Hört mir endlich zu!

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Hört mir endlich zu!

Ich liege verschwitzt und nur mit meiner Unterhose und Sweatshirt bekleidet auf einem Massagetisch. Um mich herum stehen Rettungssanitäter mit Masken (wir leben im Corona-Zeitalter) und mir wird Traubenzucker in den Mund gesteckt. „Hallo! Hallo! Verstehen Sie mich? Trinken Sie diesen Saft!“ Danach wird mir ein Strohhalm in den Mund gesteckt und ich trinke einen süßen Saft. Auf dem Tisch neben mir liegen etliche Bananen. Zwei davon habe ich anscheinend schon gegessen.

Quelle: Heike Marth

Es ist Donnerstagnachmittag und ich habe einen Termin bei meiner Physiotherapeutin. Mein kaputtes Knie soll durch Übungen wieder aufgebaut werden.

Hoher Gewebezucker und Ungeduld sind keine gute Kombi

Doch mein  Diabetes vermasselte mal wieder alles! Als ich am Nachmittag um 14 Uhr zu Fuß zur Physiotherapie starte, liegt mein Zuckerwert bei 260 mg/dl (14,4 mmol/l). Ich hatte zuvor gegen 13 Uhr einen Wert von 240 mg/dl (13,3 mmol/l). Da hatte ich mir 2 Insulineinheiten mit der Pumpe gegeben. Da mein Gewebezucker vor meinem Abmarsch dennoch weiter angestiegen war, gab ich mir mit meiner Insulinpumpe (leichtsinnigerweise) nochmal 4 Einheiten. Ich bin bei einem zu hohen Blutzucker oftmals zu ungeduldig! Und der Pen ist zudem meine neue Methode, dass das Insulin schneller wirkt.

In diesem Fall wirkte es dann doch zu schnell, vielleicht auch durch meinen Spaziergang zur Physio?! Vor der Physiotherapie bemerkte ich zwar den Gewebezuckerabfall auf meiner Eversense-App und aß noch einen Müsliriegel. Doch das war leider nicht genug. So fand ich mich mit einem Wert von 50 mg/dl (2,8 mmol/l) nach 2 Bananen immer noch schwer ansprechbar im Angesicht der Sanitäter. Sie waren zum Glück sehr verständnisvoll und nahmen mich nicht in die Klinik mit – für mich ist das immer ein Albtraum.

Quelle: Heike Marth

Nach dieser „Hypo“-Attacke lief ich mit 160 mg/dl (8,9 mmol/l) und dem Einverständnis meiner Helfer wieder langsam nach Hause (der Weg ging bergab und der Gewebezucker bergauf). Mein Mann wurde vorab bereits am Telefon informiert, aber er wollte dann nicht vor meiner Tochter über diesen „Hypo“-Unfall reden. Wie meist nach einer „Hypo“ stand ich mal wieder alleine da. Kein Austausch über diese Situation in meiner Familie. Obwohl mir ein Gespräch nach so einem „Hypo“-Trauma doch so wichtig wäre!

Jetzt lasst uns endlich mal über die „Hypo“-Schlamassel reden

Es gibt in meinem Diabetes-Leben (zu) oft zu viele Un- und Missverständnisse. Die „Hypo“ ist nur ein Beispiel für dieses „Weghören“.

Meine Ursprungsfamilie in meiner Kindheit (ich bekam mit 10 Jahren Typ-1-Diabetes) fragte mich nie nach den Ursachen meiner häufigen „Hypos“, sondern schickte mich immer öfter zu neuen Fachärzten. Ich fühlte mich zum Großteil selbst schuld an diesem ganzen Diabetes-Dilemma! „Du bist selbst schuld! Pass doch besser auf. Immer haben wir diese Probleme mit dir!“

Quelle: Heike Marth

Ich habe mich kürzlich bei einem Spaziergang mit einem Freund über meine Diabetesprobleme und die „Hypos“ unterhalten. Er gab mir einen Ratschlag: Rede über deine Probleme mit den „Hypos“! Erkläre, warum du manchmal diese Unterzuckerungsprobleme hast. Erkläre es detailliert, Szene für Szene, „Hypo“ für „Hypo“. Denn erst dann können deine Freunde oder die Familie die Ursachen deiner „Hypos“ verstehen. Damit vermeidest du ein Unverständnis rund um deine „Hypos“. Und lernst vielleicht selbst noch etwas dazu.

Ich habe jetzt die ruhigere Corona-Zeit genutzt und mich am Abend zu meinem Mann gesetzt. Bei einem Glas Rotwein sind wir die letzte „Hypo“ Schritt für Schritt durchgegangen.

Redet ihr mit der Familie oder Freunden über eure Diabetes-Schwierigkeiten?


Über schwierige Hypoglykämie-Situationen hat auch Tine geschrieben: „Hypo“-Stories: Tief, tiefer und am Boden

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