Gutes Management löst viele Probleme

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Gutes Management löst viele Probleme

Ein gutes Medikationsmanagement behebt viele Probleme, die durch eine Therapie mit Arzneimitteln auftreten können – das haben Studien gezeigt. Besonders Patienten, die mehr als fünf Medikamente täglich einnehmen, profitieren von einer engen Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Apotheker.

Mit den Modellprojekten ARMIN und PRIMA wird das Konzept Medikationsmanagement derzeit in Sachsen und Thüringen getestet, um in Zukunft bundesweit zum Einsatz zu kommen. Warum ist das so wichtig?

Probleme durch Arzneimittel

Arzneimittel können Leiden lindern und das Fortschreiten von Erkrankungen und deren Folgen verhindern – sofern die Arzneimittel richtig angewendet werden. In der Praxis wird das gewünschte Therapieziel nicht immer optimal erreicht oder der Gesundheitszustand des Betroffenen verschlechtert sich sogar.

Grund dafür sind oft arzneimittelbezogene Probleme, z. B.:

  • Nebenwirkungen, ausgelöst durch ein oder mehrere Arzneimittel,
  • Wechselwirkungen zwischen zwei Arzneimitteln, durch die z. B. ihre Wirkung abgeschwächt oder verstärkt wird,
  • Fehler bzw. Probleme bei der Anwendung,
  • Nichteinhalten der Therapie, z. B. Tabletteneinnahme vergessen, zu frühes Absetzen einer Therapie,
  • Unter- und Überdosierung,
  • doppelte Einnahme eines Arzneimittels, z. B. bei gleichzeitiger Betreuung durch den Hausarzt und einen Facharzt,
  • viele weitere individuelle Probleme, die die Therapie erschweren, z. B. Einschränkungen im Sehen oder in der Motorik.

Solche arzneimittelbezogenen Probleme können auch Ursachen für Krankenhauseinweisungen sein. Sie sind also nicht nur ein Gesundheitsrisiko, sondern auch ein wichtiger Kostenfaktor im Gesundheitswesen.

Neue Modelle der Patientenbetreuung

Mit zunehmendem Lebensalter und der Diabetesdauer steigt häufig die Zahl der Erkrankungen und auch der eingenommenen Medikamente – und damit das Risiko für Probleme durch Arzneimittel. Zudem gibt es Medikamente, die in ihrer Handhabung anspruchsvoll sind und umfassende Schulungen erfordern.

Die Sicherheit der Arzneimitteltherapie kann entscheidend erhöht werden, indem vielfältige arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst bzw. minimiert werden. Der Betroffene gewinnt so an Sicherheit und Eigenständigkeit im Umgang mit seiner Medikation. Ärzte und Apotheker nutzen dazu neue Modelle der gemeinsamen Patientenbetreuung wie die Medikationsanalyse und das Medikationsmanagement.

Die Medikationsanalyse

Ausgangspunkt einer Medikationsanalyse ist die strukturierte Erfassung der aktuellen Gesamtmedikation, die z. B. bei einem Gesprächstermin in der Apotheke aufgenommen und dokumentiert wird. Auf dieser Basis und mit möglichen Einträgen in der Kundendatei oder mit Hilfe eines mitgebrachten Medikationsplans wird die Medikation systematisch auf weitere Probleme geprüft, z. B. auf Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln.

Wenn nötig, bespricht der Apotheker die gefundenen Probleme mit dem behandelnden Arzt. Der Betroffene erhält auf Wunsch vom Apotheker eine aktuelle Auflistung seiner Medikation.

Das Medikationsmanagement

Von einem Medikationsmanagement spricht man, wenn sich nach der Medikationsanalyse eine kontinuierliche Betreuung anschließt und der Medikationsplan regelmäßig geprüft und aktualisiert wird. Dabei ist der Arzt für medizinische und der Apotheker für arzneimittelbezogene Fragen zuständig. Im Rahmen der Medikationsanalyse wird die Medikation des Betroffenen im Medikationsplan durch den Apotheker erfasst.

Der Arzt überprüft auf Basis des Medikationsplans die Medikation und die Dosierungen. Dabei berücksichtigt er die Patientenakte und die darin enthaltenen Diagnosen und Laborwerte. Ziel dieser Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker ist es, einen gemeinsam abgestimmten Medikationsplan zu erstellen und aktuell zu halten.

Auch der Patient erhält einen Medikationsplan, den er immer zu Arztterminen und Apothekenbesuchen mitbringen sollte, um ihn regelmäßig zu prüfen und, wenn nötig, zu aktualisieren. So kann der Medikationsplan bei der täglichen Einnahme und Anwendung der Arzneimittel helfen.

Medikationsplan: Herzstück des Medikationsmanagements

Mit dem Ziel, Medikationspläne einheitlich und übersichtlich zu gestalten, hat das Bundesgesundheitsministerium 2013 im “Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland” eine Vorlage für einen Medikationsplan entwickelt. Dies erfolgte in Zusammenarbeit mit Vertretern von Ärzten und Apothekern sowie Softwareherstellern, Krankenkassen und Patienten.

Ein vollständiger Medikationsplan enthält die persönlichen Daten des Patienten und seine gesamte Medikation. Für jedes Medikament werden neben Wirkstoff und Handelsname des Arzneimittels die Dosierung und der Grund der Einnahme eingetragen. Hinweise zur Anwendung können durch Arzt oder Apotheker vermerkt werden. Weiterhin können die Medikamente geordnet werden, z. B. nach ärztlich verordneten Medikamenten und Selbstmedikation.

Kontinuierliche Patientenbetreuung durch Arzt und Apotheker

Bei Patienten, die viele Medikamente einnehmen, kommt es häufig zu Veränderungen in der Arzneimitteltherapie. Durch Fortschreiten einer Erkrankung sowie Neu- oder Folgeerkrankungen kann eine Anpassung der Dosis durch den Arzt oder die Verordnung eines neuen Medikaments erforderlich sein. Oftmals konsultiert der Patient neben seinem Hausarzt dazu auch Fachärzte. Dadurch ist der Medikationsplan häufig nicht mehr aktuell.

Um dauerhaft einen Überblick über die Medikation eines Patienten zu behalten, bietet das Medikationsmanagement die Möglichkeit einer kontinuierlichen Patientenbetreuung durch Arzt und Apotheker. So können Maßnahmen zu bereits erkannten Problemen aus der Medikationsanalyse nachverfolgt werden. Gleichzeitig können neu auftretende Probleme, z. B. durch neu verordnete oder selbst gekaufte Medikamente, erkannt und gelöst werden. Der Patient erhält bei jeder Veränderung einen aktualisierten Medikationsplan und behält so weiterhin den Überblick.

Dabei ist das Ziel, dem Betroffenen möglichst lange einen eigenständigen und sicheren Umgang mit seinen Medikamenten zu ermöglichen. Gleichzeitig können durch das Medikationsmanagement langfristig die Wirksamkeit der Arzneimitteltherapie optimiert und die Therapietreue gefördert werden.

Modellprojekt ARMIN: Medikationsmanagement in der Praxis

Medikationsmanagement ist eine zukunftsweisende Dienstleistung im Gesundheitswesen, die in vielen Modellprojekten erforscht und optimiert wird. Dazu wurden bereits Verträge mit einzelnen Krankenkassen geschlossen. Eines dieser Projekte heißt ARMIN (Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen), in dem Apothekerverbände und Kassenärztliche Vereinigungen von Sachsen und Thüringen mit der Krankenkasse AOK PLUS zusammenarbeiten.

In der Modellregion wird derzeit erprobt, ob und wie sich das Medikationsmanagement auf Basis eines elektronisch angelegten Medikationsplans in der Praxis umsetzen lässt. Dabei soll besonders der Nutzen für den Patienten und seine Therapie beobachtet werden (siehe auch www.arzneimittelinitiative.de).

PRIMA – Akzeptanz beim Patienten

2014 hat das Bundesgesundheitsministerium Fördergelder für Projekte ausgeschrieben, die den Medikationsplan im Rahmen des “Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland” auf seine Akzeptanz und Umsetzung in der Praxis testen sollten. Eines der drei Projekte, die den Förderzuschlag erhielten, ist das Projekt PRIMA (Primärsystem-Integration des Medikationsplans mit Akzeptanzuntersuchung). Das Projekt PRIMA baut auf ARMIN auf.

Zu Beginn des Projektes wurden in einer Voruntersuchung die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Medikationsplans in Papierform mit Patienten getestet und optimiert. Dabei wurde untersucht, inwiefern der Medikationsplan tatsächlich verstanden wird. Nun soll eine frühe Erprobung und Weiterentwicklung des elektronischen Medikationsplans gemeinsam mit Ärzten und Apothekern folgen, bevor in ARMIN dann eine größere Zahl Patienten betreut werden kann.

Arzt und Apotheker tauschen Änderungen im Medikationsplan über eine dafür eingerichtete sichere Server-Verbindung aus. Im Anschluss soll die Akzeptanz dieses elektronischen Medikationsplans beim Patienten und seinem betreuenden Arzt und Apotheker untersucht werden.

Mit den Projekten ARMIN und PRIMA wird langfristig das Ziel verfolgt, Medikationsmanagement bundesweit für alle zugänglich zu machen, die ein erhöhtes Risiko für Probleme unter der Arzneimitteltherapie haben. Dabei werden Patienten weiterhin im vertrauten Umfeld von Hausarzt und Apotheker betreut.

Schwerpunkt Medikamente richtig einsetzen

von Dr. Ann Kathrin Strunz
Referentin “Wissenschaftliche Entwicklung”,
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände,
Jägerstraße 49/50, 10117 Berlin,
Tel.: 0 30/40 0 04-5 37, E-Mail: a.strunz@abda.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (11) Seite 22-25

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