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Quasi offiziell ist Diabetes jetzt zur Daten-Krankheit ernannt worden. So jedenfalls kann man eine Begründung lesen, die das Bundesgesundheitsministerium in ihrem im Juni vorgelegten Referentenentwurf zum "Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens" nennt. In diesem "Digital-Gesetz" sollen unter anderem digitale Versorgungs-Prozesse in strukturierten Behandlungsprogrammen ermöglicht werden, sprich, es sollen Digital-DMPs entwickelt werden. Als Indikationen dafür wurden Typ-1- und Typ-2-Diabetes ausgewählt. Bei deren Behandlung kämen bereits heute vielfältige Formen digitaler Unterstützung zum Einsatz. Die Therapie sei stark Daten-getrieben und habe in den vergangenen Jahren eine hochdynamische technologische Entwicklung im Bereich der Hilfsmittel und der digitalen Anwendungen für Patienten gesehen, so steht es in der Begründung des Gesetzes. "Es sind umfangreiche Reservoirs mit Patienten-Daten und vielfältige neue Möglichkeiten für die Auswertung der Daten und für die personalisierte Therapiesteuerung entstanden, welche an die technischen Systeme der Leistungserbringer bisher nicht angebunden sind und deren Nutzung für die Behandlung in den strukturierten Behandlungsprogrammen für Diabetes bisher wenig bis keinen Niederschlag gefunden haben", schreiben die Ministerialen im Entwurf des Digital-Gesetzes.
Laut Entwurf soll der für die Entwicklung der Anforderungen an die Disease-Management-Programme zuständige Gemeinsame Bundesausschuss in die entsprechenden Richtlinien innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes jeweils ergänzend die Ausgestaltung der DMPs mit digitalisierten Versorgungs-Prozessen regeln. Zur Verbesserung des Behandlungs-Ablaufs und der Qualität der medizinischen Versorgung sei insbesondere zu regeln die Nutzung
Die derart um digitalisierte Versorgungs-Prozesse erweiterten DMPs sollen den Versicherten neben den bestehenden Programmen angeboten werden, die Teilnahme für die Versicherten bleibt wie schon bei klassischen DMPs freiwillig.
Der Referenten-Entwurf des Digital-Gesetzes ist nicht allein gekommen. Zeitgleich hat das Bundesgesundheitsministerium auch einen Entwurf für ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz vorgelegt, kurz GDNG. Einen direkten Diabetes-Bezug gibt es hier nicht, doch das Fehlen einer guten Datengrundlage zur Bewertung und Planung der Versorgung ist ein auch aus der Diabetologie oft kritisiertes Manko. In der Gesetzes-Begründung des Entwurfs nimmt auch das Ministerium hier kein Blatt vor den Mund: Austausch und Nutzung von Gesundheits-Daten seien zwar Schlüsselfaktoren für eine qualitativ hochwertige Versorgung, "eine Nutzung scheitert aktuell häufig an unterschiedlichen Regelungen zu Zugang und Datenschutz im Europäischen-, Bundes-, Landesrecht sowie an einer uneinheitlichen Rechtsauslegung durch Datenschutzbeauftragte und Aufsichtsbehörden", heißt es im Portal netzpolitik.org.
Im GDNG ist als erster Schritt der Aufbau einer nationalen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorgesehen. Sie soll eine zentrale Funktion in der nationalen Gesundheitsdaten-Infrastruktur übernehmen und Mittler zwischen Daten-haltenden Stellen und Daten-Nutzenden werden sowie koordinierende Aufgaben bei Anträgen auf Daten-Verknüpfung übernehmen. Weiterhin ist im Gesetzentwurf die Ermöglichung einer Verknüpfung von Daten des Forschungs-Datenzentrums Gesundheit und der klinischen Krebsregister geplant. Zur Stärkung des Gesundheits-Datenschutzes sollen personenbezogene Gesundheits-Daten auch durch die Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für mit Gesundheits-Daten Forschende und eines Beschlagnahmeverbots für Gesundheits-Daten geschützt werden, zudem soll ein "Forschungsgeheimnis" ins Strafrecht eingeführt werden.
Nicht nur Forschende (auch der Pharmaindustrie) sollen Gesundheits-Daten zum Wohle der Bürger nutzen dürfen, auch für die Kranken- und Pflegekassen sieht der Gesetzentwurf Nutzungsmöglichkeiten vor – und die sind umfangreich: Unter der Überschrift "Automatisierte Verarbeitung zu Zwecken des Gesundheitsschutzes" soll den Krankenkassen eine Daten-gestützte Auswertung zum individuellen Gesundheitsschutz der Versicherten, zur Verbesserung der Versorgung und zur Verbesserung der Patienten-Sicherheit erlaubt werden. Sie können dafür ihre Versicherten individuell ansprechen, eine Einwilligung der betroffenen Person ist nicht nötig, wenn diese Verarbeitung im Interesse der Versicherten ist; der Gesetzentwurf nennt dafür konkrete Beispiele, enthält aber auch eine allgemeinere Rechtfertigung, die interpretierbar ist. Die Versicherten müssen über solche Auswerte-Maßnahmen vor Beginn informiert werden und können ihr aktiv widersprechen. Sofern bei einer Verarbeitung eine konkrete Gesundheits-Gefährdung bei Versicherten identifiziert wird, sind diese umgehend über die bestehende Gefährdung zu unterrichten. Das Portal netzpolitik.org nennt hierzu ein Beispiel: Wenn eine Krankenkasse durch die Auswertung von Abrechnungs-Daten zu dem Ergebnis kommt, dass bei einem Versicherten mutmaßlich ein hohes Diabetesrisiko besteht, muss sie den Betroffenen dann auch darüber informieren.
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