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Ende Juni war Matthias Steiner, Olympiasieger im Gewichtheben, zum Interview in der Redaktion des Diabetes-Journals. Ein Thema war sein geplanter Umstieg auf eine Insulinpumpentherapie. Er erzählte von den Gründen …
Diabetes-Journal (DJ): Sie haben im Lauf Ihrer Karriere schon überlegt, mit einer Insulinpumpentherapie zu beginnen. Was waren damals die Überlegungen, mit einer Pumpentherapie zu liebäugeln?
Matthias Steiner: Die Pumpe wurde mir fast vom ersten Tag an angeboten. Ein Kollege von meinem Vater, der eine Pumpe hatte, hat sofort gesagt: “Du musst eine Pumpe nehmen, das ist das Beste.” Aber ich war zu dieser Zeit gut eingestellt, das passte alles wunderbar. Nach dem Olympiasieg, als mein Diabetes bekannt wurde, haben mich vermehrt Leute darauf angesprochen – aber da gab es auch die unterschiedlichsten Meinungen.
Das ging sogar so weit, dass Leute mir gesagt haben: Ein Bekannter ist daran gestorben. Ob das stimmt, wusste ich erst einmal nicht, aber vorstellen konnte ich mir das nicht. Mit der Zeit habe ich dann immer mehr herausgehört: Die, die umgestiegen sind, wollen nie wieder etwas anderes machen. Und nun bin ich so weit, dass ich sage: Ja, auch ich. Jetzt habe ich die Zeit dazu und werde ich auch gezwungen, weil ich einfach merke, dass es mir mit der Pentherapie nicht mehr möglich ist, gute Blutzuckerwerte zu erzielen.
DJ: Sie haben sich ja schon intensiv mit der Pumpentherapie befasst. Welche Vorteile erwarten Sie?
Steiner: Ich erwarte mir erst mal, dass das Basalinsulin wegfällt. Denn das macht mir Schwierigkeiten insofern, als ich jedesmal zu einem anderen Zeitpunkt Sport mache oder mich bewege und immer erst mal kalkulieren muss: Jetzt greift das Basalinsulin, jetzt ist eigentlich ein blöder Zeitpunkt. Das stört mich total im Alltag. Ich erwarte also den großen Vorteil, dass der Alltag nicht ganz so geregelt sein muss. Ich versuche schon, regelmäßig zu den gleichen Zeiten zu essen. Aber ich bewege mich momentan in einer Branche, in der man so flexibel sein muss, dass ich es mit Pen nicht mehr hinkriege.
Was weiters dazukommt: Wenn man einen Anzug anhat, das Hemd jedesmal hochziehen, spritzen, bleibt ein Blutfleck usw. – das sind so die Kleinigkeiten, die stören im Alltag. Im Sport hat man nur die Sportklamotten an, da zieht man das T-Shirt schnell hoch – aber bei weißen Hemden, das ist dann schon ungünstig. Auch bei Veranstaltungen, wo das Essen sehr ausgedehnt ist, ist es blöd, wenn man mit Pen arbeiten muss, weil man nie weiß, wie lange der Abend geht. Da erhoffe ich mir von der Pumpe schon eine Riesenbesserung.
DJ: Wann steht der Wechsel an?
Steiner: Die Daten, um die Kostenübernahme für die Pumpentherapie zu beantragen, werden jetzt bei der Krankenkasse eingereicht. Ich wollte eigentlich schon im Mai anfangen, aber die Dokumentation hat nicht gereicht. Ich habe da ein bisschen auf den Promi-Bonus gehofft (grinst). Den gibt es aber nicht bei mir. Aber die Werte sind jetzt doch so … sie sind nicht grottenschlecht, aber sie sind so, dass man nicht drumrum kommt.
Mit dem Tagesablauf, den ich habe, geht das so nicht mehr. Das sieht man nicht nur anhand der Werte, sondern auch anhand der Unregelmäßigkeit, wie ich mich bewege, wie ich aufstehe, wie ich arbeite usw. Also, da gibt’s gar kein Thema – die muss ich kriegen.
DJ: Sie haben gerade gesagt, die Daten werden jetzt eingereicht. Das ist ja auch Ihr Diabetestagebuch. Führen Sie das gern?
Steiner: Ich mache es schon gern. Aber ich habe gemerkt, wenn ich mal zwei Tage nicht dazu kam, dass man richtig Schwierigkeiten hat. Von daher bin ich jetzt konsequent, denn wenn ich das nicht gleich mache, sitze ich nachher viel länger und überlege: Was war vorgestern, was war gestern?
DJ: Nutzen Sie die Aufzeichnungen auch jetzt für Ihre Therapieentscheidungen?
Steiner: Es ist schwer, weil ich die gleiche Woche nicht mehr haben werde. Ein Tagebuch hilft am allermeisten, wenn ich einen sehr geregelten Tagesablauf habe. Aber bei mir ändert sich ja ständig etwas. Es hilft schon, das ist gar kein Thema, aber es hilft bei jedem anders. Am besten ist natürlich, den Tag so geregelt wie möglich zu gestalten, aber das ist halt nicht immer möglich.
Auch deswegen ist es mir wichtig, dass ich so darüber spreche. Denn es nutzt nichts, wenn der Steiner immer nur erzählt, es ist alles super, es ist alles toll – sondern es ist mir auch wichtig zu zeigen, mit welchen Schwierigkeiten auch ich zu kämpfen habe. Ich habe die ganz normalen Probleme, die jeder andere Diabetiker auch hat. Und trotzdem ist es möglich, vieles zu erreichen im Leben.
DJ: Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie an die Behandlung mit der Insulinpumpe denken?
Steiner: Ich freue mich am meisten, wenn sich bestätigt, dass sie mich nachts nicht stört. Aber es hat mir bis jetzt jeder gesagt: Es stört nicht nachts. Und ich bin dann glücklich, wenn die Werte wieder stabiler sind und wenn ich flexibler bin. Wenn ich wieder spontan Sport machen kann, ohne große Mengen vorher essen zu müssen, weil ich das falsche Basal oder zu viel Basal gespritzt habe, weil ich damit nicht gerechnet habe. Das sind die Momente, auf die ich mich freue: Da ruft einer an: “Gehen wir Tennis spielen?” “Ja, kann ich machen.”
Das Interview führten Günter Nuber und Dr. Katrin Kraatz.
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2013; 62 (9) Seite 52-53
5 Minuten
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