Schwerbehinderung: Widerspruch bei drohender Herabstufung des GdB möglich?

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Schwerbehinderung: Widerspruch bei drohender Herabstufung des GdB möglich?

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Rechteck Antworten auf Rechtsfragen rund um das Thema Diabetes.

Frage von Nina P.

Ich habe vor vielen Jahren aufgrund meines Diabetes einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis erhalten. In fünf Monaten werde ich nun 62 Jahre alt und wollte dann eigentlich vorzeitig in Altersrente gehen.Vor einiger Zeit habe ich vom Versorgungsamt ein Schreiben bekommen, dass die Voraussetzungen der Schwerbehinderung überprüft würden, ich habe daraufhin den beiliegenden Fragebogen zurückgeschickt und darauf hingewiesen, dass sich an meinem Diabetes nichts geändert hat.

Vor knapp 6 Wochen kam nun ein Bescheid, dass ich auf einen GdB 40 herabgestuft werde, denn es lägen keine “erheblichen Einschnitte” vor, die sich “gravierend” auf meine Lebensführung auswirken würden. Tatsächlich bin ich sehr gut eingestellt und habe so gut wie keine Einschränkungen.Daraufhin habe ich mich anwaltlich beraten lassen; der Anwalt hat mir mitgeteilt, dass die Rechtsprechung zwischenzeitlich sehr streng sei und man hier wohl nichts machen könne. Selbst der GdB 40 sei in meinem Fall durchaus fraglich. Er riet mir daher ab, Widerspruch einzulegen, damit ich nicht womöglich noch weiter herabgestuft werde.

Nun ist der Bescheid rechtskräftig und ich muss den Schwerbehindertenausweis zurückgeben. Habe ich hier einen Fehler gemacht bzw. hätte ich Widerspruch einlegen sollen?


Die Antwort von Oliver Ebert

Leider wurden Sie hier nicht gut beraten. Der Anwalt hat zwar insoweit recht, dass in Ihrem Fall wohl die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung nicht mehr vorliegen und ein Widerspruch bzw. eine etwaige Klage daher wohl erfolglos geblieben wären. Allerdings hätten die Rechtsmittel aufschiebende Wirkung gehabt, d. h. der Schwerbehindertenstatus hätte noch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter fortbestanden. Unter Ausschöpfung aller verfahrenstaktischer Möglichkeiten kann man ein Verfahren für recht lange Zeit verzögern.

In Ihrem Fall hätte das ganz sicher noch gereicht, um ab dem 62. Geburtstag die vorgezogene Altersrente zu beantragen. Die Schwerbehinderteneigenschaft muss nur zum Rentenbeginn vorliegen, ein späterer Wegfall der Voraussetzungen hat keine Auswirkungen auf eine bereits begonnene Rente. Auch wenn der Widerspruch bzw. eine anschließende Klage vor dem Sozialgericht dann am Ende letztlich doch erfolglos geblieben wären – das Rechtsmittelverfahren hätte Ihnen auf jeden Fall den benötigten zeitlichen Spielraum verschafft, um die vorgezogene Altersrente noch erhalten zu können.

Da die Rechtsmittel zudem auch kostenfrei sind, kann ich nicht verstehen, warum man Ihnen hier von der Ausschöpfung des Rechtswegs abgeraten hat. Das – ohnehin eher theoretische – Risiko, womöglich auf einen GdB 30 herabgestuft zu werden, ist zu vernachlässigen und hätte schlimmstenfalls nur einen etwas geringeren Steuerfreibetrag bedeutet.Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dass Sie gegen den Anwalt möglicherweise Schadensersatzansprüche wegen dieser fehlerhaften Beratung geltend machen können.


Kontakt:

Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (5) Seite 49

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