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Fake News – diesen Begriff für Falschmeldungen hören wir täglich. Solche Nachrichten gibt es auf jedem Gebiet. Bei wissenschaftlichen Studien bedeutet das oft: Verspricht eine Schlagzeile z. B. die Heilung einer Krankheit, lohnt sich ein genauer Blick. Ergebnisse einer Studie, sei es ein Tierexperiment oder eine Studie mit wenigen oder auch vielen Teilnehmern, gelten nämlich nicht zwangsläufig für alle Betroffenen. Umso wichtiger sind Informationsquellen, auf die Sie sich verlassen können und durch die Studienergebnisse fachlich richtig eingeordnet werden. Ernährungsberaterin Kirsten Metternich von Wolff erklärt Ihnen, was es mit so manchem gut gemeinten, aber falschen Ernährungsratschlag auf sich hat.
Milch ist schlecht für Erwachsene und Diabetiker vertragen kein Mehl. Deshalb sind alle Lebensmittel, die Mehl enthalten, bei Diabetes tabu. Wer genug saure Lebensmittel isst, gleicht damit einen zu hohen Blutzucker aus, und überhaupt ist Zucker pures Gift…
Täglich können wir auf solche Ratschläge stoßen, z. B. im Internet. Natürlich ist nicht alles falsch, was dort geraten wird, dennoch ist es sinnvoll, Empfehlungen genau zu prüfen. Wir haben uns umgeschaut und erklären Ihnen die Hintergründe weitverbreiteter Ernährungstipps. Klar ist: Häufig entpuppen sie sich als Mythen, als Märchen. Schauen wir gemeinsam, was dahintersteckt – auf geht’s!
Vielleicht ist Ihnen solch ein Ratschlag auch schon einmal begegnet? Fakt ist, dass Menschen mit Diabetes, sofern sie keine medizinisch diagnostizierte Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie, Sprue) haben, herkömmliches Mehl aus Weizen, Roggen, Dinkel, Grünkern oder Hafer essen können – und das, ohne im Anschluss z. B. mit Durchfall oder Magen-Darm-Problemen rechnen zu müssen. Allerdings sind solche Mehle Kohlenhydratlieferanten und müssen deshalb, je nach Sorte und Ausmahlungsgrad, als Kohlenhydrate (BE, KE) angerechnet werden.
Generell sind Vollkornmehle den weißen Auszugsmehlen vorzuziehen, da sie mehr Ballaststoffe enthalten und den Blutzucker moderater ansteigen lassen. Kurzum: Menschen mit Diabetes vertragen Mehl, sollten jedoch die Wirkung auf den Blutzuckerverlauf berücksichtigen.
Immer wieder wird behauptet, dass Milch und auch Joghurt, Kefir oder Quark dem menschlichen Organismus nicht guttun. Tatsächlich kann es vorkommen, dass z. B. Kuhmilch oder Eiscreme mit zunehmendem Alter nicht mehr so gut vertragen werden wie in jungen Jahren. Ursache hierfür ist häufig, dass mit steigendem Alter die Fähigkeit, Laktose (Milchzucker) zu spalten, sich ganz oder teilweise verliert. Das kann bei Menschen mit und ohne Diabetes gleichermaßen vorkommen.
Hier lohnt es sich, auszuprobieren, ob Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Bauchschmerzen) nur nach dem Genuss von Kuhmilch, Eis, Sahne oder milchreichen Speisen wie Pudding auftreten oder auch, wenn Sauermilchprodukte wie Joghurt, Kefir, Buttermilch oder Quark sowie Käse gegessen wurden, die weniger Laktose enthalten. Für Menschen mit Diabetes wichtig ist wie immer der Kohlenhydratgehalt von Milch, Joghurt, Molke, Kefir, Buttermilch etc. und damit verbunden die Wirkung auf den Blutzucker.
Das ist eine gern verwendete Aussage, wenn Nahrungsergänzungsmittel mit dem Wurzelgemüse Topinambur angepriesen werden. Es wird dann z. B. behauptet, dass sich der Blutzucker mit Topinambur positiv unterstützen lässt. Doch das Geld für solche Produkte können Sie sich sparen: Es gibt kein Lebensmittel, das Insulin enthält. Außerdem könnte Insulin nicht unbeschadet durch Magen und Darm kommen, würde also auch nicht im Blut ankommen.
Was stimmt: Topinambur ist reich an Inulin, einem Ballaststoff – also nicht Insulin! Alle Ballaststoffe haben bekanntlich einen positiven Einfluss auf den Blutzuckerverlauf, so dass Blutzuckerspitzen gemildert werden können. Aber Topinambur im Austausch gegen Insulin für das Blutzuckermanagement einzusetzen, ist klar der falsche Weg. Damit ist es auch sinnlos, z. B. Topinambursaft zu trinken, um den Blutzucker zu senken.
Sauer mag zwar lustig machen, doch was saure Lebensmittel nicht können, ist, im Körper Zucker „auszugleichen“. Saurer Geschmack wird auf der Zunge wahrgenommen, allerdings nicht mehr im Magen-Darm-Trakt. Deshalb kann auch nicht pauschal behauptet werden, dass Menschen, die gern und regelmäßig Süßes essen, eher gefährdet sind, an Diabetes zu erkranken. Was Diabetes fördert, ist eine genetische Veranlagung, Übergewicht sowie ein insgesamt ungesunder Lebensstil, und das kommt sowohl bei Fans von süßen wie auch von herzhaften Speisen vor.
Je weniger Zucker und mit Zucker hergestellte Lebensmittel gegessen werden, desto gesünder ist es für den Körper, also auch für den Blutzucker und die Zähne. Das gilt für Menschen mit und ohne Diabetes. Zucker ist kein Gift, doch zu viel Zucker schadet auf Dauer dem Körper, z. B. wenn dadurch Übergewicht, Zahnprobleme, erhöhte Triglyzeridwerte (Blutfette) und bei Diabetes ein instabiler Blutzuckerverlauf entstehen.
Deshalb empfehlen die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) pro Tag eine maximale Zuckermenge von 10 Prozent der Gesamtenergiemenge. Dies entspricht bei durchschnittlichem Energiebedarf maximal 50 Gramm Zucker täglich und schließt z. B. auch die Konfitüre auf dem Brot ein, außerdem gesüßte Milchprodukte oder Fertigprodukte, die Zucker enthalten.
Je weniger süß und damit zuckerhaltig gegessen wird, desto leichter fällt es, die Mengen möglichst gering zu halten. Denn allein schon in jedem dritten Fertigprodukt ist Zucker in irgendeiner Form enthalten. Für Sie als Mensch mit Diabetes ist es wichtig, dass Zucker ausschließlich Kohlenhydrate sind und Sie damit verbunden den schnellen Blutzuckeranstieg durch Zucker berücksichtigen.
Frische Früchte sollten bei Diabetes täglich auf dem Speiseplan stehen – und zwar nicht nur in Form eines sauren Apfels. Auch z. B. süße Äpfel, Erdbeeren, Pfirsiche, Kirschen, Mangos oder Bananen sind möglich. Gut zu wissen: Wasserreiches Beerenobst und Papaya enthalten weniger blutzuckerwirksame Kohlenhydrate als Bananen, Trauben oder Kakis. Essen können Sie alle Sorten. Wie viel Gramm Kohlenhydrate jeweils in welchem Obst enthalten sind, lässt sich in Nährwert- und Kohlenhydrat-Austauschtabellen nachlesen.
Besonders Hochprozentiges hat in der Tat eine blutzuckersenkende Wirkung. Trotzdem: Als Therapiemaßnahme ist Schnaps u. ä. bei Diabetes völlig ungeeignet. Die Wirkung von Alkohol kann 12 bis 20 Stunden andauern und so die Therapie durcheinanderbringen. Was nutzt es, sich selbst zu betrügen und zusätzlich auch noch die Leber zu belasten?
von Kirsten Metternich von Wolff |
Diätassistentin DKL und DGE, Hildeboldstraße 5, 50226 Frechen-Königsdorf, E-Mail: info@metternich24.de Website: www.metternich24.de |
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (4) Seite 28-31
5 Minuten
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