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Leicht ist es nicht, das Glück zu finden. Es gibt ja oft auch Gründe, mit seinem Schicksal zu hadern, sich unzufrieden und unglücklich zu fühlen – der Diabetes kann einer dieser Gründe sein. Wie kann es trotzdem gelingen, Glück zu erleben, glücklich zu sein? Kann man Glück sogar lernen? Gibt es ein Patentrezept? Und was hat das alles mit dem Segeln zu tun? Lesen Sie dazu ein Interview mit dem Psychotherapeuten Dr. Volker Reinken.
Das Glück liegt immer im Auge des Betrachters. Es kommt auf die Einstellung an, mit der man Dinge tut oder erlebt. Wissenschaftlich gesehen unterscheiden Glücksforscher zwischen dem Zufallsglück, etwa einem Lottogewinn, und dem Lebensglück, also dem Glücksgefühl. Und es gibt, wenig poetisch, die Biochemie -Definition: Dopamin, Serotonin, Endorphine, Noradrenalin – die Stoffe, die biochemisch Glücksgefühle erzeugen.
Wenn uns andere sagen: “Du müsstest doch eigentlich glücklich sein” und man ist es nicht, bringt uns das nicht weiter – letztlich entscheiden wir nämlich selbst, ob wir glücklich sind. Im “World Happiness Report” wird konkret nach Glücksfaktoren gefragt. Dinge wie Arbeitszufriedenheit, Sicherheit, die Lebenserwartung, ob man verlässliche Menschen um sich hat und freie Entscheidungen treffen kann. Für eine andere, europaweite Studie wurden Menschen direkt befragt und es wurde herausgefiltert, dass Menschen in einer guten Partnerschaft, mit Kindern und mit einem guten Einkommen die glücklichsten sind. Im “World Happiness Report” hingegen zeichnet sich ein klares Nord-Süd-Gefälle ab.
Ja, von Kindesbeinen an! Es gibt ein Zitat von Karl Valentin: “Wir brauchen unsere Kinder nicht zu erziehen, sie machen uns sowieso alles nach.” Tiefenpsychologisch gesehen bekommen wir vieles von unseren Eltern mit. Wir werden geprägt durch ihre Haltung uns und dem Leben gegenüber. Wenn jemand ständig hört: “Pass auf, die Welt ist schlecht und sei vorsichtig”, dann erzeugt das bei Kindern viel eher Unsicherheit und Alarmbereitschaft. Wenn viel Urvertrauen herrscht und Eltern vorleben, dass das Glück in kleinen Dingen liegt und nicht im großen Wurf, auf den man ewig wartet und den man sowieso nie vollkommen erreichen kann, erzeugt das eine andere Prädisposition beim Kind. Wer es schafft, sich an kleinen Dingen zu erfreuen, der hat schon von vorneherein ein ganz anderes Lebensgefühl.
Absolut. Nicht alles setzt sich zwingend durch, aber es gibt nachweislich eine genetische Komponente. Eine eher pessimistische oder eher optimistische Einstellung wird in Familien weitergegeben.
Natürlich kann man versuchen, seine Ansichten zu ändern. Manche Menschen haben die Angewohnheit, Katastrophen quasi herauf zu beschwören. Schlechte Gedanken bei sich selber zu bemerken und sie zu stoppen, kann man aber lernen. Patienten rate ich zum Beispiel, ein Goldblättchen-Tagebuch zu führen, indem sie Glücksmomente notieren. Das hilft, ein anderes Bewusstsein für Glück zu schaffen. Insgesamt ist es aber komplexer. Es geht um einen Lebensentwurf, auch im Sinne einer Work-Life-Balance. Dazu gehört, dass man sich um sich selbst kümmert, die eigenen Leistungsgrenzen respektiert, für gutes Essen und Bewegung sorgt, für ausreichend Schlaf. Es geht auch um die Frage: Wie stehe ich in Beziehung zu meinen Mitmenschen? Wie ist mein soziales Netz, das mich stärkt? Wie fähig bin ich, mit Konflikten umzugehen? Die dritte Ebene ist die Frage nach dem Sinn: Was macht mein Leben aus und wo möchte ich hin? All das sind Komponenten für ein glückliches Leben.
Ja und Nein. Man sollte sich Ziele setzen und überlegen, was man aus seinem Leben machen möchte. Allerdings man muss in der Lage sein, mit dem Strom zu gehen, sich und seinen Plan zu verändern und lernen, Dinge so anzunehmen, wie sie sind. Ich vergleiche das gern mit dem Segeln: Man möchte ein bestimmtes Ziel ansteuern, aber die Windrichtung ändert sich – dann kann es sein, dass ich einen ganz anderen Kurs fahren muss, weil sich der Wind gedreht hat. So ist das auch im Leben.
Nein. Das funktioniert leider nicht. Das ist wie mit der Liebe: Anfangs hat man ein Hochgefühl des Verliebtseins, das sich aber im Laufe der Zeit verflüchtigt und durch ein tieferes Gefühl von Liebe, Verbundenheit und Vertrauen ersetzt wird.
Sehr. Die Frage ist: Wie viel kann ein Mensch tragen? Harte Schicksalsschläge wirken sich zwangsläufig auf das persönliche Glück aus. Da kommt es darauf an, wie man das verarbeiten kann und wie man damit umgeht. Wichtig ist außerdem die sogenannte Resilienz: Wie sehr habe ich gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen? Jemand, dem als Kind alles abgenommen, der in Watte gepackt und ständig bevorzugt wurde, hat es sicherlich schwieriger im Leben als jemand, der schon als Kind gefordert wurde. Nichtsdestotrotz muss man sagen: Es gibt bei jedem Grenzen des Ertragbaren.
Ja. Dafür haben wir eigene Nerven, die sogenannten Spiegelneuronen. Sie sorgen dafür, dass wir fühlen, was ein anderer fühlt – Empathie also.
Darin liegt meiner Ansicht nach ein wesentlicher Aspekt des eigenen Empfindens von Glück: Jeder strebt danach, glücklich zu sein. Sich dabei gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, kann wiederum sehr beglückend sein. Es gibt viele Möglichkeiten im Alltag: Jemandem die Tür aufhalten, kleine Geschenke oder gemeinsam Zeit zu verbringen. Letzteres ist für uns Menschen ein Grundbedürfnis. Wichtig sind auch Lob und Bestätigung. Nicht so viel darüber nachzudenken, wo ich selbst gelobt werden könnte, sondern vielmehr schauen, für was kann ich den anderen loben? Wie kann ich ihn bestätigen in dem, was er tut? Wenn man das berücksichtigt und umsetzt, erhält man in der Regel ganz viel zurück!
Quelle: Pressemitteilung der Helios Privatklinik Allgäu vom 10. September 2015
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