Sagt’s doch gleich: “Beschränkt Euch!”

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Sagt’s doch gleich: “Beschränkt Euch!”

Prof. Haak kritisiert, dass die gesundheitspolitischen Vorgaben in Deutschland erfolgreiche Arzneimittel-Innovationen be- und verhindern.

Es ist doch eine Farce, was sich in Deutschland im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) abspielt: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt; das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) prüft; das Ergebnis ist klar. Und danach beschließt der G-BA – und auch das ist klar – nur noch: “kein Zusatznutzen”! Vor allem dann, wenn Medikamente neu und damit auch teurer sind als die Nachahmer-Präparate (Generika). Bringen wir es aus meinem Blickwinkel auf den Punkt:

In Deutschland ist es unerwünscht, neue Medikamente zu entwickeln, sie zu prüfen und dann zuzulassen – da (berechtigterweise) neue Medikamente immer teurer sind als die Generika. Dies gilt zumindest für Volkskrankheiten wie Diabetes. Also, liebe Verantwortliche, Politiker und sonstige Beteiligte, sagt es doch gleich:

Ihr, liebe Patienten und Behandler, habt genug Diabetes-Medikamente! Beschränkt Euch auf diese – denn neuere Substanzen werden wir weder heute noch in der Zukunft zu einem vernünftigen Preis auf dem Markt zulassen!

Die Denkweise ist ja auch ganz einfach: Wir haben doch alles, Metformin und Glibenclamid, Humaninsulin und NPH-Insulin, und auch die ersten Analoginsuline werden bald generisch – und das muss einfach reichen.

Stimmt ja auch. Der begnadete Diabetologe und der duldsame Patient kommen mit den vorhandenen Substanzen über die Runden; ob gut oder schlecht, ist dieses Mal nicht die Frage. Und das ist dann die Legitimation dafür, neue Wirkprinzipien erst einmal von der Verordnungsfähigkeit langfristig gesehen auszuschließen – wie jetzt die SGLT-2-Inhibitoren, die die Zuckerausscheidung im Urin fördern. Wohlgemerkt: Sie sind klinisch erprobt und von den entsprechenden Behörden zugelassen!

Ergeben sich hierunter Vorteile im klinischen Gebrauch? Haben Patienten einen individuellen Nutzen davon? Wird die Therapie, da weniger Unterzuckerungen auftreten, noch sicherer? Das alles bleibt offen – weggewischt mit dem jüngsten G-BA-Beschluss zu Forxiga (Wirkstoff: Dapagliflozin) – “kein Zusatznutzen!”

Dies zeigt erneut: Wir brauchen einen nationalen Diabetes-Plan! Der Umgang mit Typ-2-Diabetes ist ein Rumgewurschtel, ein konzeptionsloses Kosteneinsparen – und ein hilfloses Zusehen, wie täglich 800 Menschen neu an Typ-2-Diabetes erkranken, weil es keine richtige Prävention gibt. Ich hoffe, dass die Kampagnen der Diabetesverbände vor der Bundestagswahl die Parteipolitiker aufrütteln – die Wähler sind es zumindest schon.


von Prof. Thomas Haak

Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (06131) 9 60 70 0,
Fax: (06131) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2013; 62 (7) Seite 21

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