Motto “Dabei sein ist alles” im Vordergrund. Immerhin verfügten zwei Drittel der Teilnehmer zu Beginn des Programms über “wenig” oder “gar keine” Lauferfahrung. Ralf Bahr gehört zu den Teilnehmern ohne jegliche Lauferfahrung. „Als Theo (Anm. d. Red.: Lauftrainer Theo Block) uns bei der Auftaktveranstaltung versprochen hat, dass wir alle im Sommer 5 oder 10 Kilometer am Stück laufen können, habe ich nicht daran geglaubt“, blickt Ralf Bahr sichtlich stolz zurück. Und auch wenn es den Teilnehmern nicht um die historische olympische Devise “citius, altius, fortius” (in der wörtlichen Übersetzung “schneller, höher, stärker”) ging – ihre Gesundheit wollten sie doch alle verbessern.
Dabei waren sie alle, dabei geblieben sind sie auch (fast) alle – zweifelsfrei der größte Erfolg für die Läufer. Eine Schulterverletzung nach einem Fahrradsturz, psychische Probleme oder auch kleinere orthopädische “Wehwehchen” – natürlich gab es auch immer mal Gründe für eine Trainingspause.
Am Ende haben sie alle noch viel mehr als “nur” das “Dabeisein” erreicht – nämlich eine kontinuierliche Optimierung ihrer körperlichen und kardiorespiratorischen Fitness. Natürlich hat sich bei den meisten Teilnehmern auch die Stoffwechsellage verbessert. Insulindosen und Diabetesmedikamente konnten mitunter deutlich reduziert werden. Übergewichtige Teilnehmer haben Gewicht abgenommen.
Ralf Bahr hat am 14. September 2014 eine im Frühjahr für ihn noch für unmöglich gehaltene Leistung geschafft: Beim Köln Marathon bewältigt er die 10-Kilometer-Distanz in 54 Minuten. Sechs Kilogramm Körpergewicht hat der 52-jährige seit März verloren; der schon zu Beginn gute HbA1c-Wert hat sich von 6,9 auf 6,7 % weiter verbessert.
Carmen Fiuza-Luces beschreibt in der Fachzeitschrift Physiology in einer umfassenden Übersichtsarbeit die vielfältigen und komplexen Wirkungen regelmäßiger körperlicher Aktivität. Dabei erklären sich allerdings nur etwa 60 % der Risikoreduktion kardiovaskulärer Erkrankungen über eine Verbesserung bekannter, messbarer Risikofaktoren, z. B. inflammatorische Biomarker, Blutdruck, Lipide und Body-Mass-Index. Die restlichen 40 % sind Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung; heute aber – zumindest außerhalb der Grundlagenforschung – kaum quantifizierbar.
Messbar oder nicht messbar –eins steht sicherlich fest: Ralf Bahr und seine Mitläufer haben alle von der Teilnahme gesundheitlich profitiert. Langfristig werden sie aber nur profitieren, wenn sie dabei bleiben. Darum wird das Diabeteszentrum Minden auch 2015 beim Diabetes Programm Deutschland wieder an den Start gehen.
Nächste Seite: Lauftrainer Theodor Block über seinen persönlichen Rückblick auf das Diabetes Programm Deutschland 2014
Lauftrainer Theodor Block von der Laufschule Porta hat den Mitgliedern der Mindender DPD-Gruppe gezeigt, wie sie richtig laufen und sich verbessern können. Besonders zufriedenstellend war für ihn, wie stark sich die meisten Teilnehmer verbessert haben. Aber lesen Sie selbst …
Dem Ziel, biologisch jung zu bleiben, sind die Teilnehmer am Diabetes Programm Deutschland aus Minden in den letzten Monaten ein Stück nähergekommen, wie unübersehbare Trainingseffekte zeigen. Beide Gruppen sind mit unterschiedlichen sportlichen Vorerfahrungen in das diesjährige Laufprogramm gestartet. Die Wirkungen gemeinsamen Trainings bilden deshalb ein breites Spektrum ab, welches sich durch zusätzliches eigenverantwortliches Training ausweiten kann.
Erste funktionale Anpassungen vollziehen sich bei Laufanfängern bei der Gewöhnung an Laufbelastungen im Herz-Kreislauf-System und in der Beinmuskulatur. Für einen Großteil der Laufeinsteiger ist es das Saisonziel, fünf Kilometer bei einer Laufveranstaltung zu schaffen. Weitere Trainingseffekte zeigen ein Vergleich von Daten, die im März und Oktober am Standort Minden erhoben wurden.
Der Lüdenscheider Aktivitätsfragebogen zum Risikofaktor Bewegungsmangel unterscheidet zwischen sportlicher Bewegung und Alltagsaktivitäten und ermöglicht eine Abschätzung des eigenen körperlichen Aktivitätslevels. Die Gesamtaktivität pro Woche hat sich bei den meisten Teilnehmern um zehn bis vierzehn Punkte erhöht, weil sie wöchentlich bis zu zwei Stunden langsam gelaufen sind. Damit erreichen sie ein Niveau, das auf der Grenze zwischen den Mindestanforderungen an körperlicher Aktivität und ausreichender Bewegung liegt.
Der Ruhepuls ist bis auf wenige Ausnahmen bei allen Teilnehmern zwischen 5 % und 9 % gesunken. In einem Fall ist die Ruheherzfrequenz in 8 Monaten um 30 % auf 52 Schläge gesunken.
Beim Cooper-Test konnten alle Teilnehmer positive Trainingseffekte verbuchen. Die lauferfahrenen verbesserten sich um 100 bis 200 Meter und bestätigten damit ihre guten bis sehr guten Ergebnisse aus dem Frühjahr. Die Laufanfänger liefen beim ersten Test ohne Zeitvorgabe so lange, wie sie konnten. Diese Strecken übertrafen 60 % von ihnen beim 12-Minuten-Lauf um 300 bis 800 Meter, womit sie im Level “gut” lagen. Die übrigen Laufanfänger konnten sich über die Bewertung “genügend” freuen.
Die genannten Trainingseffekte sind nicht allein auf die Laufaktivitäten im Rahmen des DPD zurückzuführen. Ursächlich ist eine Lebensstiländerung, die neben einer körperlichen Aktivitätssteigerung insbesondere eine Ernährungsumstellung zum Ziel hat. Die bioelektrischen Impedanz-Analysen zeigen beeindruckende Ergebnisse. Für 90 % der untersuchten Teilnehmer trifft u. a. zu, dass
Zwei Beispiele können diese Veränderungen veranschaulichen: Eine Teilnehmerin hat einen um 50 kcal erhöhten Grundumsatz, 6, kg weniger Fettmasse und dabei 3,1 kg mehr Magermasse. Bei einem gleichbleibenden Körpergewicht von 68 kg konnte ein Typ-2-Diabetiker seinen Grundumsatz um 150 kcal steigern, 5,4 kg Fett ab- und das gleiche Gewicht an Magermasse aufbauen.
Für ambitionierte Läufer sind wichtige Trainingseffekte, wenn sie z. B. neue Bestzeiten über bestimmte Distanzen laufen oder ihren Durchschnittspuls bei gleicher Zeit und Streckenlänge senken.
Von den fünf Läufern unserer Gruppen, die nun regelmäßig an Volksläufen teilnehmen, seien zwei mit ihrer Leistungsentwicklung vorgestellt: Detlev hat auf einer Volkslaufstrecke über knapp zehn Kilometer innerhalb eines Jahres seine Bestzeit um mehr als sieben Minuten auf 46:57 Minuten verbessert. Als Laufanfänger lief Ralf im April noch mit Gehpausen über 9,3 km durchschnittlich 7:13 min/km. Im Oktober steigerte er seine Durchschnittsgeschwindigkeit über 11,7 Kilometer auf 5:16 min/km, wobei seine durchschnittliche Pulsfrequenz im Vergleich zu vorherigen Wettkämpfen um zwei Schläge niedriger lag.
von DPD | nfg
Diabetes-Journal, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-online.de
5 Minuten
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen