#31: Mein 3. Diaversary

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Hin und zurück - bis ans Ende der Dia-Welt – Mein 3. Diaversary
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#31: Mein 3. Diaversary

Heute vor drei Jahren ist es passiert — am 18. September 2020. Ich saß beim Arzt und wartete auf die Ergebnisse bezüglich meiner Flecken an den Beinen. Als ich an diesem Freitagmorgen die Praxis verließ, änderte sich mein ganzes Leben auf einen Schlag. Denn ich wurde mit Typ-2-Diabetes diagnostiziert. Und das mit nur 27 Jahren!

Oftmals werde ich von anderen gefragt, was sich seit meiner Diagnose für mich geändert hat. Die ehrliche Antwort ist: Alles und doch nichts. Seit ich klein bin, kämpfe ich gegen mein Übergewicht. Ich glaube, meine erste Diät hatte ich mit bereits zwölf Jahren absolviert, nach dem ich für mich beschlossen hatte, dass man nur „zu den coolen Kids gehört“, wenn man schlank sei. Über all die Jahre habe ich also unfassbar viele Diäten ausprobiert. Einen ekligen Zucker-Abnehm-Shake (damals war Süßstoff noch nicht so populär) nach dem anderen getrunken und viele Stunden auf dem Laufband oder Crosstrainer verbracht. Der Verzicht auf Leckereien (… die ich so lieb(t)e!) sowie der regelmäßige Sport waren also schon immer irgendwie ein Teil meines Lebens.

Früher machte ich Sport aus einem Pflichtgefühl heraus und ließ von Menschen im Außen bestimmen, was „richtig“ für mich war und was nicht. Ich habe sehr gekämpft und bin gegen meinen inneren Schweinehund immer und immer wieder angetreten. Die logische Konsequenz daraus war, dass es eines Tages einen riesigen Knall gab. Und als dieser dann kam, war es Zeit, sich neu zu orientieren. Mein Knall war damals die Corona Pandemie. Und wenn Du jetzt gut im zurückrechnen bist, dann wirst Du bereits geschlussfolgert haben, dass ich im ersten Jahr der Pandemie diagnostiziert wurde.

Foto: privat

Was anfangs im Bezug auf Sport mir eine Menge Kopfweh bereitete, hat sich am Ende als ein positiver Wink des Schicksals erwiesen. Denn in dem Moment als die Pforten aller Fitnessstudios in Deutschland geschlossen wurden – das Einzige, was ich zu dieser Zeit kannte – musste ich etwas Neues für mich finden. Da ich umgeben von Weinbergen lebe, war es relativ naheliegend, dass mein erster Versuch in Richtung „neu“, der Spaziergang sein würde. Auch vor der Pandemie hatte ich bereits zwei Jahre zuvor in meiner neuen Heimat gelebt, aber es brauchte tatsächlich einen gesellschaftlichen Shutdown damit ich diese wunderschöne neue Umgebung entdeckte. Heute ist für mich ein Spaziergang durch die Weinberge unabdingbar und gehört für mich einfach im Alltag dazu. Mit der Zeit entdeckte ich auch das Hula Hoop sowie das Yoga für mich.

Wenn man nicht chronisch krank ist, sieht man oftmals nicht die Notwendigkeit etwas zu machen bzw. setzt sich mit Dingen ganz anders auseinander. Wie eingangs erwähnt, habe ich Sport vor meiner Diagnose meist aufgrund eines Pflichtgefühls gemacht. Ich hatte zwar ein Ziel, aber so 100 Prozent Freude an der Umsetzung hatte ich nie. Das führte dann dazu, dass sobald ich mein Ziel erreichte, ich meinen Fokus verlor und nicht mehr am Ball blieb.

Mit meinem Diabetes als Begleiter ist es heute anders. Mir ist bewusst, dass ich die tägliche Bewegung brauche. Nicht nur um meinen Blutzucker zu senken, sondern auch um mental abschalten zu können. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass es keinen krassen Ausdauersport braucht, um gesund zu leben. Sondern das einfach jede Form von Bewegung zählt. Und ich glaube, dass war seit meiner Diagnose auch das wichtigste Learning für mich. Einfach das zu machen, worauf man Bock hat. Kein Pflichtgefühl, sondern einfach positive Lust auf eine bestimmte Tätigkeit. Und am Ende ist das der Schlüssel, um langfristig am Ball zu bleiben.

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Auch in Sachen „Ernährung“ hat sich seit meiner Diabetes-Diagnose viel verändert. Vor meiner Diagnose gab es immer Lebensabschnitte, in denen ich viele Diäten durchgeführt hatte. Aber auch gab es immer wieder Phasen, wo ich auf alles mehr oder weniger „geschissen“ hatte und einfach leben wollte. Ich habe viel herumexperimentiert, was gesund sei und was nicht und dabei viele Lebensmittel entweder zu stark oder zu wenig konsumiert.

Seit meiner Diagnose hat sich mein Blickwinkel auch hier komplett verändert. Ich verstehe nun, was es heißt, sich ausgewogen zu ernähren. Und da habe ich für mich einfach das 80:20-Prinzip entdeckt: Also 80 Prozent gesund und 20 Prozent cheaten. Vom Ernährungsstil her setze ich für mich Zuhause eine 98-prozentige vegane Ernährung um. Außerhalb meiner vier Wände, bspw. wenn ich mit Freundinnen und Freunden essen gehe, sehe ich es etwas lockerer und esse einfach worauf ich Lust habe. So kommen dann größtenteils die 20 Prozent cheaten auch zusammen.

Wie Du siehst, gibt es für mich ein Leben vor und nach der Diagnose. Vor der Diagnose war ich unbekümmert, unwissend und habe viel über mich ergehen lassen. Ich habe einige sehr schlechte Erfahrungen in Sachen Ernährung und Sport gemacht, was sich heute hin und wieder rächt und bedingt wahrscheinlich auch eine Rolle spielt, warum ich so früh an Typ-2-Diabetes erkrankt bin. Mein Leben nach der Diagnose ist natürlich kein Zuckerschlecken. Ganz im Gegenteil! Auch ich habe oft Momente, wo ich mich wirklich zusammen reißen muss. Der Quartalstermin beim Diabetologen schwingt irgendwie immer in Gedanken mit und beeinflusst die ein oder andere (Essens-)Entscheidung. #thestruggleisreal

Foto: privat

Doch was den Sport bzw. die Bewegung anbelangt, so habe ich endlich meinen Weg gefunden und schaffe es, diesen seit drei Jahren erfolgreich umzusetzen. Egal, ob Krafttraining, Yoga, Schwimmen oder einfach eine große Runde Spaziergang. Ich stresse mich nicht mehr und mache, worauf ich Lust habe. So komme ich auf sechs aktive Tage in der Woche und habe ein starkes Standbein innerhalb meines Diabetes Management.

Bei einigen Dingen, wie bspw. dem Thema Ernährung, finde ich es zwar schade, dass ich 27 Jahre brauchte, um mich durch den Diäten-Dschungel zu schlängeln, doch heute weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Drei Jahre lebe ich nun mit Typ-2-Diabetes. Und diese drei Jahre waren bisher die lehrreichsten Jahre meines Lebens. Es gab wirklich viele auf und ab Phasen. Doch ich bin so motiviert, wie noch nie und habe einige Ziele, die ich hoffentlich in den kommenden zwölf Monaten umsetzen kann. Mit einer Diabetes-Erkrankung wird es auf jeden Fall nie langweilig, oder?

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