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Ging es in der letzten Zeit hauptsächlich darum, eine noch stabilere und vorhersagbarere Wirkung bei den Langzeitinsulinen zu erreichen, so steht jetzt der Fokus auf der Entwicklung von ultra-kurzwirksamen Insulinen. Professor Thomas Danne fasst zusammen.
Bei Menschen ohne Diabetes wird das Insulin von der Bauchspeicheldrüse in den Kreislauf der Lebervene abgegeben und entfaltet daher sehr schnell und sehr flexibel seine Wirkung an den Insulinrezeptoren. Mit der subkutanen Gabe können wir diese Flexibilität nur schlecht erreichen. Selbst die kurzwirksamen Insulin-analoga (Apidra, Humalog und NovoRapid) sind oft nicht schnell genug, um einen Blutzuckeranstieg nach der Mahlzeit abzufangen, oder wirken noch weiter, wenn man sich wünschen würde, dass kein weiterer Insulineffekt mehr auftritt.
Daher werden verschiedene Ansätze verfolgt, ein ultraschnelles “Turbo”-Insulin mit noch rascherem Wirkbeginn und möglichst noch kürzerer Wirkung zu entwickeln. Der erste Vertreter dieser neuen Insulingruppe kommt jetzt mit faster-acting Insulin aspart (Produktname: Fiasp, von NovoNordisk) auf den Markt.
Fiasp ist eine neue Formulierung des bekannten kurzwirksamen Insulinanalogs NovoRapid (Insulin aspart). Darin kommen zwei Hilfsstoffe zur Anwendung: Vitamin B3 (Niacinamid) vermittelt eine schnellere Aufspaltung der Insulinmoleküle, und L-Arginin, eine natürlich vorkommende Aminosäure, sorgt für höhere Stabilität.
Nach der Injektion lagern sich die Insulinmoleküle zu Hexameren zusammen, müssen sich aber wieder in die Einzelmoleküle (Monomere) trennen, um vom Blutstrom aufgenommen werden zu können. Durch die beiden Zusätze liegt bei Fiasp das Insulin schneller in dieser Monomer-Form vor und bewirkt dadurch eine schnellere anfängliche Aufnahme und Insulinwirkung im Vergleich zu herkömmlichen schnellwirksamen Insulinalaoga wie NovoRapid.
Da Niacinamid und L-Arginin auf der Liste der allgemein als unbedenklich geltenden Substanzen stehen, fanden sich in den bislang vorliegenden Studien, die zur Zulassung durch die Behörden führten, keinerlei Sicherheitsbedenken beim Einsatz des neuen Präparats.
Fiasp zeigte eine schnellere Insulin-antwort im Vergleich zum bisherigen Insulin aspart. Dies äußerte sich bei Menschen mit Typ-1-Dia-betes nach einer Pen-Injektion in einem doppelt so schnellen ersten Auftreten im Blut und einer doppelt so hohen Insulinkonzentration in den ersten 30 Minuten sowie einer um 74 Prozent höheren Insulinwirkung in den ersten 30 Minuten. Dadurch verbesserte Fiasp die Glukosewerte nach einer Testmahlzeit im Vergleich zu NovoRapid nach einer und nach zwei Stunden bei Patienten mit Typ-1-Diabetes.
In einer Studie bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, die wir im Kinder- und Jugendkrankenhaus “Auf der Bult” durchführten, konnten wir die Ergebnisse der Erwachsenen nach einer einmaligen Injektion auch für die jüngeren Altersgruppen bestätigen. Trotzdem muss erst das Ergebnis der laufenden pädiatrischen Zulassungsstudie abgewartet werden, bis eine Zulassung für Menschen mit Diabetes unter 18 Jahren erfolgt.
Aber Faster aspart (Fiasp) ist nur der erste Vertreter dieser neuen Klasse der ultra-schnellwirksamen Insuline; es gibt weitere Ansätze, z. B. von der Firma Biodel und vom französischen Unternehmen Adocia. Das von Adocia entwickelte Trägereiweiß Biochaperone wurde schon an Lispro (Humalog) gekoppelt und macht es ultraschnell. Die Zulassungsstudien laufen noch. Auf ClinicalTrials.gov ist außerdem zu lesen, dass Lil-ly Studien mit einer Kombination der blutgefäßerweiternden Substanz Trepostinil mit Insulin Lispro durchführt.
Zur Erprobung des neuen Insulins wurde im Rahmen des onset-Studienprogramms Fiasp an insgesamt 2 100 Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes gegenüber NovoRapid untersucht. In onset 1 und onset 2 erhielten alle Patienten zusätzlich ein Basalinsulin, bei onset 2 und 3 (Typ-2-Diabetes) zudem noch Metformin.
Die Studien onset 1 bis onset 4, auf denen die Zulassung von Fiasp basiert, wurden bereits abgeschlossen. In onset 1 wurde Fiasp zur Mahlzeit oder 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit mit NovoRapid zur Mahlzeit verglichen, jeweils kombiniert mit einem Basalinsulin. Bei Gabe zur Mahlzeit nach 26 Wochen zeigte Fiasp eine signifikant stärkere Senkung des HbA1c im Vergleich zu Novo-Rapid. Bei Gabe 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit zeigte Fiasp eine HbA1c-Senkung, die mit Novo-Rapid bei der Gabe zu den Mahlzeiten vergleichbar war.
Ebenso zeigte sich bei standardisierten Mahlzeitentests bei Gabe zur Mahlzeit ein geringerer Anstieg von Plasmaglukose nach dem Essen unter Fiasp innerhalb von zwei Stunden im Vergleich zu Novo-Rapid.
Als häufigste unerwünschte Arzneimittelwirkung zeigten sich unter Fiasp Hypoglykämien. Diese waren allerdings nicht häufiger oder schwerer ausgeprägt als bei Patienten, die NovoRapid als Bolusinsulin einsetzten. Insofern scheint Fiasp bei der Injektionstherapie variabler zu sein: Studienteilnehmer, die Fiasp erst 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit gaben, hatten vergleichbare HbA1c-Werte wie Teilnehmer mit Typ-1-Diabetes, die NovoRapid direkt zum Essen spritzten.
Fiasp kann auch in der Insulinpumpe verwendet werden. Bei einer Studie über sechs Wochen bei 37 Erwachsenen (onset 4) beim Vergleich der Pumpenkompatibilität von Faster aspart und Insulin aspart wurden im Verlauf der Studie keine mikroskopisch bestätigten Katheterverschlüsse des Infusionssets festgestellt. Es könnte sogar sein, dass durch die kontinuierliche Zufuhr von Niacinamid und L-Arginin die beschleunigte Monomerbildung bei dieser Therapieform besonders ausgeprägt ist.
So zeigten sich in einer Studie mit einer Testmahlzeit bessere Werte nach dem Essen. Für den klinischen Alltag verspricht man sich daher gerade in der Pumpentherapie besonders große Vorteile des neuen Insulins. Dieses Wirkprofil könnte bei häufigen Bolusgaben oder aber auch bei der raschen Unterbrechung der Insulinzufuhr bei sensorunterstützter Pumpentherapie (Smartguard) mit prädiktiver Hypoglykämieabschaltung besonders effektiv sein.
Auch die Forschergruppen zum künstlichen Pankreas warten darauf, das neue Insulin einsetzen zu können, wobei noch diskutiert wird, ob dadurch die mathematischen Modelle (“Algorithmen”), die der sensorbasierten automatischen Anpassung der Insulinzufuhr im “Closed-Loop” zugrunde liegen, angepasst werden müssen.
Im ersten Schritt erfolgt jetzt die Zulassung von Fiasp für Erwachsene über 18 Jahre mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes sowie in der Schwangerschaft sowohl für die Injektionstherapie als auch die Pumpentherapie. Die Kinderzulassung wird für 2018 erwartet, sobald die Zulassungsstudie abgeschlossen ist. Große Erwartungen also an den Neuling Fiasp– wir sind gespannt, wie er sich im klinischen Alltag bewährt.
von Prof. Dr. med. Thomas Danne
Diabetes-Eltern-Journal-Chefredakteur, Kinderdiabetologe,
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”, Hannover,
E-Mail: danne@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2017; 10 (1) Seite 4-5
5 Minuten
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