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Keine Frage: Wer Insulinpumpen nicht kennt, weiß nicht, was wir Diabetiker da mit uns herumtragen. Besonders lustig war die Reaktion eines neuen Kollegen, als ich – damals mit Pumpe am Hosenbund und sichtbarem Schlauch – eine Plastikblume als Schmuck an meiner Bluse getragen habe: Er dachte allen Ernstes, es handle sich um eine Clowns-Scherzartikel-Blume, die ihr Wasser über den Schlauch aus dem Kästchen an meinem Gürtel speist, um andere Leute vollzuspritzen!
Verschluss-Alarm bei meinem Omnipod. Mitten in einem Bundesliga-Fußballspiel im HSV-Stadion. Kein Problem, ich ziehe Insulin für einen neuen Pod auf – und bemerke einen interessierten Blick meines Sitznachbarn, der so alkoholisiert ist, dass er in meiner Spritze offenbar Drogen vermutet. Er zwinkert mir vermeintlich solidarisch-wissend zu. Ich ganz nüchtern: „Das ist Insulin.“ „Jaja“, winkt er ab, „das würde ich jetzt auch behaupten.“ Grinst nochmal, nimmt noch einen Schluck Bier und konzentriert sich wieder aufs Spiel.
Die Stiefmutter eines Ex-Freundes war sich sicher: Ich habe als Kind zu viele Süßigkeiten gegessen und deshalb jetzt Typ-1-Diabetes. Das hat sie vehement und bei jedem Treffen behauptet, sachliche Gegenargumente und medizinische Hintergründe ignorierte sie genauso vehement. Irgendwann war der Ex-Freund Geschichte – und die ständige Wiederholung ihrer „Diagnose“ damit zum Glück auch …
Sie sind immer lieb gemeint, trotzdem überflüssig, bieten aber immerhin Unterhaltungswert: Hinweise von Freunden und Bekannten, wie Typ-1-Diabetes geheilt werden kann. Mal ist es ein Link zu einem 60-minütigen Youtube-Video über „Green Smoothies“, die Wunder bewirken sollen, mal ein Vortrag über „Hafertage“ als spezielle Diät, die man drei Tage im Monat einlegen müsse …
Ich habe mir angewöhnt, in geschäftlichen Runden hin und wieder einen Diabetes-Witz zu machen. Fragt mich ein (neuer) Geschäftspartner: „Zucker zum Kaffee?“, antworte ich: „Danke, habe ich schon.“ Die Reaktionen zu beobachten von ehrlichem Interesse über betretenes Schweigen bis hin zu völligem Unverständnis, weil ich doch definitiv noch keinen Zucker in meinem schwarzen Kaffee habe, ist Gold wert!
Ja, es gibt sie wirklich: andere Diabetiker. Nicht nur hier in der Blood Sugar Lounge, auch im echten Leben trifft man sie. Meine Lieblingsbegegnung: Als Automobiljournalistin habe ich den (damals) neuen Citroën DS5 in Südfrankreich getestet. Eine andere Journalistin, die bis dahin schon stundenlang mit mir im Testwagen durchs Gebirge gefahren ist, sieht beim Fahrerwechsel meine Insulinpumpe, grinst, zieht ihr T-Shirt hoch und entblößt ebenfalls eine Pumpe. Statt über Autos haben wir auf der weiteren Fahrt dann erstmal über Diabetes gesprochen.
Ich liebe Thai-Massagen. Meistens. Denn einmal hat eine der asiatischen Masseurinnen in meinem Lieblings-Studio erst neugierig nach meiner Patchpumpe gefragt – um dann die gesamten 30 Minuten Massagezeit zu quasseln. Über ihren übergewichtigen Ehemann mit Typ-2-Diabetes. Über sein amputiertes Bein. Über seine schlecht heilenden Wunden. Über seine Durchblutungsstörungen. Vielen Dank auch, die Erholung war dahin.
All-inclusive-Urlaub in Ägypten: Der nette, aber etwas aufdringliche Pool-Boy zeigte eines Tages auf meinen Omnipod und fragte, was das sei. Seine Vermutung: ein Verhütungsmittel! Ob ihn die Patch-Pumpe tatsächlich an ein Hormonimplantat erinnert hat oder ob er lediglich nach einem kreativen Flirt-Einstieg gesucht hat, weiß ich nicht. Made my day!
Sicherheitskontrolle beim Stopover in Dubai: Ein bewaffneter Araber des Sicherheitspersonals fand meine Insulinpumpe mit Katheter offensichtlich verdächtig. Er verstand meine Erklärungen auf Englisch nicht, also zog ich mein T-Shirt nach oben, um ihm den medizinischen Grund meiner „Kabel“ zu verdeutlichen. Fehler! Er schrie mich an, fuchtelte mit seinem Gewehr herum und brachte mich lautstark gestikulierend in einen kleinen, dunklen Raum … Einem Muslim als Frau in aller Öffentlichkeit den nackten Bauch zu zeigen, war vermutlich nicht sehr schlau. Zum Glück klärte sich alles auf und ich erreichte meinen Anschlussflug rechtzeitig.
Besonders rührend: meine 83-jährige Oma. In regelmäßigen Abständen fragt sie besorgt nach, ob es jetzt schon etwas besser sei mit meinem Typ-1-Diabetes. „Das muss doch mal besser werden und weggehen“ – da ist sie sich sicher. Nein, Oma, das ist eine chronische Krankheit und die bleibt. Das hört sie – und fragt beim nächsten Mal trotzdem wieder: „Ist es inzwischen schon besser?“
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