Pilot-Studie: Insulin aus dem Bauchfell

2 Minuten

© s4svisuals - Fotolia
Pilot-Studie: Insulin aus dem Bauchfell

Ärzte haben einer Patientin mit langjährigem Typ-1-Diabetes Zellen aus der Bauchspeicheldrüse eines Spenders eingesetzt. Dort im Bauchfell-Gewebe übernahmen diese sogenannten Langerhans-Inseln die Funktion der Bauchspeicheldrüse und produzierten Insulin. Entsprechend stabilisierte sich der Blutzucker und die Patientin konnte zwölf Monate lang auf Insulin-Spritzen verzichten. Über diese Ergebnisse einer US-amerikanischen Pilotstudie berichten Diabetologen im ‚New England Journal of Medicine‘.

Bei einer Inselzelltransplantation werden die aus Bauchspeicheldrüsen verstorbener Spender isolierten Langerhans-Inseln bisher meist über die Pfortader in die Leber des Empfängers eingebracht. Die Leber – als lebenswichtiges Organ – ist jedoch nur bedingt geeignet für die Beherbergung der Inselzellen; es kann zu Leberentzündungen, Blutungen oder anderen schweren Komplikationen kommen. Aus diesem Grund suchen Forscher nach alternativen Geweben zur Ansiedelung transplantierter Inselzellen.

Aus Bauchfell wird Bauchspeicheldrüse

Das sogenannte ‚große Netz‘ (lat. Omentum majus) ist ein fettgewebsreicher Teil des Bauchfells, der vom Magen ausgehend schützend über dem Dünndarm liegt. Für Operateure ist es per Schlüssellochtechnik durch die Bauchdecke leicht zugänglich. Aufgereinigte Langerhans-Inseln werden mit körpereigenem Blutplasma vermischt und auf das große Netz des Empfängers aufgebracht. Ziel ist, dass die Inselzellen vom Körper in das Bauchfellgewebe eingebaut werden und dort die Insulinproduktion aufnehmen.

Eine 43-jährige Frau mit langjährigem Typ-1-Diabetes, die häufig an plötzlich auftretenden Unterzuckerungen litt, war die erste Patientin einer Pilotstudie mit dieser Technik. Bei ihr setzte bereits wenige Tage nach der Operation die Insulinproduktion ein. Nach 17 Tagen konnte sie aufhören, Insulin zu spritzen und kommt seither bereits über ein Jahr ohne Insulin-Injektionen aus. Ihr Blutzuckerspiegel hat sich stabilisiert, die starken Schwankungen treten nicht mehr auf. Ihr HBA1c liegt mit 6,0 Prozent im Normbereich.

Lebenslange Unterdrückung des Immunsystems

Der Nachteil: das Immunsystem des Empfängers erkennt die transplantierten Zellen als fremd. Um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, müssen Patienten nach solchen Eingriffen lebenslang Medikamente (sog. Immunsuppressiva) einnehmen.

Geeignet ist die Transplantation von Langerhans‘schen Inseln hauptsächlich für Menschen mit Typ-1-Diabetes, die unter häufigen und schweren Entgleisungen wie Unterzuckerungen leiden und mit herkömmlichen Methoden (Insulin-Spritzen, Insulinpumpen) nicht gut zu behandeln sind. Aufgrund der Nebenwirkungen durch die lebenslange Immunsuppression müssen die Vor- und Nachteile jeder Behandlungsmethode sorgfältig abgewogen werden.

Die Ergebnisse dieser US-Studie, die im New England Journal of Medicine publiziert wurden, geben erste Hinweise darauf, dass mit dem ‚großen Netz‘ eine geeignete Struktur zur Ansiedelung transplantierter Langerhans-Inseln zur Verfügung steht. Ob die Methode auch sicher und langfristig erfolgreich ist, wird die Zukunft zeigen.


Quelle: Pressemitteilung des Diabetesinformationsdienst München

Ähnliche Beiträge

Lea Raak im Interview: Durch Community zurück ins Leben

Lea Raak lebt seit dem Jahr 2011 mit einem Typ-1-Diabetes. Viele Fragen taten sich nach der Diagnose auf – und eine gewisse Verzweiflung. Die Community hat ihr zurück ins Leben geholfen: „Ich tue mein Bestes und alles andere kommt, wie es kommt.“

11 Minuten

#dedoc° voices meet DDG: die Patienten-Perspektive beim Diabetes Kongress

Im zweiten Teil der Berichte der #dedoc° voices vom diesjährigen Diabetes Kongress kommen weitere Menschen mit Diabetes zu Wort, die im Mai die Fachtagung in Berlin besucht haben, um ihre Perspektive einzubringen.

9 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert