Mit Hilfe der Niere den Blutzucker regulieren

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Mit Hilfe der Niere den Blutzucker regulieren

Etwa 75 Prozent der ungefähr 8 Mio. diagnostizierten Diabetiker in Deutschland haben ein Risiko, diabetesspezifische Schäden an den großen und kleinen Gefäßen

Bisher unbefriedigend

Die bisherige medikamentöse Behandlung des Typ-2-Diabetes zeigt nicht immer befriedigende Ergebnisse; neue Therapiekonzepte sind willkommen – vor allem solche, die die vielen verschiedenen Erkrankungen

Nach den Daten der Studie DIG

Fokus auf die Niere

In dem Zusammenhang ist der Fokus des Interesses in den letzten Jahren auf die Niere gefallen – die Nieren tragen nämlich bei Diabetikern wesentlich dazu bei, dass aufgenommene Energie im Körper bleibt – mit der Folge einer Gewichtszunahme. Studien der letzten Jahre zeigen die große Rolle der Nieren bei der Glukoseproduktion und ihrer aktiven Beteiligung am Übergewicht! Die Nieren spielen auch eine wichtige Rolle im Glukosehaushalt und dessen Stabilisierung. Man weiß:

Die Glukose-Lieferanten

Die Leber ist somit nicht der alleinige Glukoselieferant zur Aufrechterhaltung des Blutzuckers – die Niere liefert im Nüchternzustand etwa 25 Prozent des Blutzuckers durch echte Neubildung

Die Niere ist auch verantwortlich für die Aufrechterhaltung einer gleichmäßigen Blutzuckerkonzentration – durch regelmäßige Filtration und Rückresorption von Glukose aus dem Filtrat

Jeder gesunde Mensch produziert im Schnitt etwa 180 bis 200 Liter

Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes haben chronischen Überzucker. Trotzdem wird interessanterweise und fatalerweise SGLT-2 sogar verstärkt gebildet! Das führt sogar zu einer noch stärkeren Zuckerwiederaufnahme

SGLT-2-Hemmer: Zucker wird über Urin ausgeschieden

SGLT-2-Hemmer sind neue Medikamente, die die Rückresorption des bereits in der Niere für die Ausscheidung über den Urin vorgesehenen Zuckers reduzieren, so dass dieser Zucker doch über den Urin ausgeschieden wird. Dadurch sinken Blutzuckerkonzentration und Gewicht.

Die Hemmung der Rückresorption von Zucker in den Nieren ist als Therapieansatz nicht neu: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde

Die Substanz hat in ihrer Urform leider die Unart, dass sie zusätzlich zu Durchfall führt: Denn neben dem SGLT-2 hemmt das Mittel auch den Transporter SGLT-1 in Niere und Darm – wodurch Durchfall ausgelöst wird. SGLT-2 verursacht auch im Dünndarm die Rückresorption von Zucker.

Dapagliflozin, ein spezifischer SGLT-2-Hemmer, wurde aus dem ursprünglichen

Täglicher Energieverlust

Und in einer aktuellen Studie über 3 Monate mit Typ-2-Diabetikern kam es zu einer mäßigen Ausscheidung von Zucker im Urin zwischen 52 und 85 g/Tag, was einem täglichen Energieverlust von etwa 300 kcal entspricht. Die Patienten nahmen in den 3 Monaten der Studie zwischen 1,3 und 2 kg an Gewicht ab.

Test auch mit Insulin

Die neue Substanz wurde auch bei Patienten getestet, die bereits mit Insulin behandelt werden: Auch in dieser Gruppe sank der HbA1c-Wert im Mittel um 0,7 Prozent, die Patienten nahmen deutlich an Gewicht ab. Nach den Studien werden sowohl die Nüchtern- als auch die Blutzuckerwerte nach dem Essen verbessert.

Die SGLT-2-Hemmer beeinflussen nicht die normale eigene Zuckerproduktion (Leber, Niere) – sie entfalten ihren Effekt unabhängig von der Insulinsekretion und -wirkung.

Teils Entzündungen

Sie senken also

Vielversprechend

Die meisten Typ-2-Diabetiker scheiden ohnehin vermehrt Zucker im Urin aus; dies wird durch die Behandlung mit einem SGLT-2-Hemmer noch verstärkt – also muss insbesondere bei der Langzeitbehandlung beobachtet werden, ob es zu gehäuften bakteriellen oder Pilzinfektionen kommt. Langzeitdaten gibt es bisher nicht für SGLT-2-Hemmer. Aufgrund ihres einzigartigen Wirkprinzips haben sie jedoch das Potential, eine vielversprechende Therapie in Tablettenform zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zu werden.

Insbesondere die insulinunabhängige Blutzuckersenkung ist sinnvoll sowie die Möglichkeit einer Kombination mit allen anderen bereits für die Diabetesbehandlung verfügbaren Tabletten und mit Insulin. Und:

Vorteil Gewichtsabnahme

Es kommt eher zu einer Gewichtsabnahme als zur Gewichtszunahme – das ist gerade bei Typ-2-Diabetikern unheimlich wichtig! Ob dieses neue Wirkprinzip irgendwann bei Typ-1-Diabetikern eingesetzt werden wird, z. B. zur Senkung der Blutzuckerspitzen nach dem Essen, bleibt abzuwarten. Studien sind offenbar geplant.

Abschließend bleibt zu vermerken, dass die neuen SGLT-2-Hemmer nicht primär zur Gewichtsreduktion, sondern zur Behandlung eines Diabetes eingesetzt werden. Basismaßnahmen wie regelmäßige Bewegung und "vernünftige Ernährung" bleiben die Eckpfeiler einer Diabetestherapie beim Typ-2-Diabetes!


Dr. Gerhard-W. Schmeisl, Bad Kissingen
Internist/Angiologe/Diabetologe, Chefarzt Deegenbergklinik, Burgstraße 21, Tel.: 09 71 / 8 21-0 und Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund), Pfaffstraße 10, Tel.: 09 71 /8 5-01, 97688 Bad Kissingen

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