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Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter stellen ein ernstzunehmendes gesundheitliches Pro-blem dar. Wer schon in jungen Jahren übergewichtig oder adipös ist, bleibt es leider oft auch im Erwachsenenalter.
Die Adipositas kann bereits im Kindes- und Jugendalter zu Beeinträchtigungen und Erkrankungen führen, die im Erwachsenenalter fortschreiten und zu schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit führen. Deutlich häufiger treten bei adipösen Kindern bereits Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder eine Insulinresistenz auf. Diese Erkrankungen sind hohe Risikofaktoren für die Entwicklung von Herzinfarkt, Schlaganfall und Typ-2-Diabetes im weiteren Verlauf.
Die Daten der bundesweiten Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) zeigten in der Datenerhebung zwischen den Jahren 2014 und 2017, dass 15,4 % der Kinder und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren übergewichtig und 5,9 % adipös waren. Diese Zahlen sind erschreckend hoch, zeigen aber im Vergleich zur Vorerhebung aus den Jahren 2003 – 2006 immerhin keinen weiteren Anstieg. Im Vergleich dazu sind im Erwachsenenalter 67 % der Männer und 53 % der Frauen übergewichtig; 23 % werden als adipös eingestuft.
Die Einteilung in Übergewicht und Adipositas erfolgt anhand des Body Mass Index (BMI). Dieser errechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat (kg/m2). Bei Erwachsenen spricht man von Übergewicht ab einem BMI über 25 kg/m2 und von Adipositas ab einem BMI über 30 kg/m2. Bei Kindern und Jugendlichen ändert sich der BMI abhängig von Alter und Geschlecht während der Entwicklung, daher gibt es alters- und geschlechtsspezifische Referenzwerte.
Auch bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes nimmt der Anteil an Übergewicht und Adipositas zu. In den letzten 5 Jahren kam es hier zu einem deutlichen Anstieg. Im Rahmen des DPV-Registers zeigte sich für das Jahr 2020, dass 12,5 % der Mädchen und 9,8 % der Jungen mit Typ-1-Diabetes übergewichtig waren. 4,3 % der Mädchen und 4,2 % der Jungen waren adipös.
Mit der Diagnose Diabetes mellitus und Beginn der Insulintherapie spielt die Ernährung oft eine größere Rolle als zuvor. Insbesondere die Berechnung der Kohlenhydrate nimmt einen hohen Stellenwert ein. Bei der Nahrungsauswahl sollte jedoch nicht nur auf die Kohlenhydrate, sondern auf eine ausgewogene Ernährung („optimierte Mischkost“) geachtet werden. Dabei sollte insbesondere der Anteil an Fetten nicht zu hoch ausfallen.
Dies wird hier explizit erwähnt, da Fette im Rahmen der Insulintherapie normalerweise nicht berechnet werden müssen. Dies führt nicht selten dazu, großzügig z. B. Käse und Wurst zu verabreichen, um Kohlenhydrate zu reduzieren und damit Insulininjektionen zu sparen. Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist dies ein falscher Ansatz: Der Einsatz fetthaltiger Nahrungsmittel als Snacks oder „Sattmacher“ sollte unbedingt vermieden werden, da der aufgenommene Anteil an Fett ist zu hoch ist und in der Folge zu Übergewicht führen kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die hohe Flexibilität im Rahmen der Insulinpumpentherapie, die zu einem zunehmend unkontrollierten Essverhalten verleitet. Während bei der Spritzentherapie noch regelmäßige Mahlzeiten in Form von 3 Haupt- und 2 Zwischenmahlzeiten eingenommen werden, werden bei der Pumpentherapie immer häufiger kleine Snacks eingenommen, da es ja so einfach ist, das Insulin zu verabreichen.
Bezüglich der Zusammensetzung der Nahrung werden dabei die Empfehlungen der nationalen und der internationalen Gesellschaft für Kinderdiabetologie herangezogen.
Bestehen sollte danach die tägliche Kalorienzufuhr zu
Die Kohlenhydrate sollten möglichst komplex und ballaststoffreich sein (z. B. Vollkornbrot, Müsli, Vollkornnudeln).
Die Fettzufuhr sollte 35 % der Gesamttagesenergie nicht überschreiten. Der Anteil gesättigter Fettsäuren tierischen Ursprungs (z. B. in Vollmilch, Käse, Butter, Schmalz) und trans-ungesättigter Fettsäuren (z. B. in Keksen, Kuchen, Schokolade) sollte einen möglichst geringen Anteil haben. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren des Omega-3-Typs (z. B. in Fisch) und einfach ungesättigte Fettsäuren (z. B. in Oliven, Sesam, Rapsöl und Nüssen) sollten bevorzugt werden.
Für die Eiweißaufnahme wird für Kinder ab einem Jahr eine durchschnittliche Zufuhr von ca. 0,8 – 1 g/kg Körpergewicht pro Tag empfohlen. Wichtig ist auch eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme. Es sollten vorzugsweise Wasser und ungesüßte Tees getrunken werden. Süße Getränke führen zu einer unnötigen Kalorien- und Zuckeraufnahme und erhöhen auch das Risiko für Karies.
Um gar nicht erst übergewichtig zu werden, sind Maßnahmen zur Prävention von besonderer Bedeutung. Eine ausgewogene Ernährung in Kombination mit regelmäßiger körperlicher Bewegung sollte das Ziel sein. Körperliche Bewegung ist von besonderer Bedeutung für Kinder und Jugendliche, da sie nicht nur positive Auswirkungen auf die körperliche, sondern auch auf die geistige Entwicklung hat und zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins führt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt deshalb für Kinder zwischen 6 - 18 Jahren eine körperliche Betätigung von mindestens 60 Minuten pro Tag. Da in unserer Gesellschaft zunehmend elektronische Medien eine Rolle spielen, wird viel Zeit in geschlossenen Räumen ohne Bewegung verbracht und dieses Ziel oft nicht erreicht. Zur täglichen Bewegung zählen nicht nur sportliche Aktivitäten – schon eine Erhöhung der Alltagsaktivitäten ist hier von Bedeutung. Statt des Aufzugs die Treppen zu nehmen, zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule zu kommen sind nur einige von vielen Möglichkeiten der Integration von Bewegung in den Alltag.
In Tab. 1 sind die Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Kinder und Jugendliche nach Altersgruppen dargestellt. Interessant ist auch das „Bewegungsdreieck“ der BZgA mit Beispielen für unterschiedliche Arten von Bewegung für verschiedene Altersklassen (abrufbar unter bzga.de).
Ein weiterer Punkt ist die Einflussnahme der Medien auf die Ernährung von Kindern und Jugendlichen. Kinder zwischen 3 – 13 Jahren sehen pro Tag ca. 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel in Fernsehen und Internet. 92 % der Lebensmittelwerbung, die Kinder sehen, bezieht sich auf ungesunde Produkte (Fastfood, Softdrinks, Snacks und Süßigkeiten).
Viele Unternehmen setzen inzwischen Social-Media-Stars/Influencer ein, die auf Youtube, Instagram, TikTok etc. Werbung für ihre Produkte machen. Die Organisation Foodwatch hat 2020 über mehrere Wochen Accounts von Social-Media-Stars untersucht und herausgefunden, dass der Fokus auf Werbung für ungesunde Lebensmittel lag. Mittels Videos und Posts werden Millionen junger Menschen erreicht; sie sehen zu den Influencern auf, streben ähnliche Lebensstile an und haben das Gefühl, freundschaftlich mit ihnen verbunden zu sein.
Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) setzt sich für gesunde und ausgewogene Ernährung ein und fordert u. a. :
Dass z. B. Marketingbeschränkungen möglich und auch erfolgreich sind, zeigen Länder wie Kanada, Portugal, Chile und Großbritannien. Dort wurde die Werbung z. B. vor oder während Kinderprogrammen reduziert, ist nur noch zu bestimmten Uhrzeiten zugelassen oder sogar ganz verboten. In Quebec z. B. sank der Konsum von Fast-Food-Produkten bei Kindern unter 13 Jahren um 13 %; dies führte zu einer der niedrigsten Raten an übergewichtigen Kindern und zum höchsten Konsum an Obst und Gemüse in dieser Region.
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Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2022; 13 (1) Seite 24-26
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