Eine Wunde am Fuß – was nun?

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© Stefanie Lindorf - Fotolia
Eine Wunde am Fuß – was nun?

Ist eine gravierende Wunde am Fuß entstanden, muss alles getan werden, damit sie heilt und eine drohende Amputation verhindert wird. Eine sorgfältige Wundbehandlung ist sehr wichtig, und es gibt verschiedene Verfahren, die die Heilung unterstützen.

Allgemeine Maßnahmen

Bei gravierenden Wunden am Fuß sollten folgende Allgemeinmaßnahmen ergriffen werden:

  • lokale Wundsäuberung und ausführliches Wunddébridement (Entfernen von totem Gewebe, z. B. Hornhaut),
  • Gabe von Antibiotika, entweder als Tabletten oder über die Vene (intravenös),
  • konsequente Einstellung des Blutzuckers (normnah!) sowie
  • insbesondere bei Ruhigstellung des Patienten eine konsequente Thromboseprophylaxe, um die örtliche Durchblutung zu verbessern und Blutgerinnsel zu vermeiden, z. B. durch Spritzen von Heparin in die Bauchhaut oder die Gabe eines Faktor-Xa-Hemmers, die beide die Gerinnung hemmen,
  • konsequente Druckentlastung des betroffenen Fußes, entweder durch einen Rollstuhl, einen Vorfußentlastungsschuh oder eine Orthese (abnehmbarer Gehgips) – insbesondere auch nach einer Teil- oder kompletten Amputation.

Lokale Wundbehandlung

Die lokale Wundbehandlung wird als feuchte Wundbehandlung durchgeführt; die Wunde soll also nicht austrocknen. Während des täglichen Verbandswechsels sollte zumindest anfangs der Wundstatus genau beurteilt werden, außerdem sollte die Wunde sorgfältig gereinigt und stadiengerecht versorgt werden. Eine der wesentlichen Maßnahmen zu Anfang ist auch, infiziertes, schlecht heilendes und abgestorbenes Gewebe zu entfernen (Wunddébridement).

Die Wunde, insbesondere der Wundgrund, muss für die nachfolgende feuchte Wundbehandlung vorbereitet werden. Neu entstehende Hornhaut (Hyperkeratose) muss sofort wieder entfernt werden, damit die Wunde abheilen kann.

Um die Wunde abzudecken, stehen heute inaktive (z. B. Mull; bei trockenen Wunden), interaktive (halten die Wunde feucht; s. Kasten) und bioaktive Wundauflagen (z. B. Hautzellen) zur Verfügung, die bis zur völligen Abheilung der Wunde (Epithelisierung) verwendet werden.

Interaktive Wundauflagen
  • Alginate
  • Hydrofaserverbände
  • Hydrokolloidverbände
  • Hydropolymerverbände
  • imprägnierte Gaze
  • Schaumverbände
  • silberhaltige Auflagen

(Auswahl, alphabetisch geordnet)

Drei Phasen der Wundheilung

Die lokale Wundbehandlung orientiert sich an den drei Phasen der Wundheilung:

  1. Nekrosestadium: abgestorbenes Gewebe wird entfernt,
  2. Granulationsstadium: neues Gewebe wächst nach,
  3. Epithelisierungsstadium: Deckgewebe wächst nach.

Achtung: Während der gesamten Heilungsphase ist der andere Fuß durch Fehl- oder Mehrbelastung ebenfalls gefährdet! Es kann nötig sein, z. B. eine Einlage zu tragen.

Vakuum und Maden helfen

Besonderes bei ausgeprägten und tiefen Wunden in der proliferativen Phase mit viel Wundsekret kann die Vakuumtherapie, z. B. mit V.A.C. Freedom (wobei V.A.C. für Vacuum assisted closure steht) angewendet werden.

Bei der Vakuumversiegelung wird ein genau angepasster “Schaumstoff” auf die gesamte Wunde aufgebracht, steril abgedeckt und unter Sog gesetzt. Dadurch wird die Wunde flächenhaft einem Unterdruck ausgesetzt. Die Wunde wird so gesäubert, es entsteht eine kontinuierliche Drainage, wobei das Wundsekret abgeleitet wird. Auch das Wundmilieu verändert sich, wodurch die Bakterien weniger werden und das feuchte Milieu erhalten wird.

Möglicherweise kann dadurch die normale Wundheilung tatsächlich etwas beschleunigt werden – dies erleichtert manchmal auch eine spätere Hautverpflanzung (Spalthautdeckung). Wird die Vakuumversiegelung ambulant durchgeführt, brauchen Therapeut und Patient dafür spezielle Kenntnisse.

Maden (z. B. eingeschlossen in Pads) auf die Wunde aufzubringen, ist sinnvoll bei tiefen und flächenhaften Wunden.

Chronische Wunden

Wenn die Wundheilungsprozesse länger als vier Wochen dauern und sich keine Heilungstendenz zeigt, spricht man von einer chronischen Wunde, die spezieller Aufmerksamkeit bedarf und deren Ursache immer konsequent abgeklärt werden muss. Denn: So lange die Wunde nicht komplett verschlossen ist, besteht die Gefahr einer Infektion und somit auch einer Amputation.

Folgende Hauptgefahren für den diabetischen Fuß müssen möglichst rasch beseitigt werden:

  • flächenhafte Vereiterung an der Fußsohle,
  • fortschreitender Infekt mit drohender Blutvergiftung,
  • Absterben von Gliedmaßenteilen,
  • Amputation oberhalb des Fußknöchels (Majoramputation).

Vorsicht bei Problemkeimen

Immer mehr ist ein Problem die Besiedlung von diabetischen Geschwüren mit multiresistenten Keimen (MRSA), besonders in Kliniken. Durch diese Keime wird nicht nur die Heilungsaussicht extrem verschlechtert; es ist auch häufig nötig, über längere Zeit Antibiotika zu geben. Eine Nebenwirkung davon können anhaltende starke Durchfälle sein; dies ist besonders für abwehrgeschwächte und ältere Diabetiker problematisch.

Mein Fazit

Nur indem Patienten mit einem Diabetischen Fußsyndrom multidisziplinär und ohne strenge Trennung von stationärer und ambulanter Behandlung betreut werden und indem das Umfeld (Familie, Freunde) einbezogen wird, lassen sich die hohen Amputationsraten reduzieren – das zeigen erste zarte Erfolge. Es besteht durchaus Hoffnung auf Besserung!

Schwerpunkt Diabetischer Fuß

Autor:
Dr. Gerhard-W. Schmeisl, Bad Kissingen

Kontakt:
Internist/Angiologe/Diabetologe, Chefarzt Deegenbergklinik, Burgstraße 21, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71 / 8 21-0
sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund), Pfaffstraße 10, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71 /8 5-01

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2012; 61 (9) Seite 32-35

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