„Wichtig ist es, Wissen häufig aufzufrischen“

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„Wichtig ist es, Wissen häufig aufzufrischen“

Auf einer Pressekonferenz des Unternehmens Sanofi sprach Dr. Stephan Kress (Landau) über die „Eckpfeiler des Diabetesmanagements“, über Probleme dabei sowie über „strukturierte Blutzuckermessung“. Wir führten danach mit ihm dieses Interview.

Diabetes-Journal (DJ): Sie als Mitglied eines Diabetes-Teams sagen: „Wir sind noch nicht dort, wo wir hin wollen!“ Wieso nicht?

Dr. med. Stephan Kress: Wir erreichen die Zielbereiche der Blutzuckereinstellung, die Gesundheit und Wohlbefinden der Betroffenen in der Zukunft sichern können, häufig nicht. Dies gilt für den Typ-2-, noch viel mehr für den Typ-1-Diabetes.

Eine kürzlich publizierte internationale Studie mit knapp 6.000 Jugendlichen und jungen erwachsenen Patienten (Teens-Studie) zeigte, dass nur etwa ein Drittel der 8- bis 12-Jährigen und sogar nur etwa ein Fünftel der 19- bis 25-Jährigen eine zufriedenstellende Zuckereinstellung haben; Gründe hierfür liegen in allen Bereichen des Diabetesmanagements: beim betroffenen Menschen, beim unterstützenden Diabetes-Team – oder bei der Bereitstellung und Verlässlichkeit technischer Hilfsmittel.

DJ: Welche Faktoren kann ich selbst beeinflussen, welche nicht hinsichtlich der Qualität meiner Blutzuckereinstellung?

Dr. Kress: Die eigene Motivation und Disziplin zum täglichen Blutzuckerselbstmanagement ist ein Erfolgsfaktor. Dies ist nur möglich, wenn man durch eine gute Diabe­tes­schulung auf den Alltag mit Diabetes vorbereitet wurde. Nach erfolgter Schulung ist es wichtig, das Wissen und die benötigten praktischen Fertigkeiten häufig aufzufrischen. Tägliche Bewegung und gesunde Ernährung helfen bei allen Stadien und Typen des Diabetes. Die regelmäßige Überprüfung der Blutzuckereinstellung gibt dem Betroffenen Orientierung und Motivation zur Verbesserung.

Auch moderne Messgeräte wie iBGStar mit einer mobiltelefonassoziierten Internetfunktion können im Vergleich mit Standardblutzuckermessgeräten signifikant eine HbA1c-Senkung unterstützen. Auch ein Blutzuckermessgerät mit einer HbA1c-Trenderkennung und Trendpfeilfunktion wie MyStar Extra kann Motivationshilfe sein. Die Einbeziehung von Familie und Freunden ins Diabetesmanagement sind wichtige Stützen. Auch innovative neue Medikamente würden helfen, aber immer häufiger wird eine solche Therapie aus wirtschaftlichen Gründen von politischen Gremien in Deutschland den Betroffenen versagt.

DJ: Was heißt eigentlich „strukturierte Blutzuckermessung“?

Dr. Kress: Unter strukturierter Blutzuckermessung versteht man den optimalen Einsatz der Blutzuckermessung für das Diabetesselbstmanagement für alle Diabetestherapien. Dies beinhaltet sinnvolle, von Arzt und Patienten festgelegte Blutzuckermess­zeitpunkte und die Dokumentation der Messwerte sowie der Begleitumstände – wie Bewegung oder Mahlzeiten. Strukturierte Blutzuckermessung meint auch eine gelernte Interpretation der Messergebnisse und eine Handlung als Reaktion auf die Ergebnisse. Außerdem hat der betreuende Arzt mit dieser Berichterstattung der strukturierten Blutzuckermessergebnisse die beste Chance, die Diabetestherapie erfolgreich anzupassen.

DJ: Auch bei Diabetikern ohne Insulin?

Dr. Kress: Forschungsergebnisse belegen, dass auch Patienten, die noch nicht mit Insulin behandelt werden, von Blutzuckerselbstmessungen profitieren. Die Leitlinie der Internationalen Diabetes-Föderation gibt mehrere Vorschläge für eine strukturierte Messung bei Menschen mit Diabetes ohne Insulinbehandlung. Drei dieser Vorschläge wurden jetzt wissenschaftlich untersucht. Dabei zeigte das 7-Punkte-Blutzuckerprofil an drei aufeinanderfolgenden Tagen einmal pro Monat die effektivste HbA1c-Senkung, geringste Belastungen des Patienten und die beste Kosteneffektivität im Vergleich zu anderen Messstrategien. Also lieber mal an drei Tagen eine richtige Blutzuckerbestandsaufnahme durchführen als häufige Gelegenheitsblutzuckermessungen.

DJ: Wann nennt man ein Blutzuckermess­gerät „präzise“ und „richtig“?

Dr. Kress: Da Menschen mit Diabetes Therapieentscheidungen anhand der Ergebnisse der Blutzuckermessung fällen, müssen eingesetzte Geräte präzise und verlässlich sein. Die Genauigkeit der Messgeräte wird bestimmt durch statistischen Fehler und die systematische Messabweichung. Die neue, strengere ISO-Norm DIN EN ISO 15197:2013 gibt den untersuchten Messgeräten ein Gütesiegel, die dann eine ähnliche Präzision wie Laborgeräte haben. Die Norm ist erfüllt, wenn 95 Prozent aller Messwerte im festgelegten Zielkorridor liegen (Kasten).

Auch die Stabilität der Blutzuckermessung gegenüber unterschiedlichen Hämatokrit-Werten (Verschiebungen des Verhältnisses von Blutzellen und flüssigen Bestandteilen) ist wichtig für verlässliche und fehlerfreie Blutzuckerwerte. Voraussetzung für den Erfolg ist eine verlässliche Blutzuckermesstechnik, die sich in verschiedenen Prüfungen der Messgenauigkeit und Stabilität bewähren muss.

Neue „DIN EN ISO 15197:2013“
Die Norm ist erfüllt, wenn 95 % aller Messwerte in folgendem Zielkorridor liegen: Für Blutzuckerwerte unter 100 mg/dl ist eine Abweichung von ± 15 mg/dl zulässig und bei Blutzuckerwerten über 100 mg/dl ist eine Abweichung von ± 15 Prozent zulässig.

Interview: Günter Nuber
Chefredakteur Diabetes-Journal

Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstra0e 41, 55116 Mainz, Tel.: (06131) 9 60 70 0,
Fax: (06131) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-online.de

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