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Als ich nach einem Einstieg für diesen Artikel suchte, traf ich auf dieses Zitat. Gerne möchte ich es im Hinblick auf den Familienalltag mit Diabetes Typ 1 einmal beleuchten. Auf die Idee kam ich, als ich neulich ein Webinar zum Thema „Diabetesakzeptanz“ für #KidsKonWeb hielt und manchen Teilnehmer*innen an dem Abend bewusst wurde, wie groß der Unterschied ist, ob ich etwas tun muss, möchte, darf, will oder kann.
„Ich muss jetzt zur Arbeit.“ „Papa muss heute länger arbeiten.“ „Wir können jetzt nicht spielen, wir müssen noch arbeiten.“ Wie wäre es, wenn man sagen würde: „Ich möchte jetzt noch eine Runde arbeiten, danach können wir gerne etwas spielen.“ Ich finde, dass das ein ganz anderer Vibe ist, auch für das Kind. Plötzlich ist Arbeit schön und gewollt und gibt auch dem Kind das Gefühl, dass die Eltern gerade etwas tun, womit sie gerne ihre Zeit verbringen.
Ich denke nach:
„Ich muss kochen.“ (meine Mutter)
„Ich will kochen.“ (meine Teenage-Tochter)
„Ich darf kochen.“ (meine Jüngste, wenn sie Mehl und Wasser mischt und daraus Pfannkuchen zaubert)
„Ich kann kochen.“ (mein Mann, der sich das während der Lockdowns selbst beigebracht hat)
„Ich möchte kochen.“ (ich, wenn ich mich nach einem langen Tag am Schreibtisch auf die Zutaten und Küchendüfte und das, was daraus entsteht, freue)
Für mich war es ein langer Weg, vom Müssen meiner Mutter zum eigenen Möchten zu kommen. Und noch heute stolpere ich das ein oder andere Mal und falle auf die Nase. Nicht nur in der Küche habe ich in meiner Kindheit zu Hause gelernt, dass wohl nichts ohne Müssen funktioniert. Auch beim Kofferpacken, Einkaufen, Arbeiten, Geschenkeeinpacken und Schlafen war von Dürfen oder Wollen selten die Rede. Wie schön wäre es gewesen, wenn ich als Kind gelernt hätte, dass ich Koffer packen darf, weil es endlich in den lang ersehnten Urlaub geht, oder ich endlich ins Bett darf, weil es schön ist, nach einem langen Tag zur Ruhe zu kommen. Wie gerne hätte ich ein Wollen beim Arbeiten oder Einkaufen gehört oder ein Möchte beim Geschenkeeinpacken. Da wären so viele Fenster aufgegangen. Ich war mir der Mauern als Kind gar nicht bewusst und ich bin mir sicher, meine Eltern haben ihr Bestes gegeben. Aber diese Mauern abzutragen und zu verstehen, dass dahinter Fenster liegen, darauf bin ich lange nicht gekommen. Seht ihr, wie ich darauf musste ich erst kommen vermieden habe?
Es geht turbulent zu. Manchmal wird es zu viel. Manchmal ist man erschöpft, manchmal hat man einfach keine Lust mehr, auch bei uns zu Hause. Und dann muss auch noch der Katheter gewechselt werden. Was für eine ungeliebte Pflicht. Nicht immer schaffe ich es, die Kurve hin zu dem z.B. folgenden Satz zu bekommen: Heute Abend wechseln wir kurz den Katheter. Man muss es ja nicht immer wollen oder dürfen, manchmal reicht es vielleicht auch, wenn wir es einfach machen, ohne müssen. Ich bringe jetzt den Müll raus – das ist dann halt einfach jetzt so, ganz unaufgeregt.
Es steht und fällt in vielen Situationen mit den Worten, die wir wählen, ob wir uns mit einer Tätigkeit oder in einer Situation wohl fühlen. Wir haben hier eine Wahl, die Wahl der Worte. Gedanken formen unsere Worte, und diese formen wiederum unsere Realität. Und auch unser Körper reagiert auf ausgesendete sprachliche Signale. Und plötzlich hat der schnöde „Müll am Abend rausbring”-Moment die Chance, sich zu einem kurzen Highlight des Tages zu mausern, wenn man es schafft, ihn als „Wow, so klare, schöne Luft und schau mal, dieser Sternenhimmel – einfach bezaubernd”-Moment zu inszenieren. Gelingt uns das immer? Gelingt mir das immer? Bei weitem nicht! Aber da ist diese Magie der Fenster und das, was wir plötzlich durch die Fenster sehen können, wenn keine Mauern davorstehen. Und dieser Zauber, der durch ein paar bewusst gewählte Worte entsteht, ist es mir wert, mich für meine Kinder, mein Umfeld und mich selbst immer wieder zu reflektieren und neu zu erfinden.
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