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Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Rechteck Antworten auf Rechtsfragen rund um das Thema Diabetes.
Wir haben vom Versorgungsamt den Bescheid bekommen, dass unserer Tochter Mia nach Ablauf des 16. Lebensjahres das Merkzeichen „H“ entzogen wird. Dies würde bedeuten, dass wir als Eltern dadurch den Steuerfreibetrag von 3700 EUR verlieren. Tatsächlich haben wir aber ja weiterhin die Ausgaben. Auch kann ich das nicht nachvollziehen: Mia braucht zumindest aktuell noch und gerade wahrscheinlich wegen ihrer schwierigen persönlichen und auch pubertären Situation ständig Überwachung und ständige Bereitschaft der Hilfestellung und auch erheblich oft tatsächliche Begleitung und Hilfestellung für ihr Diabetes-Management. Ohne diese Hilfestellungen schafft sie es leider noch und gerade wieder noch verstärkt nicht, die Werte in den erforderlichen Rahmen zu halten und die Dokumentation dafür und für Diab.-Ambulanz und Krankenkasse in dem erforderlichen Umfang vorzunehmen. So wie ich im Internet gelesen habe, wäre alleine dafür die Gewährung eines Merkzeichen H möglich. Vor diesem Hintergrund würden wir nun gerne Widerspruch gegen den Entzug des Merkzeichen H einlegen. Wie sehen Sie hier die Erfolgsaussichten?
Um das Merkzeichen H durchzusetzen, wäre u. a. der Nachweis erforderlich, dass Ihre Tochter tatsächlich dauernd und in erheblichem Maße fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens benötigt. Nach den maßgeblichen Vorschriften (Teil A Nummer 4 der Anlage zu § 2 der VersorgungsmedVO) gelten Personen als hilflos, wenn sie infolge von Gesundheitsstörungen für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages dauernd fremder Hilfe bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Unter häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz gelten dabei insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft. Ebenfalls zu berücksichtigen sind notwendige körperliche Bewegung, geistige Anregung und Möglichkeiten zur Kommunikation. Hilflosigkeit liegt auch dann vor, wenn ein psychisch oder geistig behinderter Mensch zwar bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens keine unmittelbare Hilfe braucht, er diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornähme. Die ständige Bereitschaft ist z. B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist. Der Umfang der notwendigen Hilfe muss jedoch erheblich sein.
Diese Voraussetzungen dürften bei älteren Jugendlichen allein aufgrund des Diabetes jedoch kaum mehr vorliegen. Es müsste durch nachvollziehbar begründete ärztliche bzw. psychologische Atteste nachgewiesen werden, dass Ihre Tochter tatsächlich nicht allein zu einem Diabetes-Management in der Lage ist und dazu Ihre dauernde Unterstützung benötigt wird. Ein solcher Nachweis dürfte m. E. bei einer normal entwickelten 16-jährigen Jugendlichen jedoch schwer zu führen sein. Denn entscheidend ist nicht, was Sie als Eltern für sinnvoll bzw. notwendig erachten, sondern was aus objektiver Sicht tatsächlich zwingend erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass ein Widerspruch eher wenige Erfolgsaussichten haben dürfte.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 73 (1) Seite 51
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