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Das Echt essen-Gasthaus im Dezember: Mit dem Schinkenwirt hat das Ehepaar Pfannes in Olsberg im Sauerland eine Oase der Ruhe und Gastlichkeit geschaffen. Spezialität des Hausherrn: eigene Schweine.
Kennst du das Land, wo sich Hirsch und Has gute Nacht sagen? Es ist das Land, wo die Ruhr noch ein idyllisches Flüsschen ist, wo in den kleinen Städten das Fachwerk grüßt, wo wald- und wildreiche Naturparks auf Besucher warten. Es ist das Sauerland, die südöstliche Fortsetzung des rauen Ruhrgebiets ins gediegen Ländliche. In dieser Idylle liegt ein kleines kulinarisches Juwel, der Schinkenwirt, auf den mich Lars Morgenbrod vom Sauerland–Tourismus aufmerksam gemacht hat – und wo wir einen äußerst angeregten Nachmittag verbracht haben.
Willkommen im Winterwald: Schinkenwirt in Olsberg
Michael Pfannes ist Metzger. Michael Pfannes ist Koch. Michael Pfannes ist Kaufmann. Aufgewachsen ist der Wirt des „Schinkenwirts“ in Unterfranken in einer Handwerksfamilie, wo das heimische Schlachten noch etwas Selbstverständliches war. Da hat Michael Pfannes seine Leidenschaft fürs Schweinische entdeckt, hat erfahren, dass alles an der Sau essbar ist, von den Bäckchen bis zum Schwänzchen; hat erfahren, wie das fachmännisch verarbeitet wird. Gelernt hat er aber Koch – und das auf allen Stufen, die denkbar sind: Er war in einfachen Wirtschaften, wurde von einem Sterne-Koch in Düsseldorf bis aufs Blut getriezt, wurde vom Jahrhundert-Koch Eckard Witzigmann ans Münchner Tantris zu Hans Haas empfohlen, wo er auf einen Geistesverwandten traf: „Hier habe ich das Kochen gelernt, hier habe ich gelernt, dass alles verwertet werden kann, dass nichts weggeworfen werden muss“.
Michael Pfannes hat aber nicht nur Koch gelernt, sondern er hat auch Rechnen gelernt, eine Eigenschaft, die viele Köche sträflich vernachlässigen. In Dortmund hat er seinen Betriebswirt gemacht – eine Investition, die sich gleich doppelt gelohnt hat: Denn dort hat er beim Tanzkurs auch eine Kommilitonin näher kennen gelernt, die er später geheiratet hat – und welche praktischerweise die Tochter der Eigentümer des „Schinkenwirts“ war, damals eine einfache Bauernwirtschaft.
Gediegene Eleganz im ländlichen Raum: Gaststube
In harter Arbeit formten Gabi und Michael Pfannes aus der schlichten Wirtschaft am Fuße des berühmten Eisenbergs in den letzten zwölf Jahren ein elegantes Restaurant und ein Hotel mit 18 Zimmern – ein sympathisches Haus mit einer regionalen Küche zu zivilen Preisen. Die große Liebe des Hausherrn gehört immer noch den Schweinen, die er im Freien, im eigenen Gehege hegt. Als wir da waren, grunzten zwei blitzsaubere Weibchen um die Wette – und begrüßten freudig den Essensbringer. Natürlich können die bis zu sechs Sauen nicht den großen Bedarf an Schinken decken, den der Schinkenwirt hat – aber das „Hausgemachte“ bildet eine solide Basis der Küche.
Chum Schweinderl, chum: Wirt Pfannes im Schweinegatter
Die Reise ins schöne Sauerland wert sind die „Schweinereien“ von Michael Pfannes. Uns servierte er eine wunderbare Variation von den eigenen Schwäbisch-Hällischen Schweinen, jener endlich wieder wirklich heimisch gewordenen alten Rasse. Auf dem Bild unten sind auf der linken Seite die sanft über Buchenholz geräucherten Scheiben von der eigenen Sau zu sehen, die nussig-zart auf der Zunge zergehen. Intensiver noch der hausgemachte Schinken vom Wildschwein auf der rechten Seite. Ein Gedicht auch die Rillettes am oberen Rand, die im eigenen Saft gekochten Teile vom heimischen Fasan und der Ente, viel besser geht es auch nicht in Frankreich, wo die Rillettes zu den Nationalgerichten zählen.
Tierisch gut: Schinken satt im Sauerland
Großartig auch die hausgemachten Salami-Variationen, die wir in vierfach genießen durften – fast süßlich schmeckend mit Fenchel, extrem intensiv mit Wildschwein, herrlich mit Hirsch und zart-kräftig mit dem „Roten Höhenvieh“, einer vom Aussterben bedrohten Rinderrasse mit gutem Fleisch, die beherzte Bürger und Bauern wieder züchten. Wie viel „Eigenes“ im „Hausgemachten“ von Michael Pfannes steckt, bleibt ein wohlgehütetes Geheimnis, denn wir haben ja leider ein Lebensmittelrecht (manchmal halte ich es auch für ein Unrecht), das die eigene handwerkliche Produktion eher diskriminiert; ein Recht, das tendenziell Massentierhaltung und Großbetriebe fördert.
Sicher mit ein Grund, dass sich der Schinkenwirt stark bei „Slow Food“ engagiert, einer Vereinigung, die Handwerkliches und Authentisches fördert und tatkräftig unterstützt. Einer Vereinigung, der auch ich übrigens angehöre.
Italianata à la Sauerland: Gebeizte Lende vom Schwäbisch-Hällischen
Mit besonderem Stolz präsentierte uns der Wirt, der die Leidenschaft für das gute Produkt wahrlich „lebt“, eine gebeizte Lende vom eigenen Schwäbisch-Hällischen Schwein. Sanft mit Knoblauch, Rosmarin, Salz, Pfeffer gebeizt, betupft er dieses saftig-zarte Carpaccio mit Tropfen des ersten Olivenöls aus Italien, würzt mit Streifen von Grana Padano, einem mit dem Parmesan verwandten besonders harten Käse. Für mich der Höhepunkt des Menüs.
Zum Zungenschnalzen: Panierte Schweinszunge
Auf unserer Reise rund ums Hällische Schwein servierte uns Michael Pfannes etwas ganz Rares: Die mit Brotbröseln und Fenchel panierte Zunge in einer intensiv-leichten Sauce aus Portwein und Petersilie. Ein interessantes Gericht, wobei ich die leicht angerösteten Zwiebeln nicht gebraucht hätte – aber das ist Geschmackssache. Ansonsten hätte meine Zunge noch mehr geschnalzt ob dieser Köstlichkeit.
Rehkeule, Rotkraut mit Apfel, Knödel: Das Hauptgericht
Voller Wild sind die Wälder rund um Olsberg – und die Jäger finden beim Schinkenwirt einen dankbaren Abnehmer für das Fleisch, das von Natur aus Bio ist – und das gut schmeckt, wie etwa die Rehkeule mit einem tipp-topp Rotkraut ohne chichi, dafür aber mit fein säuerlichem Apfel, einem erstaunlich leichten, obwohl im Entenschmalz gebratenen Serviettenknödel – und einer Sauce mit Apfel und Quitten, der die süßliche Tonkabohne einen zarten Vanilleduft spendet. Überhaupt die Saucen: Sie scheinen mir eine der großen Stärken dieses interessanten Kochs zu sein.
Keine 20 Euro kostet ein solches Gericht im Schinkenwirt – und es ist sein Geld wert. Gastfreundlich kalkuliert ist auch die Weinkarte mit wenigen, aber gut ausgesuchten Tropfen, wie etwa der trockene Riesling vom Bio-Weingut Sander aus Rheinhessen für 17,20 Euro die Flasche. Probiert haben wir diesen Wein nicht, wir haben etwas viel Spannenderes genossen – nämlich das Wasser aus der eigenen Quelle. Weich schmeckt es, und es begleitet das Essen vortrefflich.
Abgerundet wurde das Mahl durch eine kleine Auswahl von Käsen vom „Meister Ziegenhof“ der Heike Fredebeul in Rüthen Meiste, einige Kilometer nördlich von Olsberg. Das sind gute Ziegenkäse, wobei mir der „Junge“ am Besten geschmeckt hat. Es sind Käse aus erwärmter Milch, also keine Rohmilch. Vielleicht wagt sich die Käsemacherin mal an die Rohmilchkäse, was das Geschmackserlebnis intensivieren würde – aber wahrscheinlich auch den bürokratischen Aufwand für die Herstellung solcher Käse.
Begeistert haben mich die zu den Käsen gereichten selbst gemachten Konfitüren, etwa die mit grünen Tomaten – und vor allem die wunderbar „birnige“ der Most-Birne von den uralten eigenen Streuobstbäumen hinter dem Haus, die ein kluger Gärtner mit gezielten Schnitten wieder zu fruchtbarem Leben erweckt hat. Sicher, die Konfitüren enthalten Zucker, bewegen sich aber mit 30 Prozent am unteren Limit.
links: Von der Ziege: Holunder- und Vanilleeis | rechts: Vor dem Geschaffenen: Michael Pfannes
Größer als die Vernunft war wieder einmal bei mir die Lust – und so habe ich dann doch noch eine Kugel Holunder – und eine Kugel Vanilleeis vom Ziegenhof gegessen – und habe es vor allem bei der Vanille nicht bereut. Ein feines Eis mit dieser Milch, die der menschlichen am Ähnlichsten ist.
Fazit: Das Ehepaar Pfannes hat mit seinen zwei Kindern etwas geschaffen, was ich in dieser Qualität und Vielfalt so nicht erwartet hätte. Weshalb ich mit Lars Morgenbrod von Sauerland Tourismus in 2013 zwei „Lauber-Seminare“ andenke – und zwar zu den Themen: Fit wie ein Diabetiker und TDM Traditionelle Deutsche Medizin.
„Auszittern“ im Kraftort
Für Fitreizt mich die Kombination aus echtem Essen der Region, plus die für Bewegung wie geschaffene Umgebung mit dem berühmten „Rothaarsteig“ und dem „Ruhrtalradweg“. Auch gefällt mir, dass zum Schinkenwirt eine eigene Kapelle gehört, ein Ort für das so nötige Finden des inneren Gleichgewichts, für das Lars Morgenbrod das schöne Wort „Auszittern“ hat.
Für TDM reizt mich die reiche Fülle der Natur mit vielen Wildkräutern, die jetzt schon in der Küche verwendet werden; reizt mich das Füllhorn der Pilze hinter dem Haus; reizt mich die eigene Quelle; reizt mich die ruhige Lage – alles Voraussetzungen für einen „Kraftort“.
Noch ist nichts entschieden – aber vielleicht wird es etwas in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres. Schauen Sie einfach einmal auf die Homepage des Schinkenwirt, dort finden Sie auf jeden Fall den Schinkenwirtkalender mit spannenden Veranstaltungen ums natürliche Erleben und Genießen.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de
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