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Zugegeben, ein ziemlich großer Teil von mir hatte die Befürchtung, der Diabetes und ich würden schnell wieder in das altbekannte Schweigen verfallen. Immerhin war es vielleicht der erste DIAlog, aber bei weitem nicht der erste Versuch, miteinander zu leben. Und davor war ich doch immer irgendwann gescheitert, also warum diesmal nicht auch?
Ich schrieb und schrieb und schrieb und jedes Mal mit ein wenig mehr Angst davor, dass alles am Ende nur eine Lüge sein würde. Dass ich mir letztlich nur was vormachen würde.
Jetzt schreibe ich erneut, und diesmal weiß ich, dass meine Gefühle, mein Bestreben, aber eben auch meine Sorgen nichts anderes als Realität sein können. Gleichzeitig habe ich nicht das Wunder gefunden, das ich mir lange gewünscht habe.
Ich habe mich oft gefragt, warum ich als Kind anscheinend so viel weniger Probleme mit dem Diabetes hatte, als es danach der Fall war. Das war doch absurd, oder nicht? Wenn ich mit acht Jahren überfordert mit dieser Verantwortung gewesen wäre, dann hätte das jeder verstanden. Dass ich ein Jahrzehnt später um Kontrolle kämpfe, konnte ich manchmal selbst nicht verstehen.
Aber mit dem Diabetes zu reden, bedeutete auch, langsam zu verstehen, wer er wirklich ist. Bedeutete zu realisieren, dass der Diabetes immer das Kind bleiben wird, dass ich selbst nicht mehr bin. Früher war ich seine Spielgefährtin, heute passe ich auf ihn auf. Früher war es fast schon faszinierend, heute ist es oft ermüdend. Aber was früher funktioniert hat, kann es heute auch noch tun. Und wenn man die Tür nicht mehr findet, dann läuft man halt so lange gegen die Wand, bis diese nachgibt. Ein Loch in der Wand ist vielleicht ästhetisch fragwürdig und der Durchzug ein wenig nervig, aber es erfüllt seinen Zweck.
Was ist also die Bilanz nach einem Jahr? Ich habe kein Wunder, keine Tür und offensichtlich immer noch einen besorgniserregenden Drang zu Selbstgesprächen.
Aber ich fühle mich wohler. Nicht mehr erdrückt vom Diabetes, nicht mehr so unbeschreiblich hilflos und vor allem nicht mehr alleine.
Es hat eine ganze Weile gedauert, doch wenn ich jetzt meine Werte auslese, dann nicht mehr voller Frust, sondern mit Neugier, weil ich die Entwicklung sehen möchte. Und es ist wirklich eine schöne Entwicklung.
Tatsache ist: Es gibt die schlechten Tage noch zur Genüge. Es gibt schlechte Tage und sie sind mies und anstrengend, und ich will mich währenddessen unter meiner Decke vergraben und für immer dort bleiben. Es gibt schlechte Tage, und es werden noch einige folgen – aber sie werden auch vorübergehen, denn aus schlechten Tagen werden nicht mehr schlechte Wochen, schlechte Monate, schlechte Jahre.
Es sind schlechte Tage, und sie passen perfekt in die Reihe voller semi-akzeptabler oder Wer-wagt-es-sich-mit-mir-anzulegen- oder Hey-es-ist-gut-so-Tage.
Deswegen ist das hier auch nicht das Äquivalent zur letzten Folge einer Serie mit einem kitschigen Happy End. Ich laufe nicht mit dem Diabetes händchenhaltend dem Sonnenuntergang entgegen. Es ist lediglich ein Staffelfinale – eine ruhige, beständige, ganz zufriedene Momentaufnahme. Ein DIAlog ohne einen Dialog, weil endlich für einen Moment alles ausgesprochen ist.
Also schweift die Kamera mit ein bisschen Musikgeklimper von den Hauptdarstellern (aka meine Wenigkeit und die komische Gestalt mit Brokkolifrisur daneben) zum halb-renovierten Diabeteshaus.
Und kurz bevor das Bild schwarz wird, hört man mich dann doch noch die Stille durchbrechen und schreien: „Das ist jetzt nicht dein Ernst!“
Man ahnt schon, dass der Diabetes erneut irgendeine Dummheit angestellt hat, denn der Diabetes ist wohl eine der wenigen Sachen, bei denen man immer weiß: Fortsetzung folgt.
Den vorherigen DIAlog findet ihr hier: DIAlog 6 – die Quarantäne
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