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Den Blutzucker zu messen, ist meist kein Problem. Aber die Werte dann auch noch konsequent und ehrlich zu dokumentieren, das ist nicht für alle Kinder und Jugendlichen selbstverständlich und führt häufig zu Streitigkeiten in der Familie. Dr. Nicolin Datz sagt, worauf es dabei ankommt.
Jetzt messe ich sechsmal am Tag meinen Blutzucker, berechne die Kohlenhydrate und das Insulin. Warum muss ich meine Blutzuckerwerte dann auch noch aufschreiben?” Lisa sitzt vor ihrem Diabetologen, mit einem fast leeren Dokumentationsheftchen, in das sie normalerweise ihre Blutzuckermessungen eintragen soll und versteht nicht, warum ihre Mutter mit ihr schimpft.
Blutzuckermessungen mehrmals am Tag durchzuführen, ist eine Tatsache, die Kinder mit Diabetes sehr schnell lernen und in den Alltag integrieren. Regelmäßige Blutzuckermessungen sind notwendig, um Informationen über die derzeitige Stoffwelchsellage zu erhalten, die notwendigen Insulinmengen berechnen zu können und die Blutzuckerwerte im Zielbereich zu halten bzw. in den Zielbereich zu bekommen.
Diese Werte dann auch noch zu dokumentieren, ist allerdings nicht für alle Kinder und Jugendlichen selbstverständlich und führt nicht selten innerhalb der Familien zu Auseinandersetzungen zwischen Kindern und Eltern.
Die Werte werden z. T. nur nachlässig oder gar nicht dokumentiert, manchmal werden Blutzuckerwerte sogar erfunden und nach dem Zufallsprinzip – wie beim Lottospielen – aufgeschrieben. Die Dokumentation der Blutzuckerselbstmessungen ist jedoch für eine optimale Therapie sehr wichtig und unerlässlich: Werte, die nicht dokumentiert werden, geraten schnell in Vergessenheit. Dies hat zur Folge, dass man nicht nachvollziehen kann, warum es plötzlich zu Unterzuckerungen oder Überzuckerungen kommt, was eine gute Therapiesteuerung folglich schwierig macht.
Bei Kindern, die noch in der körperlichen Entwicklung stecken, sind Blutzuckerschwankungen, z. B. durch hormonelle Einflüsse, Wachstum und Entwicklung, regelmäßig zu beobachten, sodass die Insulinmengen dementsprechend häufig angepasst werden müssen.
Mit einem regelmäßig geführten Blutzuckerprotokoll sind bereits eigene Anpassungen der Therapie möglich und der Diabetologe kann sich in der Sprechstunde einen guten Überblick verschaffen und Vorschläge machen, um die Therapie zu optimieren. Ohne Dokumentation besteht hier keine Ansatzmöglichkeit für den Arzt.
Im Rahmen der Diabetesschulung wird festgelegt, welche Informationen bei der Blutzuckerdokumentation zu berücksichtigen sind. Dazu gehören: die Blutzuckerwerte, die verabreichte Insulinmenge sowie die aufgenommenen Kohlenhydrate. Dies alles sollte auch mit der jeweiligen Uhrzeit protokolliert werden. Außerdem gehören besondere Ereignisse, die eine differenzierte Insulingabe erfordern, in die Dokumentation: Unterzuckerungen, Überzuckerungen, Sport, Stress, Ketone, Krankheiten, Periode bei den Mädchen, Partys, Alkoholaufnahme, fettreiche Mahlzeiten.
Die Dokumentation von Blutzuckerwerten vor und nach der Mahlzeit hilft z. B. dabei, die Faktoren für die Mahlzeiten zu überprüfen. Oft fällt erst im Rahmen des Aufschreibens auf, dass der Blutzucker beispielsweise zwei Stunden nach der Mahlzeit immer zu niedrig oder zu hoch ist. Dann kann der Faktor entsprechend angepasst werden.
Sehr gut geeignet, zur Überprüfung der Therapie, ist ein sogenanntes Blutzucker-Tagesprofil bei dem man direkt vor der Mahlzeit, zwei Stunden nach der Mahlzeit sowie vor dem Schlafengehen (22 Uhr), in der Nacht (2 Uhr) und morgens um 6 Uhr den Blutzucker misst. Solch ein Profil sollte gelegentlich durchgeführt werden, um die Therapie zu überprüfen, z. B. einmal monatlich.
Um herauszufinden, wie die Blutzuckerwerte auf langes Ausschlafen, stärkere körperliche Belastung, Urlaubsreisen und Ähnliches reagieren, ist ein ausführliches Protokoll unerlässlich. Basierend auf diesem kann man dann für das nächste Mal bestimmte Regeln ableiten und Unter- bzw. Überzuckerungen verhindern.
Worauf oder worin dokumentiert wird, kann sich jeder selbst aussuchen: ob auf großen Papierbögen oder in kleinen Heftchen, das spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass es die Möglichkeit gibt, wichtige Informationen (Werte, Insulinmenge, KE-/BE-Menge mit den Uhrzeiten) in übersichtlicher Tabellenform unterzubringen,damit rasch erkannt werden kann, wo es Probleme gibt.
Viele Messgeräte bieten inzwischen die Möglichkeit, die Blutzuckerwerte mit dem Computer in Tabellen zu übertragen und auszudrucken. Auch diese Methode ist eine Option für die Dokumentation, allerdings passiert es dann immer wieder, dass die Kinder sich diese Werte gar nicht selbst anschauen, sondern nur dem Arzt vorlegen, der sich dann durch eine unübersichtliche Datenflut durcharbeiten soll.
Sehr wichtig ist, dass hohe Werte bei der Dokumentation nicht weggelassen oder gelöscht werden. Für eine gute ärztliche Beratung ist ein echtes Protokoll wichtig, mit geschönten Blutzuckerprotokollen ist dies nicht möglich. Der Arzt bekommt die Protokolle zwar vorgelegt, aber es ist nicht seine Aufgabe, über diese zu richten, sondern dem Patienten dabei zu helfen, eine möglichst normnahe Blutzuckereinstellung zu erreichen.
Es empfiehlt sich, den Blutzucker regelmäßig vor den Mahlzeiten und beim Aufstehen sowie vor dem Schlafengehen zu bestimmen. Damit kommt man dann auf ca. 6 Messungen am Tag.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine regelmäßige Dokumentation der Blutzuckerwerte ist für eine gute Stoffwechseleinstellung unerlässlich. In welcher Form die Dokumentation erfolgt, sollte mit dem Diabetesteam abgesprochen werden.
Die Dokumentation der Blutzuckerwerte ist sowohl für den Patienten selbst als auch für den Arzt eine wichtige Grundlage zur Optimierung der Therapie. Vorausgesetzt, sie ist ehrlich. Folgende Informationen sollte die Blutzuckerdokumentation enthalten:
von Dr. med. Nicolin Datz, Hannover
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Krankenhaus „Auf der Bult“
Kontakt:
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover, E-Mail: datz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2014; 7 (3) Seite 8-9
5 Minuten
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