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Ohne Gewohnheiten wäre unser Gehirn überfordert. Und dennoch – manchmal sind wir anscheinend so sehr in unsere Alltagsgewohnheiten vertieft, dass wir vergessen, was wir tun sollten. Tine beschreibt in ihrer Kolumne, dass Ihr das auch schon bezüglich ihres Diabetes passiert ist.
Vor ein paar Tagen wollte ich mich mit meinem Freund im Stadtzentrum treffen, wir waren zum Mittagessen verabredet. Ich saß in der S-Bahn dorthin, starrte aus dem Fenster und hatte gute Musik auf den Ohren.
Plötzlich registrierte ich die aktuelle S-Bahn-Station, in die wir einfuhren und zuckte zusammen: Ich war aus Versehen schon 4 Stationen zu weit gefahren und hatte es nicht bemerkt, weil es sich so normal angefühlt hatte. In einer großen Stadt ist man da direkt ziemlich weit weg vom eigentlichen Ziel und hat seine Verabredung eine gute Viertelstunde warten lassen. Eigentlich so gar nicht mein Ding.
5 Minuten später schrieb mein Freund mir eine Nachricht und ließ mich wissen, dass er soeben auch zu weit gefahren sei und die Station verpasst habe. Beide hatten vergessen – trotz oder gerade wegen der Gewohnheit. Dabei kennen wir diese Stadt beide sehr gut und wohnen hier schon gefühlt seit immer.
Den Diabetes habe ich noch nicht so lange. 4 Jahre ist er bei mir, trotzdem fühlt sich alles schon sehr nach Gewohnheit an. Man sagt ja auch, dass sich der Körper und der Kopf nach 30 Tagen an etwas Neues im Leben gewöhnt haben und es dann zur Gewohnheit wird. Darüber bin ich schon sehr lange hinaus. Der Diabetes ist Alltag, Gewohnheit und über die Jahre ein Teil von mir geworden.
Ich habe versucht, den Diabetes bestmöglich in mein Leben zu integrieren. Ich weiß, dass ich jeden Abend gegen 23 Uhr mein Basalinsulin spritze, wie ich agieren muss, bevor ich Sport mache, während des Sports und danach, oder was zu tun ist, wenn eine Mahlzeit ansteht. Ich weiß das, und trotzdem oder genau deswegen vergesse ich manchmal regelrecht, dass ich Diabetes habe.
So kam es letztens, dass ich abends vergaß, mein Basalinsulin zu spritzen, und einfach einschlief. Am nächsten Morgen nach der Blutzuckerkontrolle war ich erstaunt und besorgt darüber, wie sich mein Blutzucker nachts verhalten hatte. Dass ich einen Teil meiner Routinen vergessen haben könnte, kam mir nicht mal in den Sinn. Ich versuchte den ganzen Tag, die Werte wieder in richtige Bahnen zu lenken, aber es gelang mir kaum. Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, dass ich vor lauter Gewohnheit vergessen hatte, meine Routinen auszuführen. Fast so wie in der S-Bahn.
Es ist also durchaus wichtig, sich regelmäßig bewusst zu machen, was wir Menschen mit Diabetes im Alltag leisten (müssen) und was alles zu unseren Routinen gehört, damit wir uns gut fühlen können.
Eure Tine
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (7) Seite 40
5 Minuten
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