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Sie haben medizinische und/oder psychosoziale Fragen bezüglich Kindern und Jugendlichen mit Diabetes? Die Experten des Diabetes-Eltern-Journals geben Ihnen Antwort!
Familie M: Unser Sohn Ben (8 Jahre) hat vor zwei Jahren Diabetes bekommen, unsere Tochter Mia (2 Jahre) ist gesund. Bei der letzten Vorsorgeuntersuchung von Mia (U 7) hat uns unsere Kinderärztin vorgeschlagen, dass wir Mia kostenlos darauf testen lassen können, ob sie später Diabetes bekommen wird. Es handelt sich um eine Studie bei uns in Bayern. Wir sind uns nicht sicher, ob uns die Studie helfen kann. Wir möchten für Mia aber auch nichts verpassen. Was würden Sie uns raten?
Prof. Lange: Ihre Kinderärztin hat Ihnen diese Untersuchung als Teil eines bayernweiten Forschungsprojekts (Fr1da-Studie) angeboten, das auf lange Sicht Wege finden soll, wie der Typ-1-Diabetes verhindert oder zumindest besser behandelt werden kann. Heute wissen wir, dass der Diabetes schon dann beginnt, wenn im Körper Antikörper gegen die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse entstehen. Das passiert meist in den ersten fünf Lebensjahren und damit oft lange, bevor es erste Anzeichen des Diabetes gibt.
Später bei der Diabetesmanifestation sind fast alle Betazellen zerstört und ein Kind braucht lebenslang Insulin. Die Idee der Studie besteht darin, Kinder schon dann zu behandeln, wenn sich erste Antikörper im Blut zeigen, aber fast noch alle Betazellen Insulin produzieren. Bei diesen Kindern soll erprobt werden, ob und wie es möglich ist, die Betazellen vor der Zerstörung zu bewahren.
Durch die Teilnahme an der Studie würden Sie erfahren, ob Mia bereits solche Antikörper hat (Antikörper positiv) oder nicht (Antikörper negativ). Antikörper negativ würde bedeuten, dass Mia in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich keinen Diabetes bekommen wird. Das könnte Sie etwas beruhigen. Antikörper positiv würde bedeuten, dass Mia eine frühe Form des Diabetes hat, der noch zu keinen Anzeichen führt. Der Vorteil wäre für Sie, dass Sie Kontakt zu einem erfahrenen Diabeteszentrum erhalten und dort so geschult werden, dass Mia ganz langsam in die Therapie hineinwachsen kann und vor einer bedrohlichen Manifestation (mit einer Ketoazidose) geschützt wird.
Ein wichtiger Nachteil für Ihre Familie wäre das Wissen um den Diabetes, der sich bei Mia in ein paar Jahren bemerkbar machen wird. Die “unbeschwerten” Jahre, in denen Sie noch das Gefühl haben, Mia sei kerngesund, würden Ihnen durch ein positives Testergebnis verloren gehen.
Hier möchte ich Sie als Eltern bitten, zwischen den Vor- und Nachteilen abzuwägen: Würde es Sie sehr belasten oder sogar aus der Bahn werfen, wenn Sie wüssten, dass Mia auch Diabetes bekommen wird? Dann warten Sie lieber ab, was das Schicksal bringen wird. Wäre es dagegen für Sie wichtig, früh handeln und etwas zur Verbesserung der Diabetestherapie in Zukunft tun zu können, dann sollten Sie mit Ihrer Kinderärztin über eine Teilnahme sprechen. In den meisten Fällen wird das Testergebnis “Antikörper negativ” sein, die wenigen Kinder, die “Antikörper positiv” sind, haben die Chance auf eine gute Behandlung von Anfang an.
von Prof. Dr. Karin Lange
Diplom-Psychologin, Leiterin Medizinische Psychologie, Medizinische Hochschule Hannover
Kontakt:
E-Mail: Lange.Karin@MH-Hannover.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2015; 8 (2) Seite 25
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