Die medizinische Rehabilitation hat nach wie vor hohen Stellenwert in unserem Gesundheitssystem. Dr. Gerhard-W. Schmeisl nennt die Voraussetzungen sowie Aufgaben und Ziele einer Rehabilitation.
Krankheit kann jeden aus heiterem Himmel treffen und das Leben massiv beeinträchtigen. Rehabilitation (lat.: wiederherstellen) kann helfen, dies zu bewältigen, die Folgen abzuschwächen und ein zukünftiges Leben besser zu gestalten.
Die gesetzliche Rentenversicherung finanziert Leistungen zur Rehabilitation mit dem Ziel, eine erheblich gefährdete oder bereits geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen – zumindest aber eine Verschlechterung abzuwenden. Rehabilitation in diesem Sinne rechnet sich auch für die Rentenversicherung, da Betroffene dann auch länger im Erwerbsleben bleiben und so gleichzeitig länger Beitragszahler bleiben.
Reha: die Voraussetzungen
Für eine Reha müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein (später mehr dazu). Grundsätzlich müssen in den letzten 2 Jahren für mindestens 6 Kalendermonate Pflichtbeiträge geleistet worden sein. Und eine erneute Reha kommt erst nach Ablauf von 4 Jahren in Betracht.
Menschen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen und nicht über die Deutsche Rentenversicherung versichert sind, können eine Rehabilitationsmaßnahme über ihre Krankenversicherung genehmigt bekommen. Die Prüfung der Voraussetzungen erfolgt beim jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger bzw. in Kooperation mit der Krankenkasse.
Ob eine ambulante Reha sinnvoll ist, hängt von der Komplexität der Erkrankung und von der Machbarkeit (Nähe zu einem ambulanten Rehabilitationszentrum) ab – nur etwa 14 Prozent der Rehabilitationsmaßnahmen werden deshalb ambulant durchgeführt – je nach Indikation. Auch das Herauskommen aus seinem üblichen Umfeld (abschalten!) spielt dabei für die Genesung oft eine wichtige Rolle (stationäre Rehabilitation).
Nach dem SGB IX (SGB: Sozialgesetzbuch) muss vor der Durchführung einer Rehabilitation zur Wiederherstellung und Sicherung der Teilhabe der Patienten Folgendes geklärt werden:
- die Frage der Rehabilitationsbedürftigkeit,
- die Frage der Rehabilitationsfähigkeit,
- die Frage der Rehabilitationsprognose.
Wird eine Reha abgelehnt, kann man innerhalb von 4 Wochen nach Eingang des Bescheides Widerspruch einlegen – am besten mit Unterstützung Ihres Arztes.
Verbesserung der Prognose
- Prävention und Risikoreduktion
- Reduktion der Krankheitshäufigkeit
- Reduktion der Sterblichkeit
Beitrag zur Kostenstabilität
- Verbesserung der Compliance durch Empowerment
- Reduktion/Verhinderung vermeidbarer Krankenhausaufenthalte
- Vermeidung vorzeitiger Berentung und Pflege
modifiziert nach Bjarnason-Wehrens, 2007
Für einen Arzt in einer Rehabilitationsklinik bedeutet dies, nachdem durch andere die Rehabilitationsbedürftigkeit festgelegt wurde (in der Regel im Akutkrankenhaus), festzustellen, ob dieser Patient auch tatsächlich rehafähig ist, nämlich:
- ob er in der Lage ist, eine Rehabilitation auch durchzuführen und
- ob die Rehabilitationsmaßnahme in Bezug auf seine Teilhabe auch Aussicht auf Erfolg hat.
Erst wenn diese Faktoren geklärt sind, kann der Patient zur stationären Rehabilitation aufgenommen werden.
Die Ziele der Rehabilitation
Mit Hilfe eines multidisziplinären Teams soll der Patient in einem Prozess unterstützt werden, seine individuelle bestmögliche physische und psychische Gesundheit sowie die soziale Integration wiederzuerlangen – und so möglichst langfristig aufrechtzuerhalten.
Ziele sind, die Arbeitsfähigkeit von Patienten zu erhalten oder wiederherzustellen sowie auch die Patienten sozial zu integrieren und ihnen die Möglichkeit zu bieten, am normalen, alltäglichen Leben teilzunehmen. Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und auch die Prognose des Patienten sollen langfristig verbessert werden. Grundlage dafür sind die im SGB IX benannten Zielsetzungen der Teilnahme rehabilitationsbedürftiger Patienten; um dieses alles zu erreichen, müssen viele Aufgaben erfüllt werden (siehe Tabelle).
- Remobilisierung der Patienten nach akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, nach Operationen oder sonstigen Eingriffen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems
- Risikobewertung in Bezug auf den zu erwartenden kurz-, mittel- und langfristigen Krankheitsverlauf
- die darauf basierende Optimierung der individuellen medikamentösen und nichtmedikamentösen Therapie (Erstellung eines individuellen Rehabilitationsplanes)
- die Unterstützung des Patienten bei der Krankheitsverarbeitung – Förderung einer angemessenen Einstellung zu seiner Erkrankung
- die nachhaltige Vermittlung der individuell notwendigen Lebensstiländerung und der medikamentösen Langzeittherapie – die Anleitung zu eigenverantwortlichem Handeln
- die Beratung und Unterstützung des Patienten bei der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung, einschließlich der sozialmedizinischen Begutachtung erwerbstätiger Patienten
- die Einbeziehung der Lebenspartner des Patienten in der Beratung und bei Schulungen (z. B. Schulungen zur Gewichtsabnahme, Antiraucherprogramm, lebensrettende Maßnahmen oder auch Schulungen in der Lehrküche/Diabetikerschulungen)
- am Schluss der Maßnahme folgt die sozialmedizinische Einschätzung der Leistungsfähigkeit bezüglich seiner beruflichen Tätigkeit und seiner Teilhabe am allgemeinen Leben (Sport, Freizeit etc.)Beratung im Hinblick auf die weitere berufliche Tätigkeit
- Beratung über eventuelle zusätzliche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA-Maßnahmen) und weitere diagnostische Maßnahmen
modifiziert nach Bjarnason-Wehrens, 2007
Rehabilitation: die Kosten
Die Kosten für eine medizinische Rehabilitation übernimmt bei Berufstätigen in der Regel die Rentenversicherung, bei Rentnern die Krankenkasse. Bei einer stationären Rehabilitationsmaßnahme können zusätzliche Kosten für Übernachtung und Verpflegung anfallen. Die Zuzahlung beträgt max. 10 €/Tag. Zuzahlungen werden für max. 42 Tage im Jahr fällig, wobei Krankenhausaufenthalte mitgezählt werden.
Die Beantragung
Wer eine Reha beantragen will, braucht die Zustimmung seines Arztes. Im Zweifelsfall kann man sich auch unabhängig bezüglich einer Reha bei den örtlichen Reha-Servicestellen der Kostenträger beraten lassen (www.reha-servicestellen.de). Dort können auch entsprechende Antragsformulare abgeholt werden.
Klinik-Wahl: Mitspracherecht!
Grundsätzlich haben Sie bei der Auswahl der Klinik nach dem SGB IX ein Mitspracherecht. Sie können also angeben, aus welchen Gründen Sie in einer bestimmten Klinik nach einem akut-stationären Aufenthalt weiterbehandelt werden wollen. Dies wird in der Regel mit dem Sozialdienst einer Akutklinik besprochen. Der Sozialdienst bearbeitet auch in der Regel schon den Antrag auf eine anschließende Rehabilitation.
Ablehnung: 4 Wochen Zeit für Widerspruch
Wird eine Reha abgelehnt, kann man innerhalb von 4 Wochen nach Eingang des Bescheides Widerspruch einlegen – am besten mit Unterstützung Ihres Arztes.
- Rehabilitation rechnet sich!
- Die diabetologische Rehabilitation
- Reha: Probleme Herz und Durchblutung
von Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist/Angiologe/Diabetologe/Sozialmedizin, Chefarzt Deegenbergklinik
sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund)
Deegenbergklinik, Burgstraße 21,
97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 21-0, E-Mail: schmeisl@deegenberg.de
Klinik Saale, Pfaffstraße 10,
97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 5-01
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (12) Seite 14-25