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Das Echt essen-Gasthaus im Mai: Das Münchner „Hofbräuhaus“ gründete zusammen mit anderen Innenstadtwirtschaften, Gästen und Bauern die Genossenschaft „BayernOX“ – wo der Ochse noch weiden darf.
„Das berühmteste Gasthaus der Welt“ – so selbstbewusst rühmt sich das Münchner „Hofbräuhaus“. Da ist was dran, in Asien oder Amerika wurde ich immer wieder auf diese Institution angesprochen. Obwohl ich lange in München lebte, bin ich relativ selten in den im vorderen Teil kuppelartigen mit prächtigen Fresken geschmückten Schankraum gegangen, weil: Zu laut (was stimmt), nur Japaner (was nicht stimmt), Touriküche – was sich gottseidank gebessert hat. Denn inzwischen wird im über 400 Jahre alten Gasthaus ganz ordentlich gekocht – und die Traditionsgaststätte ist auch Mitglied der Genossenschaft „BayernOX“, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Vieh in Bayern artgerecht zu halten, um so eine bessere Fleischqualität zu bekommen. Grund genug, wieder häufiger ins Hofbräuhaus zu gehen, wo in der warmen Jahreszeit im Innenhof ein prächtiger Biergarten lockt.
Wurst wird Brühe: „Brätstrudelsuppe“
Suppen gehören gottseidank zur Grundausstattung der bayerischen Küche. Die Basis bildet meist eine kräftige Fleischbrühe. So auch hier bei der „Brätstrudelsuppe“. Die Brühe schmeckt intensiv, vielleicht haben sich auch ein paar Tropfen Maggi hinein verirrt. Der Brätstrudel ist ein mit Brät gefüllter und gerollter Pfannkuchen, der in Stücke geschnitten wird. Brät ist das Hackfleisch, das für Würste gebraucht wird – und da mit Robert Koller sogar ein eigener Metzgermeister für die frischen Würste sorgt, schmeckt der Brätstrudel ausgezeichnet. Alles bestens also? Fast: Wäre die Suppe so heiß, wie der Schnittlauch frisch, wäre sie richtig gut. Eine ordentliche Portion für 3,50 Euro.
Fleischeslust: Deckengemälde | FleischesBest: „BayernOX“ |
Ein Fleischskandal folgt dem nächsten. Kurze Zeit herrscht heftige Aufregung – dann geht alles wie gewohnt weiter. Dagegen setzen Wirte bekannter Münchner Innenstadtwirtschaften (etwa „Hofbräuhaus“, „Augustiner am Dom“, „Weisses Bräuhaus“) ein Zeichen: Sie gründeten mit Bauern, aber auch mit Gästen die Genossenschaft „BayernOX“, die etwas über Jahrhunderte Selbstverständliches wiederbelebt: Auf den Wiesen um den Chiemsee wird Vieh vernünftig gefüttert, darf auf die Weide. So wissen die Wirtsleut, wo das Fleisch herkommt – und sie erhalten eine bessere Qualität.
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Der „BayernOX“ ist für alle ein Gewinn: Die Bauern (darunter viele Biobetriebe) bekommen einen besseren Preis, und die Wirte müssen für die bessere Qualität nicht einmal die Preise erhöhen, was die Gäste freut. Denn die Bauern der Genossenschaft schlachten und vermarkten selbst, was preistreibende Zwischenhändler ausschaltet. Interessanter Nebeneffekt: Da die Wirte die ganzen Tiere abnehmen müssen, fallen plötzlich auch Teile wie Innereien, Ochsenschwänze an – womit nicht mehr alle Köche vernünftig umgehen können, wie die „Sonntags FAZ“ in einer sehr lesenswerten Geschichte amüsiert schreibt.
Begeistert bin ich von solchen Initiativen. Denn statt ewig gebetsmühlenartig herunter zu leiern, dass sich etwas ändern müsse, ändert sich hier tatsächlich etwas. Natürlich löst das nicht das Problem der industriellen Landwirtschaft, die aus Bauern Betriebswirte macht. Natürlich ist da auch eine Menge Marketing-Getöse dabei. Trotzdem: „Der BayernOX“ verdient viele Nachahmer!
Trio aus Rind, Gemüse und Meerrettich: „Tellerfleisch“
Als „Tellerfleisch“ wird in der bayerischen Küche ein durchwachsenes, gekochtes Stück Rindfleisch bezeichnet – was in einer besseren Qualität Tafelspitz heißt. Mein Tellerfleisch bestand aus zwei Scheiben, die in einer feinen Brühe schwammen. Das Fleisch schmeckte gut, hätte aber ruhig etwas weniger fest sein dürfen. Ordentlich dazu das geraspelte Gemüse, der frische Meerrettich – und ganz ausgezeichnet die dezent fettglänzenden Kartoffeln. Ob mein Fleisch nun vom „BayernOX“ stammt? Eine müßige Frage in einem Gasthaus mit täglich über 30 000 Gästen. Es schmeckte jedenfalls für seine 9,50 Euro korrekt – und manchmal schafft die Küche sogar leichte Höhenflüge, wie etwa ein ausgezeichnetes Wiener Schnitzel.
Hier spielt die Musik: „Hirschwinkler Bauernmusi“
Fazit: Kulinarische Wunder sind hier nicht zu erwarten. Es ist eine solide Küche zu vernünftigen Preisen. Aber es ist wichtig, dass gerade Gasthäuser, die alle Schichten ansprechen, die ein großes Publikum erreichen, wegweisende Initiativen wie den „BayernOX“ unterstützen. Ein kleiner Schritt zu einem großen Ziel: Einer Agrarwende.
Zur Musik: Wer sich für echte Volksmusik interessiert, ist hier richtig. Es spielen ausgezeichnete Kapellen auf zu Landlern, Schottischen und Zwiefachen.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de
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