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Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) fordert, dass die Prävention von nicht-übertragbaren Krankheiten wie Diabetes von der Politik ebenso aktiv vorangetrieben werden müsse, wie es derzeit bei COVID-19 der Fall ist. Prävention sei immer eine Investition in die Zukunft, die sich gesamtgesellschaftlich auszahlen werde. Das gelinge derzeit nur unzureichend, daher müsse die Diabetesprävention gestärkt und das Präventionsgesetz weiterentwickelt werden, auch unter Einbindung der Expertise von Fachverbänden.
Neun Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland haben derzeit einen Typ-2-Diabetes, mit steigender Tendenz. Die Betroffenen haben ein erhöhtes Risiko auch andere Krankheiten zu entwickeln – Herzinfarkt, Schlaganfall, Niereninsuffizienz oder Erblindung gehören zu den häufigsten Folgen. Das reduziert die Lebensqualität dieser Menschen dramatisch und verursacht erhebliche Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem, mahnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer Pressemitteilung.
Allerdings könnte selbst bei Menschen mit hohem Diabetesrisiko dieses um die Hälfte reduziert werden, was jedoch nur über gesamtgesellschaftliche Maßnahmen (Verhältnisprävention) und gezielte individuelle Präventionsmaßnahmen (Verhaltensprävention) gelinge. Die Lebenswelten der Bevölkerung – vom Kindergarten, über die Schule, bis hin zur Arbeit sowie im alltäglichen Umfeld wie z.B. im Supermarkt, bei der Stadtplanung oder auch in den täglich konsumierten Medien – müssten daher so gestaltet sein, dass es leichtfällt, sich gesund zu ernähren und mehr zu bewegen.
„Alle bisherigen Präventionsanstrengungen sind gescheitert, weil sie nicht die Menschen erreichen, die sie erreichen sollten. Sonst würde die Zahl der Erkrankten nicht ungebremst steigen“, kritisiert Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG. „Deswegen müssen wir die Verhältnisse ändern, indem wir beispielsweise eine verbindliche Lebensmittelkennzeichnung und eine ‚gesunde Mehrwertsteuer‘ einführen, die gesunde Lebensmittel mit geringem Anteil an Zucker, Fetten und/oder Salz steuerlich entlastet. Nur so erreichen wir auch die sozial benachteiligten Menschen, die ein deutlich erhöhtes Risiko haben, an Diabetes zu erkranken.“
Denn Diabetes sei keine Wohlstandskrankheit. „Erfolgreiche Prävention sollte bereits im Kindes- und Jugendalter beginnen: Aus diesem Grund fordern wir schon seit Jahren, dass Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richtet, verboten wird und stattdessen Bewegung und gesunde Ernährung in Kita und Schule gestärkt werden“, so Bitzer weiter.
Auch individuelle Präventionsmaßnahmen müssten besser werden: „Hier können wir mittlerweile diejenigen beispielsweise mit einem Prädiabetes zuverlässig erkennen, die das höchste Risiko haben, einen Diabetes zu entwickeln“, betont Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG. Für diese Hochrisikopatienten bedürfe es dann individueller Konzepte, wie sie ihren Lebensstil verändern sollen und auch können.
Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) arbeitet bereits seit Jahren daran, solche Risikogruppen zu identifizieren. Mittlerweile wisse die Wissenschaft genau, wer auf welche Präventionsmaßnahme positiv reagiert und wer nicht. „Heute haben wir eine präventive Unterversorgung bei den Hochrisikogruppen und eine Überversorgung bei jenen, die nie einen Diabetes entwickeln werden“, stellt Fritsche fest, der für das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) an der Universität Tübingen die Prädiabetes Lebensstil Intervention Studie (PLIS) begleitet.
Dieses Präventionsdilemma müsse bei der Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes berücksichtigt werden. Denn allgemein gehaltene Maßnahmen passen in der Diabetologie nicht, kritisiert Fritsche, und fordert die Politik auf, beim Thema Prävention die Expertise des DZD und der DDG einzubinden. Außerdem müsse auch die Politik lernen, dass Prävention nicht das Thema eines Ressorts sei, sondern Gesundheits-, Wissenschafts-, Sozial- und Landwirtschaftspolitik gleichermaßen betreffe.
Wichtig sei es außerdem, nicht nur die Primärprävention – die Vermeidung von Diabetes – zu verbessern, sondern auch die Sekundärprävention: die Vermeidung der Folgeerkrankungen, die durch einen Diabetes auftreten können und die zu einer verkürzten Lebenszeit führen. Auch hier wisse die Wissenschaft mittlerweile, wer welche Folgeerkrankungen entwickeln wird, so dass die gesamte Versorgung zielgerichtet gestaltet werden könne.
Menschen mit Typ-2-Diabetes leben häufig lange mit behandlungsbedürftigen, gesundheitlichen Einschränkungen, Komplikationen nehmen im Laufe der Zeit zu und die Lebensqualität sinkt, heißt es abschließend in der Mitteilung. Aber auch diese Entwicklung lasse sich durch Prävention vermeiden oder zumindest verlangsamen. „Da weiterhin tatenlos zuzusehen, können wir als Gesellschaft nicht akzeptieren“, so Fritsche.
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) | Redaktion
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