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Als digitale Diagnosehelfer sollen Smartwatches Menschen mit einer Herzerkrankung unterstützen. Doch wie verlässlich sind die tragbaren Mini-Computer? Kann eine moderne Smartwatch eine zuverlässige Hilfe sein? Was können sie und was nicht?
Was taugen Pulsmessung und EKG durch Wearables? Die Deutsche Herzstiftung erklärt Möglichkeiten und Grenzen moderner Smartwatches.
Moderne Smartwatches sind wahre Allrounder: Die intelligenten Uhren zeigen nicht nur Wetter und Nachrichten an, sondern ermöglichen E-Mail-Empfang, Telefonate und das Erfassen von Gesundheitsdaten. Je nach Modell werden Schritte gezählt, der Kalorienverbrauch ermittelt oder Puls und Blutdruck gemessen.
Einige der „Wearables“ – so werden tragbare Computersysteme wie z. B. Smartwatches genannt – erstellen sogar einfache EKGs, inklusive Warnfunktion für Vorhofflimmern. Das macht sie für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen interessant. Doch wie verlässlich sind die Messfunktionen der tragbaren Mini-Computer? Können sie Herzpatienten wirklich eine Hilfe sein, etwa um Vorhofflimmern oder gefährlich hohe Blutdruckwerte zu erkennen? „Smartwatches entwickeln sich tatsächlich zunehmend in Richtung kleiner medizinischer Diagnosegeräte“, bestätigt der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Einige Modelle seien bereits als Medizinprodukte zertifiziert worden. „Einen Arztbesuch können sie nicht ersetzen, aber durchaus ergänzen. Allerdings sollte vom Arzt eine Indikation für die Erkennung oder Therapiekontrolle einer Erkrankung wie Vorhofflimmern oder Bluthochdruck gestellt sein“, so Meinertz. (1)
Die Pulsmessung durch eine Smartwatch funktioniert optisch mittels Infrarotlicht durch die sogenannte Photoplethysmographie (PPG). Bei diesem Verfahren wird Infrarotlicht in die Haut gesendet und gemessen, wie viel Licht die Haut reflektiert. Diese Menge ist abhängig davon, wie viel Blut durch die oberflächlichen Kapillaren fließt. Da bei jedem Pulsschlag die Blutmenge in den Kapillaren zunimmt, wird in diesem Moment mehr Licht absorbiert und weniger reflektiert. Die Uhr rechnet die reflektierte Lichtmenge in eine Pulswelle um. Über diese Pulswellenanalyse lassen sich die Herzfrequenz ermitteln und eine Rhythmusstörung erkennen.
„Die Zuverlässigkeit der Geräte bei der Pulsmessung durch eine Smartwatch liegt bei über 90 Prozent und entspricht damit der Messgenauigkeit einer Messung mit einem Brustgurt“, erklärt Meinertz. Wichtig sei allerdings, dass sowohl Handgelenk als auch Sensor sauber seien und die Uhr ausreichend dicht an der Haut sitze, damit die Messwerte nicht ungenau würden.
Auf einer anderen Technik beruht die Erstellung eines Elektrokardiogramms (EKG). Hierbei misst das Gerät den elektrischen Impuls, der jeden Herzschlag auslöst. Für die Messung müssen die Träger der Smartwatch zunächst einen Sensor drücken und den 30-sekündigen Messvorgang abwarten. Dieser sollte am besten in Ruhe durchgeführt werden. Die Uhr erstellt auf diese Weise ein 1-Kanal-EKG, das Herzrhythmusstörungen zuverlässiger erkennt als bei einer reinen Pulsmessung.
Relativ neu sind Smartwatches, die auch den Blutdruck messen können. Für eine zuverlässige Messung ist es allerdings nötig, das Gerät regelmäßig mit einem Blutdruckmessgerät zu kalibrieren. Zudem müssen sich die Anwender genau an die Vorgaben halten und beispielsweise vor der Messung keinen Kaffee trinken oder Sport treiben.
Verschiedene Untersuchungen, unter anderem der Stiftung Warentest, bescheinigen den Uhren eine hohe Verlässlichkeit, beispielsweise bei der Pulsmessung. Bei korrekter Anwendung gilt auch die Blutdruckmessung als zuverlässig.
Weniger geeignet sind die Uhren hingegen zur Erkennung ernsthafter kardiologischer Vorfälle. Eine umfangreiche Studie des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung aus dem Jahr 2019 untersuchte, wie zuverlässig Smartwatches mittels Pulswellenanalyse Herzrhythmusstörungen erkennen können. Die Ergebnisse waren zwar überwiegend gut. Allerdings konnten 20 Prozent der Daten nicht ausgewertet werden, da es Probleme mit der Signalqualität gab, insbesondere, wenn sich die Probanden während der Messung bewegt hatten.
Das zeigt, dass die Messungen der Wearables ihre Grenzen haben, insbesondere bei ernsthaften Erkrankungen. „Sie sind in der Lage Vorhofflimmern zu erkennen und zu dokumentieren, allerdings bedarf es einer Bestätigung der Diagnose für die erfasste Rhythmusstörung durch den Facharzt“, betont Meinertz. Besonders wichtig für Anwender von Smartwatches ist ihm der Punkt: „Die 1-Kanal-EKG-Erfassung ermöglicht nicht die Erkennung von Durchblutungsstörungen des Herzmuskels. Weder die Apple Watch noch andere Smartwatches sind daher dafür geeignet, einen Herzinfarkt oder bösartige Herzrhythmusstörungen zu erkennen.“
Zudem hätten diese Systeme zwar „ihre Vorteile, aber auch ihre Nachteile“, so Meinertz, wenn sie nicht mit einer Indikationsstellung und einer klaren Fragestellung, in der Regel durch einen Kardiologen, zum Einsatz kämen: beispielsweise zur Erkennung von Vorhofflimmern, zur Diagnose und Therapieüberwachung von Bluthochdruck, perspektivisch auch von Diabetes. (1) Wer als medizinischer Laie jung und ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung ständig eine Smartwatch zur Kontrolle dieser Vitalwerte gebrauche, laufe eher Gefahr, verunsichert zu werden.
Auch sollten Anwender die Uhren richtig bedienen können, um korrekte Werte zu erhalten. „Moderne Smartwatches können helfen, den Herzrhythmus kontinuierlich aufzuzeichnen und dabei einen unregelmäßigen Herzschlag, der auf Vorhofflimmern hindeutet, festzustellen“, so Meinertz. Es brauche in der Regel allerdings einen Mediziner, um aus den Messungen die richtigen Schlüsse für die weitere Diagnostik und Therapie zu ziehen. Außerdem gelte: Bei Schmerzen im Brustraum, die auf einen Herzinfarkt hinweisen könnten, dürfen Betroffene keine Zeit mit der Smartwatch verlieren, sondern müssen nach wie vor sofort den Notruf unter 112 verständigen.
Quelle: Deutsche Herzstiftung | Redaktion
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