Selbsthilfe: Wo sind Diabetiker gut aufgehoben?

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Selbsthilfe: Wo sind Diabetiker gut aufgehoben?

Unser Redaktionsmitglied Dr. Katrin Kraatz hat sich Gedanken über die heutige – teils unübersichtliche – Selbsthilfe-Landschaft gemacht.

Etwa ein Drittel der deutschen Ärzte mögen keine informierten Patienten. Das hat eine Münchner Studie ergeben, bei der 539 niedergelassene Ärzte online befragt wurden, wie sie informierte Patienten erleben. Hauptargumente für die negative Beurteilung sind die schlechte Qualität der frei verfügbaren Informationen, die trotz Information nicht bessere Mitarbeit der Patienten, eine Störung des Praxisablaufs durch längere Gespräche – und außerdem fühlen sich die Ärzte in ihrer Autorität in Frage gestellt und unangemessenen Forderungen ausgesetzt.

Bemüht, mich über meinen Diabetes zu informieren

Das ist doch endlich einmal gut zu wissen – auch wenn zum Glück zwei Drittel der befragten Ärzte anderer Meinung sind und ich meinen Weg bestätigt sehe: Über Jahrzehnte habe ich mich bemüht, mich gut über meinen Typ-1-Diabetes zu informieren. Anfangs haben diese Rolle natürlich meine Eltern übernommen, was vor mehr als 40 Jahren nicht einfach war, denn das Informationsangebot war deutlich geringer als heute, die Kontaktmöglichkeiten waren schwieriger.

In der aus dieser Zeit noch existierenden Korrespondenz habe ich neulich einen Brief entdeckt, in dem mein Vater einer anderen Familie Mut machte für das Leben mit einem Kind mit Diabetes – was heute viel leichter und schneller über das Internet funktioniert. Aber auch die Selbsthilfe spielte bereits damals eine große Rolle, der Deutsche Diabetiker-Bund (damals noch mit Bindestrich geschrieben) konnte mit vielen Informationen und Unterstützung aktiv weiterhelfen.

Zu viele Gruppen mindern den Einfluss

Und was passiert heute? Die Selbsthilfeorganisationen haben sich vermehrt. Und da liegt aus meiner Sicht ein großes Problem: Je mehr organisierte Vertreter es gibt, um die Probleme der Diabetiker und in der Diabetesversorgung anzugehen, desto kleiner werden die einzelnen Gruppen – und desto geringer wird ihr politischer Einfluss.

Und wenn dann noch hinzukommt, dass sich die Verbände uneins sind und sich zum Teil bekämpfen – obwohl sie doch hoffentlich alle das Gleiche wollen, nämlich für alle Diabetiker da sein und sie unterstützen –, stürzen sie die Diabetiker in die Hilflosigkeit.

Welchem Verband sollen sie noch glauben, dass sie dort gut aufgehoben sind? Welcher wird wohl an die Sache an sich denken und nicht nur an die Posten, die es zu verteidigen gilt? Ich vermute, dass daraus bei vielen Frust entsteht, sie sich enttäuscht von der Selbsthilfe abwenden und dadurch weniger persönlichen Erfahrungsaustausch haben und ihr Wissen weniger erweitern können – und damit ein bisschen dem Wunsch von einem Drittel der Ärzte entgegenkommen: weniger informiert zu sein. Schade!


von Dr. Katrin Kraatz

Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2013; 62 (8) Seite 19

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