Neue Methode identifiziert Patienten mit hohem Unterzuckerungsrisiko

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Neue Methode identifiziert Patienten mit hohem Unterzuckerungsrisiko

US-Forscher haben eine simpel durchführbare Methode entwickelt, mit der ermittelt werden kann, welche Patienten mit Typ-2-Diabetes ein besonders hohes Risiko für schwere Unterzuckerungen und deren potentiellen Folgen haben.

Im Rahmen einer Studie wurde am Forschungsinstitut des US-amerikanischen Krankenversicherungsunternehmens Kaiser Permanente eine Methode entwickelt, mit der sich ermitteln lässt, welche Menschen mit Typ-2-Diabetes ein besonders hohes Risiko für schwere Unterzuckerungen haben.

Notfall wegen Unterzuckerung in den USA: 100.000 Typ-2-Diabetiker pro Jahr

„Manche Menschen mit Diabetes nehmen nicht wahr, dass ihr Blutzuckerspiegel fällt, sodass sie unvermittelt in eine schwere Unterzuckerung geraten können, welche wiederum Stürze, Verkehrsunfälle, Herzattacken, Koma und sogar den Tod zur Folge haben können“, erklärt Andrew J. Karter, Leitender Wissenschaftler des Kaiser Permanente-Forschungsinstituts und Chefautor der Studie.

Dabei seien Unterzuckerungen oftmals vermeidbar, wenn den Patienten mit einem besonders hohen Risiko eine adäquate therapeutische Aufmerksamkeit zuteil werde, so Karter, „und wir glauben, dass unsere Methode dabei helfen wird, die Aufmerksamkeit auf die Patienten zu fokussieren, die sie am meisten benötigen“.

Schwere Unterzuckerungen sind laut Karter mittlerweile in den USA eine der häufigsten Ereignisse, wegen denen Menschen mit Typ-2-Diabetes sich einer Notfallbehandlung unterziehen müssen: Schätzungen gehen von rund 100.000 Fällen pro Jahr aus. Dabei seien ältere Patienten und solche mit einer langen Erkrankungsdauer dafür besonders anfällig.

Sechs simple Faktoren können Auskunft über das Risiko geben

Für die Entwicklung der Methode haben die Forscher 156 mögliche Risikofaktoren identifiziert, die zu einem starken Abrutschen des Blutzuckerspiegels führen können sowie die Gesundheitsdaten von über 200.000 Patienten mit Typ-2-Diabetes zusammengetragen. Auf dieser Grundlagen haben sie daraufhin mithilfe eines speziellen Analysenverfahrens, das auf maschinellem Lernen basiert, ein Modell entwickelt, das das 12-Monats-Risiko für eine ambulante oder stationäre Behandlung (resultierend aus einer schweren Unterzuckerung) prognostiziert.

Das fertige Modell basiert auf sechs simplen Faktoren: die Anzahl vorangegangener Notfallbehandlungen (ambulant und stationär) aufgrund von Unterzuckerungen, der Gebrauch von Insulin sowie von Sulfonylharnstoffen, das Vorliegen einer fortgeschrittenen Nierenerkrankung, die Anzahl von Notfallbehandlungen aus unterschiedlichen Gründen im vergangenen Jahr und das Alter.

Ausgehend von diesem Modell haben die Forscher eine praxisfähige Methode entworfen, um Menschen mit Diabetes in drei Kategorien einordnen zu können, welche die Wahrscheinlichkeit für eine Notfallbehandlung innerhalb der nächsten 12 Monate beziffern: “hoch” (größer als 5 Prozent), “mittel” (1 bis 5 Prozent) und niedrig (weniger als 1 Prozent).

Nun soll geprüft werden, wie die Methode in der Praxis angewendet werden kann

Diese Methode wurde daraufhin erfolgreich anhand der Versicherungsdaten von über 1,3 Mio. Veteranen sowie von rund 15.000 Versicherten von Kaiser Permanente mit Typ-2-Diabetes auf ihre Korrektheit überprüft. Die Ergebnisse des gesamten Untersuchung wurden im Fachmagazin „JAMA Internal Medicine“ veröffentlicht.

Die Studie wurde im Rahmen der Safe Use Initiative von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) in Auftrag gegeben und gefördert. Bei der Initiative handelt es sich um eine gemeinschaftliche Unternehmung diverser öffentlicher und privatwirtschaftlicher Institutionen des US-Gesundheitswesens, unerwünschte Ereignisse aufgrund von Arzneimittelanwendungen zu reduzieren.

Im nächsten Schritt soll nun geprüft werden, wie die neuentwickelte Methode in der Praxis genutzt werden kann, um gefährdeten Patienten mit Typ-2-Diabetes dabei zu helfen, schwere Unterzuckerungen und deren potentiellen Folgen zukünftig zu vermeiden. Möglich wären beispielsweise Therapieanpassungen, spezielle Schulungen sowie die Anwendung von CGM-Systemen und Glukagon-Kits.


von Gregor Hess
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