Fortschreitende Entwicklungen der Technik können natürlich auch in Bezug auf Sport und Bewegung für und von Menschen mit Diabetes mellitus sinnvoll genutzt werden und zu mehr Aktivität motivieren, helfen, diese zu steuern oder zu dokumentieren. In diesem Artikel werden verschiedene technische Hilfsmittel vorgestellt.
Apps können vielfältige Aufgaben haben. So gibt es Schrittzähler-Apps, welche unser alltägliches Bewegungsverhalten monitoren wie Accupedo oder Pacer, oder aber Apps, die direkt ein ganzes Präventionsprogramm anbieten wie VIDEA bewegt. Diese App wird sogar von den Krankenkassen bezahlt. Hier können Schritte und Aktivitätsminuten getrackt werden, durch „Motivational Messaging“ (Nachrichten, die der Benutzer regelmäßig auf sein Smartphone zugestellt bekommt) wird das Erreichen von Bewegungszielen unterstützt.
Apps und Schrittzähler wirken
In einer aktuellen Metastudie (2019) konnte die Effektivität von Apps zur Lebensstilmodifikation bei Menschen mit Diabetes, vor allem Typ-2-Diabetes, gezeigt werden. Der sinnvolle Einsatz von Schrittzählern zum Steigern von Alltagsaktivität ist in einigen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen worden, ebenso der Einsatz personalisierter Nachrichten zum Erhöhen der Bewegungsmotivation (Jahre 2015 und 2017).
Wie findet man sich im Angebots-Dschungel der Apps zurecht? Täglich kommen neue auf den Markt. Hilfe verspricht hier bereits jetzt und in Zukunft die Internetseite www.diadigital.de. Apps können hier von Experten u. a. der Deutschen Diabetes Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Hilfe und des Verbands der Diabetes-Beratungs- und -Schulungsberufe in Deutschland einer Prüfung unterzogen werden und erhalten bei positiver Begutachtung ein entsprechendes Siegel. Ein solches System zur Kontrolle von Gesundheitsapps und zur Orientierung auf dem Markt kann aus sportmedizinischer Sicht nur begrüßt werden.
Fitnessportale wie www.gymondo.com oder www.gesundpass.de bieten Fitness-Übungen mit virtuellen Trainern für zu Hause. Wichtig ist zu bedenken, dass eine Online-Trainerin/ein Online-Trainer keine Betreuung vor Ort ersetzen kann. Gerade Menschen mit Diabetes-Folgeerkrankungen sollten diese Angebote nur nach Rücksprache mit ihrer Ärztin/ihrem Arzt nutzen.
Spielkonsolen zu nutzen ist ein neuer Ansatz in der Sporttherapie. Besonders in Zeiten häuslicher Quarantäne zum Schutz vor dem Coronavirus könnte diesen Helfern eine ganz neue Bedeutung zukommen. So gibt es z. B. die Wii von Nintendo oder die Xbox Kinect von Microsoft.
Exergaming-Konsolen: Virtuelle Sportspiele wirken
Besondere Vorteile dieses Trainingsansatzes wurden in einer aktuellen wissenschaftlichen Übersichtsarbeit beschrieben (Masoud und Brinkmann, Wiener Medizinische Wochenschrift 2019). Die Kombination aus Spiel und Sport kann besonders technik- und spielaffine Personen begeistern. Auch bewegungseingeschränkte Personen, die vielleicht den Weg in ein Gesundheitsstudio nicht mehr schaffen, können bei sich daheim Sport machen und sich mehr bewegen.
Schwierigkeitsstufen können in der Regel gut angepasst werden. Durch die Kombination von Bewegung mit Denkaufgaben kann auch die geistige Leistungsfähigkeit durch manche Spiele verbessert werden. In einer Studie aus dem Jahr 2013 mit fast 150 Menschen mit Typ-2-Diabetes konnte eine Verbesserung des HbA1c-Wertes durch Exergaming zu Hause gezeigt werden.
Wichtig: passende Auswahl – am besten mit Beratung
Empfehlenswert ist es, Spiele zusammen mit einer Sporttherapeutin/einem Sporttherapeuten auszuwählen, um das „Training“ mit Spielkonsolen möglichst effizient zu betreiben. Aufgrund des Risikoprofils von Menschen mit Diabetes wird unbedingt vorher zu einer Sporttauglichkeitsuntersuchung geraten. Gegebenenfalls muss dann die Belastungsintensität vorgegeben und z. B. über die Herzfrequenz kontrolliert werden.
Steuerung des Stoffwechsels beim Sport mit neuer Technologie
Insbesondere für Menschen mit Typ-1-Diabetes ist die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) vor, bei und nach dem Sport bedeutsam, um vor allem Hypoglykämien beim Sport zu verhindern. Immer bessere, zuverlässigere CGM-Systeme helfen, zusammen mit den entsprechenden Apps die Glukoseprofile zu analysieren (z. B. FreeStyle Libre 2 von Abbott oder Dexcom G6 von Dexcom). Dabei wird in der Zwischengewebe-Flüssigkeit unter der Haut gemessen.
Die Technik ist weiter auf dem Vormarsch. Vor allem Systeme, die immer weniger invasiv sind und sogar nichtinvasive Systeme drängen auf den Markt. In einem von der EU geförderten Projekt („ELSAH“) geht es um die Entwicklung eines Pflasters mit Mikrosensoren, die ganz knapp unter der Haut nicht nur Glukose messen können, sondern z. B. auch Laktat in Echtzeit, was neue Möglichkeiten zur Steuerung des Trainings oder auch zur Leistungsdiagnostik eröffnet.
Eine andere Idee ist die unblutige Messung von Glukose („nichtinvasiv“) durch Strahlung (ein photothermisches Messsystem, siehe: www.diamontech.de). Wie zuverlässig diese neuen Systeme, vor allem auch im Einsatz beim Sport, sind, muss jedoch erst noch genau untersucht werden.
Fazit
Neue Techniken können Menschen mit Diabetes mellitus unterstützen und zu mehr Bewegung motivieren. Um die neuen Techniken jedoch optimal nutzen zu können, braucht es in vielen Fällen Qualitätskontrollen. Und oft kann eine grundlegende Ersteinweisung durch Fachpersonal hilfreich sein.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (5) Seite 22-24