Sind wir denn nie schön genug?

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Sind wir denn nie schön genug?

Jeder Diabetiker hat seine eigene Geschichte mit dem Diabetes und jede dieser Geschichten ist auf ihre ganz eigene Weise besonders. Für niemanden ist es leicht, zu erfahren, eine Krankheit ein Leben lang mit sich zu tragen.

 

„Aber alles soll und alles muss;

 Aber alles geht und jeder will

Perfekt sein

[…]

Sind wir denn nie schön genug?“

– Lina Maly

 

Perfekt sein. Das war alles, was ich wollte. Der Perfektionismus hat mich während der Magersucht immer begleitet. Ich hatte diesen Kampf beinah überwunden. Ich hatte es geschafft, meinen Körper wieder zu akzeptieren, ihn so zu lieben, wie er ist. Mich so zu lieben, wie ich bin. Dies war ein großer Schritt für mich.

Ein guter Start

Als der Diabetes dazukam, war es selbstverständlich erstmal ein großer Schock und ich habe ja auch schon in einem weiteren Artikel dieses Gefühl während der Bekanntgabe der Diagnose beschrieben. Das viel größere Problem für mich jedoch begann erst ca. ein halbes Jahr später. Am Anfang hatte ich meinen Diabetes wirklich gut unter Kontrolle. Ich war sehr diszipliniert und habe regelmäßig meinen Blutzucker kontrolliert und auch verantwortungsbewusst mein Insulin gespritzt. Zu der Zeit besaß ich Insulinpens. Ich musste also sowohl täglich mein Bolusinsulin als auch mein Basalinsulin spritzen.

Was dann passierte…

Am Ende des Jahres starb dann meine Oma. Sie war für mich eine der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Sie zu verlieren, war sehr hart für mich und mit sehr großem Schmerz verbunden. Bis heute spüre ich immer noch viel Trauer in mir, die nicht vergeht. Sie gehörte zu meinen wichtigsten Bezugspersonen und sie fehlt mir so unglaublich. Ich habe außerdem gemerkt, wie sich mein Körper verändert hat. Durch das Insulin war mein Gesicht aufgequollen und ich habe es wirklich gehasst, in den Spiegel zu sehen. Ich fand mich hässlich und dick. Ich fing also an, weniger zu spritzen, weniger und weniger, bis ich das Insulin irgendwann ganz wegließ.

Was dann passierte? Ich merkte, dass ich im Gesicht und am ganzen Körper schmaler wurde, und plötzlich waren die Stimmen wieder in meinem Kopf, die mich dazu brachten, nur meinen Körper zu sehen und meine Gesundheit zu vernachlässigen. Von einem HbA1c-Wert von 7 stieg ich auf einen Wert von 13. Es musste sich was ändern, ganz klar.

Im Herbst 2017 bekam ich meine erste Insulinpumpe, die Omnipod-Pumpe von Ypsomed. Ich dachte, mit einer Pumpe würde mir das Ganze vielleicht leichterfallen, besonders da sie von selbst das Basalinsulin injiziert. Die Pumpe half auch etwas, aber ich hatte auch dann immer noch nicht den Willen, meiner Gesundheit was Gutes zu tun. All die Gefahren, die sich hinter meinem Verhalten verbargen, waren mir egal. Ich wollte einfach, dass ich den Menschen gefiel, doch immer wieder hatte ich das Gefühl, durch den Diabetes unattraktiv zu wirken. Ich sah all die schlanken, schönen Mädchen und ich wusste, dass ich da nie mithalten könnte.

Weniger Sorgen, mehr Liebe

Unmittelbar nach dem Krankenhausaufenthalt, der mich auf den Umgang mit der Pumpe vorbereitet hat, lernte ich einen jungen Mann kennen, mit dem ich nun seit etwas mehr als einem halben Jahr zusammen bin. Durch ihn fällt es mir viel leichter, meine Krankheit, deren Folgen und mich zu akzeptieren. Schließlich gibt es da jemanden, der mich mit all meinen Ecken und Kanten liebt, der mich genau so nimmt, wie ich bin. Diese Liebe hat mir viele meiner Sorgen genommen und dafür bin ich so dankbar.

Und genau das ist das, was uns allen klar sein muss. Wir sind gut so, wie wir sind. Der Diabetes macht uns nicht weniger attraktiv, ganz im Gegenteil, der Diabetes macht uns stark.

 


Über den Weg der Akzeptanz hat auch Katharina bereits geschrieben: Die 5 Phasen der Trauer: der Weg zur Akzeptanz

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