Dianiño – Interview mit einer Diabetes-Nanny

4 Minuten

Community-Beitrag
Dianiño – Interview mit einer Diabetes-Nanny

Dianiño ist oftmals die Feuerwehr, wenn es um die Unterstützung von Familien und Kindern mit Typ-1-Diabetes geht. Wenn es schwierig wird, ist Hilfe oft nur sehr schwer zu bekommen. Nicht immer hilft die Versorgung durch die Krankenkasse. In solchen Fällen geht Dianiño direkt in die Familien und hilft genau dort, wo die Hilfe benötigt wird. Mehr als 300 ehrenamtliche Dianiño-Nannies stehen hierzu deutschlandweit zur Verfügung.

Quelle: Stiftung Dianino

Anke ist eine von mehr als 300 ehrenamtlichen Dianiño-Nannies, die deutschlandweit Familien zur Verfügung stehen. Sie gibt uns einen kurzen Einblick in ihre Arbeit als Dianiño-Nanny und warum sie sich so sehr für die Kinderstiftung engagiert:

Wie bist du auf die Stiftung Dianiño aufmerksam geworden?

In unserer Kinderklinik in Offenburg hatte mich eine Kinderärztin angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, der Stiftung Dianiño beizutreten. Sie war über einen Flyer auf Dianiño aufmerksam geworden. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt zwei Kinder in unserer Klinik, die dringend nach ihrer Entlassung Unterstützung zuhause brauchten.

Wie lange bist du schon Dianiño-Nanny und was hat dich dazu bewogen, dich als Dianiño-Nanny ehrenamtlich zu engagieren?

Ich hatte Lust darauf, mal was Neues zu machen. Die Stiftung interessierte mich sehr. Ich sah darin eine Möglichkeit, Kindern mit Diabetes eine Unterstützung zu bieten, die es so bisher bei uns im häuslichen Bereich nicht gab. Ich hatte dann lange mit der Stiftungsgründerin Frau Binder telefoniert und bereits eine Woche später im Juli 2011 hatte ich meinen ersten Einsatz.

Wie viele Einsätze hast du ca. im Jahr?

So ca. 8 Einsätze im Jahr, wobei die allermeisten Familien oder Kindergärten mehrfach besucht werden mussten. Da komme ich schnell mal auf 20 bis 25 Besuche im Jahr.

Wie läuft in der Regel so ein Dianiño-Nanny-Einsatz ab?

Sobald ich von Frau Binder die Einsatzbestätigung erhalten habe, setze ich mich mit den Eltern in Verbindung. Zuhause erzählen mir dann die Eltern und die Kinder von ihren Problemen und wir suchen gemeinsam eine Lösung. Ich unterstütze und berate die Familien da, wo sie selbst nicht mehr weiterwissen. Insbesondere bereitet es Probleme, nach einer Erstmanifestation den Alltag mit der Erkrankung zu meistern. Hier unterstütze ich die Eltern bei der Berechnung der Kohlenhydrat-Einheiten (KE) und Insulinmengen, aber auch im Umgang mit der Insulinpumpe oder Insulinpens. Die Einsätze sind sehr unterschiedlich und jedes Mal eine neue Herausforderung für mich. Dies kann von Kindergartenbesuchen bis zur Unterstützung bei pubertären Krisen reichen.

Wie können Eltern deine Hilfe in Anspruch nehmen?

Die Eltern können bei ihrem Diabetologen die Probleme ansprechen und durch ihn eine Betreuung durch Dianiño anfordern. Frau Binder sucht dann eine geeignete Dianiño-Nanny in Wohnortnähe, und schon kann der Einsatz beginnen.

Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Dianiño, den Eltern und dem Diabetologen ab?

Sehr unkompliziert! Der Antrag für einen Dianiño-Einsatz läuft telefonisch ab. Der Diabetologe muss nur einen Anruf bei Frau Binder tätigen und der Einsatz kann beginnen. Die Dianiño-Nanny vereinbart die Einsatztermine direkt mit der Familie und hält im Bedarfsfall noch mal Rücksprache mit dem zuständigen Diabetologen. Für die Eltern und den Diabetologen entstehen keine Kosten!

Was möchtest du gerne Eltern mit auf den Weg geben?

Habt keine Scheu, euch Hilfe von außen zu holen! Dianiño ist eine professionelle Stiftung, die sehr vertrauensvoll mit persönlichen Daten umgehen muss. Die Nannies sind alle im Umgang mit Diabetes sehr gut geschult und können viel Unterstützung in vermeintlich ausweglosen Situationen bieten.

Quelle: Anke Graf

Nachstehend gibt uns Anke einen Einblick in zwei Erfahrungsberichte aus ihrer Praxis.

Erfahrungsberichte:

Erfahrungsbericht Nummer 1: Aktuell betreue ich eine irakische Familie, die mir sehr ans Herz gewachsen ist! Das Mädchen ist 4 Jahre alt und ist seit etwa 2 Jahren an Diabetes erkrankt. Es gibt noch 3 ältere Geschwister. Die Diagnose wurde im Heimatland gestellt. Die Diabetes-Therapie war dort völlig unzureichend. Die Eltern hatten kein Blutzuckermessgerät, Insulin wurde nur 1x täglich undifferenziert gespritzt. Nach einem 3-wöchigen stationären Aufenthalt habe ich direkt mit der Betreuung zu Hause begonnen. Wir haben KE-Berechnungen, Insulinarten und die jeweiligen Dosierungen und die Applikation immer wieder im häuslichen Umfeld geübt. Mittlerweile hat sich das HbA1c von 13,1% auf 7,8% verbessert! Ich bin immer noch in engem Kontakt mit der Familie. Ohne Dianiño hätte das Kind nie eine so gute Blutzucker-Einstellung erreichen können.

Erfahrungsbericht Nummer 2: Dies war eine Kindergarten-Integration. Nach der Erstdiagnose hatte der Kindergarten vorerst eine Wiederaufnahme des Kindes verweigert. Die Mutter hatte die Erzieherinnen bereits über die Erkrankung informiert. Die Leiterin des Kindergartens war nur bereit, nach einer Schulung durch eine Diabetes-Fachkraft das Kind weiterhin aufzunehmen. Über den Diabetologen wurde der Kontakt zu Dianiño hergestellt. Im Rahmen einer Teamsitzung habe ich alle Erzieherinnen im Umgang mit Diabetes geschult. Nach einem Aufklärungsfilm über Diabetes im Kindesalter haben wir gegenseitig Blutzucker gemessen und besprochen, was bei zu niederen Blutzuckerwerten zu tun ist. Die Mutter hat für die Essenszeiten zusätzlich einen Pflegedienst organisiert, der einmal am Tag in den Kindergarten kommt und die Insulinabgabe übernimmt. Ohne die Hilfe von Dianiño wäre ein weiterer Kindergartenbesuch viel schwieriger gewesen. Hier konnte ich eine wichtige Entlastung von Mutter und Kindergartenteam erreichen und so eine schnelle Kindergartenintegration ermöglichen.

Das sind nur zwei Bespiele, wie Dianiño Familien von Kindern mit Typ-1-Diabetes zur Seite steht.

Dianiño hilft:

  • Unterstützung nach der Diagnose, zum Einfinden in die neue Lebenssituation
  • schult Lehrer, Betreuer, Verwandte des Kindes
  • überbrückt familiäre Notsituationen wie Krankheit, Tod oder Trennung
  • bei seelischen Belastungen der Kinder/Jugendlichen, Geschwisterkinder und Eltern
  • fördert die Selbstständigkeit/Motivation der Kinder/Jugendlichen
  • leistet Widereingliederungshilfe in Kindergärten, Schulen, etc.

Wenn auch ihr einmal Hilfe benötigt, sprecht mit eurem Kinderdiabetologen oder eurem Diabetesteam. Sie können für euch den Hilfsantrag stellen und eine Dianiño-Nanny anfordern.

Ich bedanke mich bei Anke für ihre offenen Worte und, dass sie sich die Zeit genommen hat, über Dianiño und ihre ehrenamtliche Arbeit zu sprechen.

 


Kathy hat schon einmal über die Hilfe der Diabetes-Nannies berichtet: Eltern in Not – Die Diabetes-Nanny hilft

Ähnliche Beiträge

Warum ich aufgrund meines Typ-1-Diabetes (vermutlich) keine Kinder haben möchte!

Olivia berichtet in diesem Beitrag über Ihre Gedanken zum Thema Kinderwunsch. Einige ihrer Freunde und Bekannten bekommen derzeit Kinder und auch sie hat sich die Frage gestellt: Möchte ich überhaupt Kinder bekommen? Und wenn nicht, warum denn nicht? Zu welchem Schluss sie gekommen ist und was ihre Typ-1-Diabetes-Erkrankung damit zu tun hat, erfahrt Ihr hier.

5 Minuten

Community-Beitrag

AID-Systeme für Kleinkinder mit Diabetes: Wann hat das Warten ein Ende?

AID-Systeme, also technologische Hilfsmittel, die Insulin teilweise automatisiert verabreichen, sind ein Game-Changer in der Diabetes-Therapie. Für Kleinkinder mit Diabetes steht diese Technologie jedoch nur eingeschränkt zur Verfügung. Denn bislang sind für diese Altersgruppe nur wenige Systeme zugelassen oder praktikabel. Dabei ist gerade für diese Patientengruppe ein gutes, technisch unterstütztes Therapieangebot enorm wichtig. Deshalb fordert die …

2 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert