Tauchurlaub mit Diabetes: ins Paradies mit zwei Partnern

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Tauchurlaub mit Diabetes: Ins Paradies mit zwei Partnern | Foto: Andrea Mühlen
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Tauchurlaub mit Diabetes: ins Paradies mit zwei Partnern

In diesem Sommer verbrachte ich meinen Urlaub mit meinem Ehemann und meinem Typ-1-Diabetes auf Mauritius, einer kleinen, traumhaft schönen Insel im Indischen Ozean. Für solch eine Fernreise bedarf es natürlich als Mensch mit Diabetes einer etwas umfangreicheren Planung. Aber mein Motto ist, dass fast alles möglich ist, wenn ich es will und in der Lage bin, etwas mehr Zeit für Planung und Organisation aufzubringen. Wenn es in ferne Länder geht, packe ich alles, was nötig ist, doppelt und dreifach bei mir und meinem Mann ins Handgepäck und in den Koffer. Ja, auch mein Insulin hat im Frachtraum überlebt.

Der Zeitunterschied zwischen Deutschland und Mauritius beträgt zwei Stunden. Ich ging davon aus, dass das für meinen Körper keine große Herausforderung sein dürfte. Unser erster Flug ging nach Dubai und dort stellte ich meine Insulinpumpe zum ersten Mal für eine Stunde vor. Nach zwei Stunden Aufenthalt folgte der nächste Flug von 6,5 Stunden nach Mauritius, wo ich dann die nächste Stunde vorstellte.

Das Essen im Flieger ließ sich gut berechnen und kleine Bekämpfer für Unterzuckerungen sind bei mir immer in einer kleinen Tasche, die ich im Fußraum abstelle und bei Bedarf schnell auspacken kann. An den Flughäfen wurde die Insulinpumpe, wie immer, einem Sprengstofftest unterzogen. Auch der Sensor fürs kontinuierliche Glukose-Monitoring (CGM), die Insulinspritzen, die Katheter für die Insulinpumpe und Insulin wurden hier, wie es mir noch nie passiert ist, extra kontrolliert. Die Geräte wurden durch die Scanner nicht beeinflusst oder geschädigt.

Auf Mauritius angekommen, folgte nach kurzen Einreise-Formalitäten der Transfer zum Hotel. Unglaublich freundliche Menschen begrüßten uns, wo immer man ihnen begegnete. Genau dafür ist Mauritius bekannt. In diesem kleinen Staat mit etwa 1,3 Millionen Bewohnern leben Hindus, Christen und Moslems friedlich und ohne Gewalt nebeneinander, es gibt eine klar geregelte Demokratie und kein Militär. Jeder akzeptiert die Religion des anderen und man lädt sich gegenseitig zu allen Festen ein. Bei unseren Ausflügen über die Insel hatten wir viel Kontakt zu den Einheimischen und man spürte, dass dies wirklich so ist und nicht nur im Reiseführer steht.

Erst die Seele taumeln lassen, dann Tauchen im Indischen Ozean

Nach dem ersten faulen Tag im Hotel standen wir am nächsten Tag zeitig auf, denn um 8.45 Uhr sollten wir an der Tauchbasis sein. Das hieß für mich ab dem Wachwerden genaue Kontrolle der Glukosewerte unter Beachtung aller Trendpfeile. Es gab ein kleines, leichtes Frühstück, das ich mir aufgrund eines sehr vielfältigen Buffets sehr gut zusammenstellen konnte. Meine Glukosewerte lagen in einem guten Bereich: 90 mg/dl (5,0 mmol/l) nach dem Aufstehen, 120 mg/dl (6,7 mmol/l) vor und 142 mg/dl (7,9 mmol/l) eine halbe Stunde nach dem Frühstück.

An der Tauchbasis fand das übliche Ausfüllen von Fragebögen statt inklusive eines Krankheits-Fragebogens. Bei der Frage nach Diabetes kreuzte ich brav „Ja“ an. Da dies anscheinend niemand registrierte und auch keiner meinen Sensor beachtete, informierte ich den Tauchlehrer darüber. Seine Reaktion war kurz: „Oh, okay!“ Nun hatte ich meinen Mann als erfahrenen Taucher an meiner Seite und wir hatten genau abgesprochen, was zu tun ist, wenn es mir unter Wasser nicht gut geht. Wer aber allein mit einem fremden Buddy taucht, sollte auf jeden Fall vorab ein paar Dinge absprechen und seinen Diabetes nicht geheim halten.

Da ich sehr viel im Wasser sein würde, hatte ich meinen Sensor mit einem Kinesio-Tape gesichert und darüber mit einer Folie wasserdicht abgeklebt. Das sah nicht schön aus, hielt aber sehr gut. Meine Pumpe legte ich unmittelbar vor dem Anziehen des Neopren-Anzugs ab. Sie blieb in der Tauchbasis. In einer wasserdichten Tasche hatte ich mein Smartphone, meinen Insulinpen und meine „Hypo-Bekämpfer“ dabei. Außerdem befand sich in meinem Jacket, mit dem ich meinen Auftrieb regulieren konnte, eine Packung Dextrose Drink. Diesen konnte ich im Fall einer Unterzuckerung auch unter Wasser zu mir nehmen.

Letzter Blick auf den Glukosewert vor dem ersten Tauchgang

Kurz bevor es ins Wasser ging, warf ich einen letzten Blick auf mein Smartphone. Der Glukosewert lag bei 181 mg/dl (10,1 mmol/l), der Pfeil zeigte eine gleichbleibende Tendenz und mein Restinsulin war nur noch gering. So sollte es sein! Die Gefahr, in den nächsten 45 Minuten zu unterzuckern, war gering, denn eine extrem starke Strömung war beim Briefing nicht angesagt worden. Also ging es vom Boot mit einer Rolle rückwärts ins Wasser.

Für mich ist Tauchen immer noch ein aufregendes Abenteuer und umso glücklicher war ich, als ich nach 21 Metern Tiefe, vielen bunten Fischen und düsteren Muränen wieder auftauchte. Alles hatte prima geklappt und direkt auf dem Boot warf ich wieder einen Blick auf mein Smartphone. Mein Sensor übermittelte immer noch brav meine Glukosewerte. Vielleicht aufgrund meiner Aufregung war mein Wert leicht auf 211 mg/dl (11,7 mmol/l) angestiegen. Kein Grund zur Panik, das ließ sich leicht mit Insulin aus dem Pen korrigieren.

Es folgte nach einer Oberflächenpause noch ein zweiter Tauchgang, der ähnlich gut verlief. Allerdings hatte ich diesmal zum Test mein Smartphone in einem speziellen druck- und wasserdichten Gehäuse dabei und konnte nun auch meine Glukosewerte in der Tiefe kontrollieren. Und es funktionierte! Allerdings musste ich das Smartphone sehr nah an den Transmitter halten, damit die Werte übertragen werden konnten. Unter Wasser ist die Reichweite für Bluetooth sehr klein. Ich brauche diese Kontrolle während des Tauchens nicht, ich komme gut eine Zeitlang ohne Werte aus, da ich damit groß geworden bin.

Unvergessliches Erlebnis: Schnorcheln mit Delfinen

Und so nahm ich auch am folgenden Morgen ein noch früheres Aufstehen um 4.45 Uhr in Kauf, um mit Delfinen zu schnorcheln. Da die Tiere hier ganz normal leben und nicht ­extra für die Touristen angefüttert werden, ist es ein etwas hektisches Erlebnis. Zunächst einmal fuhren wir mit vier weiteren Personen raus in die Lagune und sahen nach kurzer Zeit ein paar andere Boote und einige Spinner-­Delfine durchs Wasser springen. Sogleich zogen wir alle Schnorchel und Maske an und ab ins Wasser: „Go! Go! Go!“ Und nun hieß es: Augen auf, denn die Tiere sind schnell! Ich sah einen von ihnen noch ganz kurz unter Wasser und schon war der Moment vorbei und die Tiere waren weitergeschwommen. Also alle wieder rauf aufs Boot und weiterfahren.

Diese Aktion machten wir dann etwa zehnmal an verschiedenen Stellen und einmal hatten wir wirklich großes Glück: Wir trafen unter Wasser auf mehrere große Tümmler, die sehr nah an uns vorbeischwammen. Ein unvergessliches Erlebnis! Aber auch bei dieser Aktion musste ich meine Glukosewerte gut unter Kontrolle halten. Die Insulinpumpe war mit auf dem Boot und erst bei der ersten Sichtung der Delfine legte ich sie ab und kontrollierte danach hin und wieder die Werte auf dem Smartphone. Sie sanken immer ein bisschen weiter ab. Auch diese Erfahrung hatte ich schon des Öfteren gemacht. Durch die kräftigere Bewegung beim Schnorcheln sinken meine Glukosewerte schnell ab. Das Zurückschwimmen zum Boot in den Wellen des Meeres war anstrengend und ich brauchte daher ein paar Gummibärchen, die ich natürlich dabeihatte.

Berge, Wälder, Wasserfälle – und „Kuscheln“ mit Schildkröten

Neben diesen spektakulären Erlebnissen im Wasser entdeckten wir die Insel auch auf dem Land. Wir sahen wilde Affen, wunderschöne Berge, Wälder und Wasserfälle, den Kratersee „Ganga Talao“ und den Grand-Bassin-Tempel, eine Pilger- und Gedenkstätte für Hindus. Bei Chamarel besuchten wir die Formation der siebenfarbigen Erde, ein weltweit einzigartiges geologisches Phänomen. Der absolute Höhepunkt für mich war das „Kuscheln“ mit Schildkröten im La-Vanille-Park. Da man auf der Insel auch außerhalb der Hotelanlage überall sehr freundlich behandelt wurde, es überall etwas zu essen gab, die Temperaturen im Juli sehr angenehm waren und man sich daher keine Sorgen ums Kühlen von Insulin machen musste, konnte ich auch mit meinem Typ No. 1 hier sehr gut Urlaub machen.

Es passierte nichts anderes als zu Hause auch. Der Katheter war verstopft, der Spritz-Ess-Abstand wurde nicht eingehalten, die ersten Symptome einer Unterzuckerung wurden nicht beachtet oder Ähnliches. Das ist Alltag, mit dem sich auch mein Mann nach über 30 Jahren abgefunden hat, und er weiß, dass er manchmal nur die „zweite Geige spielt“. Ich bin nach 43 Jahren mit meinem Typ-1-Diabetes unendlich dankbar, dass ich trotzdem die Welt entdecken, Erfahrungen sammeln und meinen Horizont erweitern kann. Und ich bin nach 33 Jahren meinem Mann dankbar, dass er mich bei all meinen Vorhaben unterstützt und sogar antreibt, Dinge zu versuchen. Ich bestimme mein Leben, wir bestimmen unser Leben und mein Typ No. 1 ist zwar dabei, hat aber am wenigsten zu bestimmen, auch wenn er immer wieder versucht, sich einzumischen.


von Andrea Mühlen

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