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Du triffst die richtige Entscheidung – und verreist einfach mal. Im Gepäck, was sonst, auch Dein Diabetes. Und in der Ferne dann merkst Du auf ganz eigene Art, dass Du nicht allein bist … Lesen Sie einen weiteren teil aus der Kurzgeschichten-Reihe über Nina und den kleinen Melli.
Melli ist ein kleiner Junge, der mit Nina, einer erwachsenen Frau, zusammenlebt. Die beiden geraten im Alltag immer wieder in Konflikt: beim Essen, beim Sport etc. Lena Schuster: “Für mich ist der Diabetes vergleichbar mit dem kleinen Melli, den man oft zu gerne ignorieren möchte, doch das geht leider nicht.
Denn ignoriert man den Diabetes, ist er wie ein schreiendes Kind, das einen nicht zur Ruhe kommen lässt. Kümmert man sich jedoch um den Diabetes, so macht einen das stark – und man erkennt, dass man bereit ist, auch andere Probleme des Lebens zu bewältigen.”
Das war die richtige Entscheidung. Einfach mal raus aus dem Alltag. Einfach mal verreisen”, sage ich verträumt und blicke auf den Eiffelturm. Melli sitzt neben mir und schlürft genüsslich seinen Kakao. Zwei Tage sind wir nun schon in der Stadt der Liebe und wir haben noch lange nicht alles gesehen! So viele Museen gibt es zu entdecken, so viele Parks zu erkunden. Aber egal, wohin man geht, es ist überall schön. Paris hat einfach ein gewisses Flair, ein bestimmtes Lebensgefühl. Es ist wie eine kleine, eigene, wunderschöne Welt, in die man für kurze Zeit eintaucht.
Zufällig haben wir beim Schlendern dieses niedliche Café entdeckt. Sehr verspielt – sehr französisch! Und so sitzen wir nun schon seit zwei Stunden in dem Café und genießen die Zeit zusammen.
Durch Mellis Schmatzen werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Lächelnd schaue ich zu ihm und streichle ihm liebevoll über den Kopf. Auch wenn Melli sehr sturköpfig ist und ich manchmal einfach nur schreiend wegrennen möchte, weil wir wieder endlos diskutieren, habe ich ihn wirklich ins Herz geschlossen. Er ist ein wichtiger Teil meines Lebens geworden, den ich nicht mehr wegdenken kann.
“Melli, ich gehe kurz auf die Toilette”, bemerke ich und begebe mich auf den Weg. Als ich kurze Zeit später zurückkomme, ist der Platz, auf dem Melli gerade noch saß, leer. In Sekundenschnelle überblicke ich das Café, kann ihn aber nirgends entdecken. Panik ergreift mich. Wo ist er hin? Ist mit ihm irgendwas passiert? Vor zwei Minuten war er doch noch da!
Hastig stürme ich zur Kellnerin. Mit meinem gebrochenen Französisch versuche ich, ihr klarzumachen, dass Melli verschwunden ist. Verwirrt schaut sie mich an und sagt irgendetwas auf Französisch. Was? Ich verstehe kein Wort. Meine Hilflosigkeit wird immer größer. Das darf einfach nicht wahr sein! Niemand versteht mich. Keiner kann mir helfen. Paris wird zum Albtraum! Was mach’ ich jetzt bloß?
Die Kellnerin bemerkt meine immer größer werdende Verzweiflung und beginnt, mit ihrer Kollegin zu reden. Einen Moment später kommt ihre Kollegin auf mich zu und spricht mich auf Englisch an. Endlich versteht mich jemand! Ich beschreibe ihr kurz Melli und erkläre ihr, dass er vor etwa 10 Minuten verschwunden sein muss. Trotz ihres sehr starken Akzents begreife ich, was sie mir sagen möchte: Sie zeigt auf einen Park, der sich direkt gegenüber dem Café befindet.
Sofort eile ich aus dem Café und renne zum Park. Melli muss hier irgendwo sein. Aber wo nur? Ängstlich schaue ich mich um. Mein Herz schlägt wie wild. Nach ein paar Sekunden entdecke ich ihn. Ganz ausgelassen spielt er mit einem anderen kleinen Jungen Ball. Erleichtert rufe ich ihn, doch er ist so aufs Spielen konzentriert, dass er mich nicht hört. Freudestrahlend laufe ich zu ihm und schließe ihn in meine Arme.
“Hier bist du! Ich hab dich überall gesucht”, flüstere ich ihm liebevoll zu. Melli sieht mich an und sagt vergnügt: “Nina, ich habe einen Freund gefunden. Paul ist so wie ich.” Irritiert reagiere ich: “So wie du? Was meinst du damit?” Da kommt eine Frau auf mich zu und stellt sich mir vor. Mit einem freundlichen, herzlichen Lächeln erklärt sie mir, dass sie auch Diabetes hat.
Reisen ist ein wichtiges Thema, denn einfach spontan und planlos loszufahren ist nicht möglich. Es muss genügend Insulin und weiteres Zubehör eingepackt werden. So fühlt man sich vielleicht in einem fremden Land alleingelassen.
Doch eins ist klar: Überall auf der Welt gibt es Diabetiker! Und so reist Nina mit Melli nach Paris und lernt durch Zufall eine andere Frau kennen, die auch Diabetes hat. Wir müssen uns vor Augen halten, dass Diabetes etwas ganz Normales ist. Etwas, das es auf der ganzen Welt gibt. Wir sind nicht allein!
von Lena Schuster
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Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (8) Seite 40-41
5 Minuten
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