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Der „Diabetes-Papst“ lebt nicht mehr – Professor Dr. Hellmut Mehnert ist am 27. Januar, wenige Wochen vor seinem 95. Geburtstag am 22. Februar, gestorben. Ein „von viel Glück erfülltes Leben“, so seine eigenen Worte, und ein dem Diabetes gewidmetes Leben – in dem die Familie aber immer eine noch wichtigere Rolle spielte, wie er in seiner Autobiographie schreibt, – ist damit zu Ende gegangen.
Hellmut Mehnert, geboren 1928 in Leipzig, kam in seiner Familie bereits sehr früh mit Diabetes in Berührung: Beide Eltern und ein Großvater hatten Typ-2-Diabetes. Sein Vater war Arzt, seine Mutter Arzthelferin, die Praxisräume waren im selben Stockwerk wie die Wohnung der fünfköpfigen Familie.
Seine berufliche Laufbahn begann Hellmut Mehnert nach dem Krieg und seiner Internierung in den Jahren danach im Jahr 1949 in München. Das Studium der Medizin beendete er im Sommer 1954 mit der Promotion und kam – durch Zufall und eher gegen seinen Willen – während seiner Weiterbildung zum Internisten in die Diabetikerambulanz der Münchner Medizinischen Universitätspoliklinik. Das Thema Diabetes ließ ihn danach nie wieder los. Viel tat sich in den 1950er-Jahren in diesem Gebiet: Die ersten oralen Antidiabetika, also blutzuckersenkende Tabletten, wurden entdeckt. Der junge Hellmut Mehnert wirkte an ersten Studien mit, in denen diese Antidiabetika erprobt wurden. Ein Aufenthalt als Gastarzt in der Joslin-Klinik in Boston in den USA vertiefte sein Interesse an der Diabetologie. Die Joslin-Klinik war „die damals mit Abstand führende Diabetesklinik in der Welt“, wie Hellmut Mehnert in seiner Autobiographie schreibt.
Nach weiteren Stationen wurde der Internist im Jahr 1966 Chefarzt der III. Medizinischen Abteilung im Krankenhaus München-Schwabing. Im gleichen Jahr heiratete er: „Rike war und ist der Glücksfall meines Lebens.“ Bis zum Jahr 1972 wuchs die Familie, vier Töchter kamen auf die Welt. Seine Frau und die Kinder spielten in seinem privaten wie auch in seinem beruflichen Leben immer eine wichtige Rolle.
Ein Meilenstein der Diabetologie war das weltweit größte Diabetes-Screening im Jahr 1967, das Hellmut Mehnert auf den Weg brachte. Alle Münchner erhielten damals einen Harnzuckerteststreifen zum Messen der Zuckerausscheidung im Urin. 72 Prozent der Münchner Bevölkerung schickten den benutzten Teststreifen und einen Fragebogen zurück – und es zeigte sich, dass deutlich mehr Menschen einen Diabetes hatten, als bis dahin bekannt war.
Der Diabetologe mit Herzblut hatte zahlreiche Positionen inne. 1966 wurde er Vorstand der Forschergruppe Diabetes im Institut für Diabetesforschung am Krankenhaus München-Schwabing. 1968 erfolgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor und 1974 zum persönlichen Extraordinarius an der Universität München. Von 1964 bis 1990 war er Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Diabetes-Experten-Komitee der Weltgesundheitsorganisation. 1973 übernahm er die Präsidentschaft der Deutschen Diabetes Gesellschaft und 1975 war er Präsident des Kongresses der Europäischen Diabetes-Gesellschaft. Weitere Positionen waren unter anderem die Präsidentschaft der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, die Präsidentschaft der Deutschen Diabetes-Union und der Vorsitz des deutschen Dachverbandes Endokrinologie/Diabetologie. 1998 stiftete er den Hellmut-Mehnert-Preis für die Erforschung des Diabetes und seiner Komplikationen unter der Schirmherrschaft der UNESCO und der Deutschen Diabetes-Union. Daneben publizierte er zahllose Artikel, Kapitel und Bücher. Im Jahr 2003 erhielt er mit der Paracelsus-Medaille die höchste Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.
Er war ein hoch engagierter, vielfach ausgezeichneter Diabetologe, der den Menschen mit Diabetes und auch dem Kirchheim-Verlag eng verbunden war.
Früh in seiner Diabetes-Laufbahn wurde Hellmut Mehnert Mitglied der Chefredaktion des „Diabetes-Journals“ und blieb der Zeitschrift für Menschen mit Diabetes über Jahrzehnte treu. So half er dabei, Wissen über Diabetes in die Breite zu tragen und mit dem Diabetes informierter und besser leben zu können. In den jährlich stattfindenden Redaktionskonferenzen für das „Diabetes-Journal“, die er immer sehr engagiert leitete und moderierte, zeigte sich dieses Hinwenden zu den Patientinnen und Patienten sehr deutlich. Auch im Expertenbereich hat der Kirchheim-Verlag mit diesem renommierten Diabetologen über Jahrzehnte intensiv und freundschaftlich zusammengearbeitet. Der Kirchheim-Verlag hat ihm – nicht nur in dieser Hinsicht – viel zu verdanken.
Hellmut Mehnert war auch ein sehr humorvoller Mensch – obwohl er an einem Aschermittwoch geboren worden war, an dem bekanntlich die humorvollen Tage erst einmal vorüber sind. Gern nahm er in verschiedensten Verkleidungen, zum Beispiel als „Kalif in München“, sich selbst und die Mitarbeitenden in seiner Klinik auf die Schippe.
So werden wir alle ihn in guter und freundschaftlicher Erinnerung behalten.
Dr. Katrin Kraatz
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