Mit dem Rauchen aufhören

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Mit dem Rauchen aufhören

“Wer das Rauchen aufgibt, verringert das Risiko tödlicher Herz- und Lungenerkrankungen.” Das ist einer der Warnhinweise, die in der Europäischen Union auf Zigarettenpackungen gedruckt werden müssen. Der Hinweis ist für Menschen mit Diabetes besonders wichtig, denn ihre Gefäße und Nerven sind sowieso schon gefährdet. Ein weiterer EU-Warnhinweis lautet übrigens: “Rauchen macht sehr schnell abhängig. Fangen Sie gar nicht erst an!” Stimmt! Aber wie kann es gelingen, mit dem Rauchen wieder aufzuhören?

Der Konsum von Tabak war im Gegensatz zum Alkohol in Deutschland bis zum Mittelalter unbekannt. Erst 1492 brachte Christoph Kolumbus die Tabakpflanze, die ursprünglich nur auf dem amerikanischen Kontinent beheimatet war, nach Europa. Tabak galt zu dieser Zeit als Arzneimittel und Heilmittel und wurde vorwiegend geschnupft.

Erst ab dem 19. Jahrhundert begann sich die Zigarette durchzusetzen, die heute mit einem Marktanteil von 95 Prozent das gebräuchlichste Tabakprodukt ist. Laut dem Tabakatlas Deutschland 2015 entfallen 64 Prozent der Gesamttabakmenge in Deutschland auf Fertigzigaretten und 31 Prozent auf Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten. Zigarillos, Zigarren, Pfeifentabak, Schnupftabak oder auch Tabak für die Wasserpfeife kommen nur auf ca. 5 Prozent Marktanteil.

Der Imagewandel des Rauchens

In den 1930er Jahren war Deutschland der größte Tabakimporteur der Welt und Rauchen war absolut üblich. Rund 80 Prozent der Männer und schätzungsweise 20 Prozent der Frauen rauchten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Zigarette eine kurze Zeit sogar den Charakter einer Zweitwährung hatte und ein beliebtes Zahlungsmittel war, wurde das Rauchen relativ schnell ein Merkmal des Wirtschaftswachstums. 1950 rauchten noch 88 Prozent aller Männer, und auch unter Frauen war das Rauchen weit verbreitet.

Wachsende Kenntnisse über die gesundheitlichen Risiken, die mit dem Tabakkonsum verbunden sind – vor allem auch die Folgen des Passivrauchens – haben viele Staaten (auch Deutschland) dazu veranlasst, den Nichtraucherschutz mit verschiedenen Maßnahmen wie Rauchverboten und Steuererhöhungen schrittweise zu verstärken. Abzulesen ist das an der Zahl der Raucher, die in Deutschland stetig abnimmt.

Besonders bei Jugendlichen ist Rauchen nicht mehr cool: Während Ende der 1990er Jahre noch rund 30 Prozent der 12- bis 17-Jährigen rauchten, sind es aktuell nur noch ca. 10 Prozent. Trotzdem ist der Anteil der Raucher bei Erwachsenen noch immer hoch. Aktuell raucht immerhin jeder vierte Erwachsene – etwa jeder dritte Mann und jede fünfte Frau.

Rauchen und Diabetes

Dieser Trend lässt sich auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes verfolgen. Laut dem DMP-Bericht Nordrhein nahm die Zahl der Raucher im Zeitraum von 2005 bis 2013 von 15,4 Prozent auf 13,8 Prozent ab. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ist dies jedoch nicht zu beobachten. Im aktuellen DMP-Bericht Nordrhein wird angegeben, dass 2013 21,6 Prozent aller Menschen mit Typ-1-Diabetes rauchten – 18,9 Prozent der Frauen und 23,9 Prozent der Männer. Leider sind die Zahlen stabil und sinken nicht: 2009 waren es 21,4 Prozent.

Dabei ist Rauchen und Diabetes eine besonders ungesunde Kombination, die langfristig nur schädlich ist. Durch Rauchen werden im besonderen Maße die Blutgefäße geschädigt, die aufgrund des Diabetes sowieso schon besonders gefährdet sind. Menschen mit Diabetes, die rauchen, haben daher häufiger Schädigungen der großen und kleinen Blutgefäße, was mit einem deutlich erhöhten Risiko für Durchblutungsstörungen am Auge und der Niere, Herzinfarkt, Schlaganfall und die Entwicklung von Nervenschädigungen und einem diabetischen Fuß verbunden ist.

Tabakrauch verändert zudem die Zusammensetzung der Blutfette, verringert die Menge an “gutem” HDL-Cholesterin und erhöht den Blutdruck. Darüber hinaus zeigen Studien, dass Rauchen die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes begünstigt. So haben Raucher ein doppelt so hohes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, wie Nichtraucher.

Mit dem Rauchen aufhören sollten auf jeden Fall Menschen mit bereits bestehenden Folgeerkrankungen, da Rauchen die Prognose deutlich verschlechtert. Der Verzicht auf die Zigarette lohnt sich: Schon nach einigen Tagen, ohne zu rauchen, verbessern sich die Atemwegsfunktionen, der Blutdruck und die Lungenfunktion, und schon nach wenigen Jahren verringert sich das Erkrankungsrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die meisten Krebsarten.

Testen Sie sich: Sind Sie nikotinabhängig?

Viele Raucher sind überzeugt, dass sie jederzeit mit dem Rauchen aufhören könnten und unterschätzen das Ausmaß ihrer Nikotinabhängigkeit. In welchem Ausmaß Sie nikotinabhängig sind, können Sie mit Hilfe des kleinen Tests (s. Abb. 1) relativ einfach selbst herausfinden. Hierzu müssen Sie sechs Fragen beantworten. Vielleicht motiviert Sie das Ergebnis, den Tag festzulegen, ab dem Sie endgültig mit dem Rauchen aufhören. Je früher, desto besser!

Ich möchte ja aufhören, aber …

“Mit dem Rauchen aufzuhören, ist kinderleicht. Ich habe es schon hunderte Male geschafft”, sagte einst der amerikanische Schriftsteller Mark Twain. Tatsächlich haben die allermeisten Raucher schon viele Versuche gestartet, mit dem Rauchen aufzuhören. Warum ist es so schwer, durchzuhalten? Ein wichtiger Grund liegt in der Tatsache begründet, dass Nikotin eine süchtig machende Substanz ist.

Die gewohnheitsmäßige Nachfrage des Körpers nach Nikotin ist allerdings nur ein Grund, warum das “Aufhören” so schwerfällt. Denn jeder Raucher kennt Phasen, in denen er die Zigarette wirklich genossen hat. Gerade das Rauchen ist für viele Menschen mit angenehmen Stimmungen verbunden: Vergnügen, Geselligkeit, Anerkennung, Stärke, Belohnung, mit dem Gefühl der besseren Konzentration oder dem Abbau von Stress.

Der Wille zum Aufhören ist wichtig!

Ohne Zweifel – der Weg aus der Sucht ist nicht einfach. Aber machbar ist es! Allerdings gibt es keine Patentrezepte, um es zu schaffen. Entscheidend ist vor allem, es wirklich zu wollen, ohne Wenn und Aber.

Dabei hilft es, wenn Sie eine Vorstellung davon haben, warum es sich für Sie ganz persönlich lohnt, künftig nicht mehr zu rauchen. Es gibt eine Vielzahl von guten Gründen, warum Sie diesen Entschluss fassen können. Neben den günstigen Auswirkungen auf Ihre Gesundheit gibt es noch eine Reihe anderer Vorteile – hier eine kleine Auswahl:

  • sich körperlich wohlfühlen,
  • auf sich stolz sein können,
  • verfeinerter Geschmacks- und Geruchssinn,
  • frischer und lebendiger Atem,
  • kein schlechtes Gewissen wegen der gesundheitlichen Belästigung anderer (Passivrauchen),
  • weniger Stressanzeichen
  • und nicht zuletzt: mehr Geld.

Welche Gründe könnte es für Sie geben, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn Sie Raucher sind?

Hilfen, um mit dem Rauchen aufzuhören

Untersuchungen zeigen, dass es unterschiedliche Methoden gibt, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Teilnahme an einer Raucherentwöhnungsgruppe bringt langfristig die besten Erfolge.

Allerdings können auch Hilfsmittel wie Nikotinkaugummis, Nikotinpflaster oder auch entsprechende Medikamente eine erfolgreiche Unterstützung bei dem Vorhaben sein, den Körper Schritt für Schritt vom Nikotin zu entwöhnen. Für andere können Akupunktur, Hypnose, Sport oder das Lesen hilfreicher Bücher eine Hilfe darstellen. Wenn Sie an der Teilnahme an einem Kurs zur Raucherentwöhnung interessiert sind, kann Sie Ihr Diabetesteam bestimmt über Angebote in Ihrer Region informieren.

6 Tipps zum Aufhören
Die meisten Menschen probieren es mehrfach, mit dem Rauchen aufzuhören. Für alle, die dieser Artikel dazu motiviert hat, hier noch ein paar Tipps, wie Ihnen das Aufhören leichter gelingen kann:
  1. Legen Sie einen Tag fest, an dem Sie konsequent mit dem Rauchen aufhören. Diese Methode wird auch als “Schlusspunktmethode” bezeichnet. Es hat sich gezeigt, dass diese Methode meist erfolgreicher ist, als sich Schritt für Schritt das Rauchen abzugewöhnen.
  2. Lassen Sie sich von unangenehmen Entzugserscheinungen nicht entmutigen. Entzugserscheinungen sind ein Zeichen dafür, dass Ihr Körper nach Nikotin verlangt. Sie sind normal und verschwinden nach kurzer Zeit. Seien Sie guten Mutes – es ist nur eine vorübergehende Phase, die Sie bald überwunden haben.
  3. Beseitigen Sie alles, was Sie ans Rauchen erinnern könnte, beispielsweise Zigarettenschachteln, Feuerzeuge und Aschenbecher. So kommen Sie erst gar nicht in Versuchung. Das Verlangen nach einer Zigarette hat viel mit der Gewohnheit zu tun, in bestimmten Situationen des Alltags zu rauchen. Entkoppeln Sie das Bedürfnis zu rauchen von den Situationen, in denen Sie bisher bevorzugt zur Zigarette gegriffen haben.
  4. Finden Sie alternative Tätigkeiten. Überlegen Sie, was Sie in Situationen, bei denen Sie gerne zur Zigarette gegriffen haben, sonst tun könnten, was Ihnen helfen könnte, über diese Versuchungssituationen hinwegzukommen.
  5. Machen Sie keine Ausnahmen! Die Wahrscheinlichkeit ist sonst groß, dass Sie schnell in alte Verhaltensmuster zurückfallen.
  6. Bewegen Sie sich! Mehr Bewegung lenkt Sie nicht nur von Versuchungssituationen ab. Vielmehr merken Sie nach einiger Zeit auch, dass Sie nicht mehr so leicht aus der Puste geraten. Außerdem wirkt körperliche Aktivität entspannend und hebt die Stimmung, so dass Ihnen der Verzicht auf die Zigarette leichterfällt.
Schwerpunkt Alkohol und Nikotin

von Professor Dr. Bernhard Kulzer
E-Mail: kulzer@diabetes-zentrum.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (1) Seite 26-29

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