Impfschutz für Diabetiker

2 Minuten

© MarsBars - iStockphoto
Impfschutz für Diabetiker

Sollten sich Diabetiker gegen Grippe impfen lassen? Oder gegen Lungenentzündung? Unser Experten-Interview mit Dr. Sören Schmidtmann (Berlin), Pneumologe und Vater eines Sohnes mit Typ-1-Diabetes.

Zur Person:

Dr. Sören Schmidtmann ist Facharzt für Innere Medizin sowie Facharzt für den Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde. Seit 1997 arbeitet er als niedergelassener Pneumologe in Berlin-Marzahn.

Dr. Schmidtmann ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), im Bundesverband der Pneumologen in Deutschland und im Berufsverband Deutscher Internisten (BDI). Für Allgemeinmediziner und Internisten veranstaltet der Mediziner seit Jahren eine Fortbildungsreihe, den „Qualitätszirkel Pneumologie“.

Diabetes-Journal (DJ): Sind Impfungen für Diabetiker wichtig – wenn ja, warum?
Dr. Sören Schmidtmann: Durch ihre chronische Erkrankung leiden Diabetiker auch an einer Abwehrschwäche: Sie bekommen öfter Infektionen als gesunde Menschen. Infektionen, die sich mit einer Impfung verhindern lassen, sollte auf jeden Fall mit einem Impfschutz vorgebeugt werden.
Diabetiker sollten alle von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Standardimpfungen bekommen. So muss zum Beispiel die Tetanusimpfung alle 10 Jahre aufgefrischt werden. Zusätzlich sollten sie unbedingt die Grippe- und die Pneumokokken-Impfung (gegen Lungenentzündung) erhalten.

DJ: Wie vertragen sich Impfungen mit der Insulintherapie?
Dr. Schmidtmann: Impfungen spielen für die Insulintherapie eigentlich keine Rolle. An der Einstichstelle kann es zu normalen Begleiterscheinungen wie Rötung oder Schwellung kommen. Selten kann vorübergehendes Fieber auftreten. Hier sollten Diabetiker aufmerksam sein und beachten, dass sich ihr Stoffwechsel und die Blutzuckerwerte verändern, wie es sonst auch bei einem Infekt der Fall sein kann. Das habe ich aber noch nie erlebt. Ich bin selbst Vater eines Sohnes mit Typ-1-Diabetes, und er wurde gegen alles durchgeimpft. Dabei ist nie eine Komplikation aufgetreten.

DJ: Diabetiker möchten ihr Immunsystem nicht unnötig belasten und scheuen sich deshalb manchmal auch vor Impfungen – wie nehmen Sie Patienten diese Sorge?
Dr. Schmidtmann: Impfungen können den Körper in der Regel nicht schädigen. Jedes Immunsystem ist ständig natürlichen Infekten ausgesetzt und muss solche Belastungen im Alltag bewältigen.
Diese Auseinandersetzung mit Erregern ist für das Immunsystem weitaus einfacher, wenn es den Erreger bereits durch eine vorher durchgeführte Impfung kennt und so viel schneller reagieren kann. Die Datenlage zur Pneumokokken- und zur Grippeimpfung für chronisch Kranke ist heute sehr klar, das gebe ich auch an meine Patienten weiter und empfehle allen Diabetikern beide Impfungen.

DJ: Es soll einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Typ-1-Diabetes geben. Sollte man sich besser nicht impfen lassen, wenn bereits die genetische Veranlagung für Diabetes besteht?
Dr. Schmidtmann: Man weiß bis heute nicht genau, was die Initialzündung ist, die zur Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen durch das körpereigene Immunsystem beim Typ-1-Diabetiker führt. Infekte könnten hier neben vielen anderen Faktoren eine Rolle spielen. Es gibt aber aktuell keinen gesicherten Zusammenhang zwischen erfolgten Impfungen und dem Auftreten eines Typ-1-Diabetes.


von Redaktion Diabetes-Journal
Redaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag,
Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (10) Seite 34

Ähnliche Beiträge

Lea Raak im Interview: Durch Community zurück ins Leben

Lea Raak lebt seit dem Jahr 2011 mit einem Typ-1-Diabetes. Viele Fragen taten sich nach der Diagnose auf – und eine gewisse Verzweiflung. Die Community hat ihr zurück ins Leben geholfen: „Ich tue mein Bestes und alles andere kommt, wie es kommt.“

11 Minuten

#dedoc° voices meet DDG: die Patienten-Perspektive beim Diabetes Kongress

Im zweiten Teil der Berichte der #dedoc° voices vom diesjährigen Diabetes Kongress kommen weitere Menschen mit Diabetes zu Wort, die im Mai die Fachtagung in Berlin besucht haben, um ihre Perspektive einzubringen.

9 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert