Mehr Typ-1-Diabetes

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© Davizro Photography - AdobeStock
Mehr Typ-1-Diabetes

Wenn es mehrere Studien zur selben Fragestellung gibt (in diesem Fall: Führt Corona zu mehr Typ-1-Diabetes bei Kindern?) und die Einzelstudien nicht zuletzt wegen der geringen Fallzahlen widersprüchliche Ergebnisse ergeben, gibt es das statistische Verfahren der Meta-Analyse. Hierbei werden mehrere ähnliche Studien zusammengefasst und daraus wird ein aussagekräftigeres Ergebnis errechnet. Die Inzidenz (Rate an Neuerkrankungen) von Typ-1-Diabetes ist während der COVID-19-Pandemie gestiegen, so das Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Meta-Analyse, die am 30. Juni in der Zeitschrift JAMA Network Open veröffentlicht wurde.

Die Auswertung umfasste 17 Studien mit 38 149 Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes. Dabei wurden Daten aus zwei Jahren während der Pandemie mit Daten aus der Zeit vor der Pandemie verglichen. Es zeigte sich eine höhere Neuerkrankungsrate von Typ-1-Diabetes: Das Risiko für Kinder, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, war im ersten Jahr um 14 Prozent und im zweiten Jahr um 27 Prozent höher.

Obwohl die Studie wichtige Erkenntnisse zum Anstieg der Häufigkeit liefert, ist sie nicht dazu gedacht, die Frage zu beantworten, warum die Zahl der Kinder mit Typ-1-Diabetes zugenommen hat. Ein Zusammenhang zwischen Viruserkrankungen wie COVID-19 und dem Entstehen von Diabetes Typ 1 ist auch deshalb spannend, weil auch andere Viren wie Röteln-, Mumps- oder Enteroviren im Verdacht stehen, diese Autoimmunerkrankung auslösen zu können.

Letzter Schub durch Virusinfektion?

Oft wird Typ-1-Diabetes nach einer Infektion, beispielsweise mit Grippeviren, diagnostiziert. Allerdings weiß man auch, dass der typischen Diabetesdiagnose nach großem Durst, häufigem Wasserlassen und Gewichtsabnahme in der Regel ein jahrelanger symptomloser, schubweiser Verlust der insulinproduzierenden Zellen vorangeht. Daher kann die Viruserkrankung kurz vor der Manifestation höchstens den letzten Schub vor Diagnose des Diabetes beeinflusst haben.

Eine andere Studie mit Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern zeigte, dass bei Kindern zwischen 2 und 12 Jahren im Zeitraum zwischen 2020 und 2021 die Diagnose Diabetes Typ 1 häufiger auftrat, wenn die Kinder vorher bereits eine Corona-Infektion überstanden hatten. Nach durchgemachter Infektion hatten die Kinder ein um 57 Prozent erhöhtes Risiko, Diabetes Typ 1 zu entwickeln – verglichen mit Kindern, die sich nicht infiziert hatten. Sollten sich weitere Belege für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Viren und Diabetesauftreten ergeben, könnte dies z. B. dazu führen, dass Menschen mit einem hohen Erbrisiko für Typ-1-Diabetes gegen Enteroviren oder COVID-19 geimpft werden können, was unter Umständen den Ausbruch der Autoimmunerkrankung verzögern könnte.


Autor:

Prof. Dr. Thomas Danne
Kinderdiabetologe
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”, Hannover
E-Mail: danne@hka.de

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