Ich bin (k)ein Roboter!

3 Minuten

Community-Beitrag
Ich bin (k)ein Roboter!

Jährlich erreicht uns Diabetiker neues, medizinisches Material. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich sehr viel zugunsten unserer Therapie verändert.  Von Metallspritzen zu intelligenten Pens, von koffergroßen Insulinpumpen zu Streichholzschachtelgröße. Blutzuckermessungen funktionieren mittlerweile ohne literweise Blut – seit einiger Zeit gibt es Zuckermessungen sogar ohne einen einzigen Tropfen davon. Statt punktueller Messungen können wir nun unseren gesamten Glukoseverlauf sehen.

Durch diese vielen Neuerungen haben natürlich auch die Informationen und das Wissen über unsere Krankheit und ihre Therapie zugenommen. Damit steigen jedoch auch irgendwie immer die Anforderungen – von Ärzten und Krankenkassen, aber vor allem von uns selbst. Der Pfeil nach oben, der anzeigt, dass unser Zucker trotz lang zurückliegender Mahlzeit immer noch steigt, macht uns hibbelig, die Durchschnittserrechnung der letzten 14 Tage im Blutzuckermessgerät treibt uns den Schweiß auf die Stirn – unsere Daten, unsere Krankheit waren noch nie zuvor so transparent wie jetzt. Das bringt natürlich auch seine Tücken mit sich. Wir müssen dazulernen, neu denken und verstehen lernen. Ein CGM-System mit einer Pumpe, die vor einer Hypoglykämie abschaltet, ist eben (noch) kein Heilmittel und erfordert eher noch mehr Disziplin und Ausdauer als mit der ursprünglicheren Form der Therapie (ICT).

Auch ich musste lernen, dass meine Hoffnungen auf eine bessere Therapie nicht automatisch mit einem neuen Gerät erfüllt werden können. Denn trotz aller Gerätschaften sitzt noch immer ein Mensch dahinter, der sie auswählen, kennenlernen und richtig benutzen muss, um dann auch hin und wieder festzustellen, dass weder wir unfehlbar sind noch die Technik an sich es ist. Sich außerdem in diesem Dschungel aus Möglichkeiten zum Therapiemanagement zurechtzufinden, das Richtige für sich zu entdecken und dann auch noch vor der Krankenkasse verteidigen zu können, sind Probleme, vor denen jetzt so viel mehr Diabetiker stehen als zuvor. Die Krankenkasse und auch mancher Arzt ist misstrauisch, sehen keinen „Benefit“ darin oder können die Technik selbst nicht richtig verstehen und nutzen und lehnen sie deshalb kategorisch ab.

Oder auch umgekehrt: Schafft man es als Diabetiker, seine Wunschpumpe, ein CGM, das FreeStyle Libre oder andere Hilfsmittel zu nutzen, erwartet das Umfeld manchmal so etwas wie eine Heilung. „Du hast doch eine Pumpe – wie kannst du da denn jetzt so einen schlechten Wert haben? Die macht doch eh alles selbst!“ – Ja, auch im Thema Aufklärung müssen wir trotz (oder gerade wegen?) der neuen technischen Möglichkeiten weiter arbeiten. Denn auch wenn ich Tag und Nacht piepe, klingle und vibriere, bin ich noch lange kein Roboter! Auch mit High-Tech-Geräten am Körper fluche auch ich jeden Tag, ärgere mich über Hypo- und Hyperglykämien und würde manchmal am liebsten alles von mir reißen – um meine Erwartungen nicht täglich enttäuscht zu sehen, um die Zweifel und manchmal auch Überforderung mit den zahllosen Möglichkeiten und Informationen beiseitezuschieben und vielleicht auch, um mir selbst zu beweisen: Es geht auch ohne!

Für welchen Weg auch immer man sich entscheidet, wir sollten eins im Hinterkopf behalten: Wir sind alle nur Menschen – und Menschen sind nicht perfekt. Wir leben mit einer Krankheit, die nicht immer berechenbar ist. Die aus so vielen Faktoren besteht, dass auch die Wissenschaft nicht alle Phänomene erklären kann, und die sehr viel Disziplin und Ehrgeiz fordert. Wir sollten uns also nicht einschüchtern lassen, unsere Erwartungen vielleicht manchmal ein wenig runterschrauben und generell weniger kritisch mit uns sein… Denn einen „guten“ oder „schlechten“ Diabetiker oder eine „Einstellung“ des Diabetes gibt es nicht!

Ähnliche Beiträge

#43: Diabetes-Barcamp – ein Event, bei dem Teilnehmer mitwirken

Mit 27 Jahren wurde bei Caro ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert. Erfahrt in dieser Kolumne alles über ihre außergewöhnliche Reise als junge Frau mit Diabetes.

3 Minuten

Community-Beitrag

App „Una Health“ zugelassen: DiGA für Typ-2-Diabetes kann nun auf Rezept verordnet werden

Die App „Una Health“, eine digitale Lösung zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, ist vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Digitale Gesundheitsanwendung in das DiGA-Verzeichnis als „vorläufig“ auf­genommen worden und kann nun auf Rezept verordnet werden.

2 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert