Diabetes und Fahren – praktische Tipps

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Diabetes und Fahren – praktische Tipps

Muss man den Diabetes beim Führerscheinantrag angeben? Wie verhalte ich mich bei einem Unfall? Darf ich mit meinem selbst gebauten (Do-it-yourself, „DIY“) Closed-Loop-System Auto fahren? In diesem Beitrag geben wir Tipps zu häufigen Fragen.


Muss der Diabetes beim ­Führerscheinantrag angegeben werden?

Es gibt hier keine bundeseinheitliche Vorgehensweise, daher kommt es auf das von der jeweiligen Behörde verwendete Antragsformular an. Generell gilt: Die Behörde ist berechtigt, nach Krankheiten zu fragen, welche die Fahr­eignung potenziell beeinträchtigen. Dies ist bei Diabetes der Fall. Wenn also auf dem Antragsformular nach solchen Krankheiten gefragt wird, dann muss man wahrheitsgemäße und vollständige Angaben machen.

Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Beantwortung ausdrücklich als freiwillig zugelassen ist. In diesem Fall sollte man besser keine Angaben machen. Auch freiwillig bzw. ungefragt sollte man den Diabetes gegenüber der Behörde nicht erwähnen. Wenn aber nach dem Diabetes gefragt wird, dann kann es sinnvoll sein, der Führerscheinbehörde unaufgefordert ein ausführliches Attest des Diabetologen vorzulegen. Wenn dieser nämlich die Fahreignung bescheinigt und bestätigt, dass keine schweren Unterzuckerungen auftraten, dann bestehen gute Chancen, dass die Behörde keine weiteren Fragen stellt bzw. auf ein teures Gutachten verzichtet.


Wie verhalte ich mich am ­schlausten in einer Polizei­kontrolle?

Auch bei Polizeikontrollen muss man den Dia­betes nicht mitteilen. Eine Eintragung der Krankheit im Führerschein erfolgt ebenfalls nicht mehr. Es empfiehlt sich aber, dass die Dia­betes-Utensilien nicht offen im Auto herumliegen, sodass diese bei einer Kontrolle nicht direkt ins Auge springen: Viele Polizeibeamte wissen mittlerweile, was es damit auf sich hat. Wenn es dumm läuft, könnten die Polizeibeamten solche Hinweise auf eine Diabetes-Erkrankung der Führerscheinbehörde melden, welche dann womöglich ein Gutachten zur Prüfung der Fahreignung verlangt.

Ich halte es aus diesem Grund natürlich auch für keine so gute Idee, den Gesundheits-Pass Diabetes im Führerscheinmäppchen zu haben oder Aufkleber am Auto anzubringen, die einen erkennbaren Bezug zu Diabetes nahelegen. Auch Tattoos, die im sichtbaren bzw. unbedeckten Körperbereich auf den eigenen Diabetes hinweisen, könnten sich insoweit als nachteilig erweisen – das gilt übrigens in gleicher Weise auch für die Stellensuche bzw. das Bewerbungsgespräch.


Wie verhalte ich mich bei einem Unfall oder einer ­Unterzuckerung?

Bei einem Unfall sollte man in aller Regel nur seine Personalien angeben, man muss keine weiteren Angaben machen. Keinesfalls sollte man den Diabetes gegenüber der Polizei, Unfallbeteiligten oder Zeugen erwähnen, denn dies kann später erhebliche Probleme bzw. Nachteile bringen. Gerade bei Unfällen mit Personenschaden oder Todesopfern sollte man unbedingt sein Schweigerecht nutzen und einen Anwalt hinzuziehen, bevor man irgendwelche Aussagen macht.

Wenn allerdings nichts passiert ist, dann kann es – abhängig von der jeweiligen Situation – durchaus sinnvoll sein, wenn man der Polizei eine Erklärung liefert. Eine solche Situation dürfte z. B. vorliegen, wenn man aufgrund einer Unterzuckerung auf den Standstreifen gefahren ist und deswegen die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich gezogen hat. Hier wäre es meist wohl keine gute Idee, einfach zu schweigen – es droht dann nämlich ein Bußgeld oder gar die Verbringung zu einer Blutprobe und das Abschleppen des Kfz.

Die Unterzuckerung bzw. den Diabetes anzugeben, wäre allerdings auch keine gute Idee, denn die Polizei würde das wahrscheinlich dann an die Führerscheinbehörde weiterleiten. Man wird dann ein teures Gutachten bringen müssen, um den Führerschein behalten zu können. Unwahre Angaben darf man allerdings auch nicht machen.

Wie löst man das Dilemma? Ich empfehle, dann einfach eine wahre Antwort zu geben, die jedoch nichts über den Diabetes verrät. Man könnte in solch einer Situation beispielsweise sagen, dass man sich plötzlich schlecht bzw. unwohl gefühlt hat und man deswegen sicherheitshalber auf dem Standstreifen angehalten hat – was insoweit ja auch stimmt, man sagt damit dann ja nicht die Unwahrheit. In der Regel wird die Polizei dann auch nicht weiter nachfragen und wahrscheinlich sogar auch ein Lob für das verantwortungsvolle Verhalten aussprechen.


Darf ich mit meinem selbst gebauten Closed-Loop-System Auto fahren?

Im Internet kursieren viele Anleitungen und Foren zu DIY-Systemen („do it yourself“), um aus Insulinpumpe, CGM und einer App ein Closed-Loop-System selbst zusammenzubauen.Viele begeisterte Erfahrungsberichte deuten darauf hin, dass mit dem Einsatz solcher Systeme tatsächlich viele positive Ergebnisse und Therapieverbesserungen erzielt werden konnten. Es ist zwar nicht verboten, auf eigene Verantwortung ein solches System zu nutzen. Allerdings gilt das nur für sich selbst, man darf dadurch aber keine Risiken für Unbeteiligte schaffen.

Patienten, die Insulinpumpen oder CGM-Systeme als nicht zugelassenes Closed-Loop-System einsetzen – entgegen der vom Hersteller vorgesehenen Zweckbestimmung –, gehen daher ein sehr hohes Risiko ein, wenn sie damit am Straßenverkehr teilnehmen. Das Fatale dabei: Wenn es zu einem Unfall kommt, ist eben meist nicht nur allein der Fahrer betroffen. Betroffen sein können auch der Beifahrer oder die Kinder, die hinten mitfahren, oder andere Menschen, die durch den Unfall geschädigt werden.

Kommt es durch eine Fehlfunktion des Closed-Loop-Systems zu einem Unfall mit Personen- oder Sach­schä­den, muss mit erheblichen strafrecht­li­chen Konsequenzen und Haf­tungs­for­de­rung­en gerechnet werden. Der bewusste Einsatz eines solchen Systems, entgegen der von den Geräteherstellern vorgesehenen Zweckbestimmung, könnte von Staatsanwaltschaft und Gericht dann womöglich als rücksichtslos und grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht angesehen werden.


Muss man den Fahrlehrer informieren?

Etwas anders sieht es bei der Fahrschule aus: Für den Fahrlehrer ist es wichtig, etwaige Risiken und Gefahren zu kennen; dazu zählt natürlich auch ein etwaiges Unterzuckerungsrisiko des Fahrschülers. Daher muss man den Fahrlehrer vor der ersten Fahrt über den Diabetes informieren – dies gilt selbst dann, wenn gar nicht nachgefragt wurde. Wichtig ist aber: Der Fahrlehrer darf diese Information ohne Zustimmung nicht an die Behörde weitergeben; dies sollte man ihm auch nachdrücklich einschärfen.


Weitere Fragen und Antworten

Weitere Informationen zum Thema Diabetes und Führerschein finden Sie unter: www.diabetes-und-recht.de/fuehrerschein


Autor:

RA Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart, Balingen
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (8) Seite 26-27

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