Was bringt die „gesunde Mehrwertsteuer“?

2 Minuten

© Elizabeta Lexa - Fotolia
Was bringt die „gesunde Mehrwertsteuer“?

“Wir müssen es den Menschen leicht machen, sich gesund zu ernähren”, sagte Dr. Dietrich Garlichs, Beauftragter des Vorstands der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), bei einer Pressekonferenz im November in Berlin, bei der die “gesunde Mehrwertsteuer” für Deutschland vorgestellt wurde. Was bringt sie?

Steuern auf ungesunde Lebensmittel und Konsumgüter wie Alkohol und Tabak gibt es schon in vielen Ländern. Und dies hat sich gesundheitspolitisch als wirkungsvoll erwiesen. “In Sachen Prävention” sei Deutschland hingegen “immer noch ein Entwicklungsland!”, erklärte Garlichs.

Was bringt die „gesunde Mehrwertsteuer“? Bei einer Pressekonferenz im November in Berlin diskutierten Experten und Journalisten die Vor- und Nachteile der gestaffelten Steuer.

Das ist der Grund, warum 7 deutsche Organisationen eine neue Studie in Auftrag gegeben und finanziert haben: Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG), Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Deutsche Diabetes Stiftung (DDS), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, Gesundheitsstadt Berlin, Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD), Universität Kiel.

Steuer-Staffelung zeigt in Studie erstaunliche Effekte

Wie ändern sich Ernährung und Gewicht der Bevölkerung, wenn Obst und Gemüse gar nicht, ungesunde Lebensmittel aber höher als bisher besteuert werden? Dieser Frage ging die Studie nach, die von der Universität Hamburg durchgeführt worden ist. Und siehe da: Die Staffelung zeigt erstaunliche Effekte! Der Anteil stark übergewichtiger Menschen steigt nicht weiter an, sondern sinkt sogar um 10 Prozent.

Das heißt: Eigentlich wollen die Bürger mehr gesunde Lebensmittel kaufen, scheitern bisher auch am Preis, erklärte der Ernährungsmediziner Prof. Dr. Hans Hauner aus München. Ein gestaffeltes System der Mehrwertsteuer (MwSt.) für Lebensmittel kann die Übergewichtswelle in Deutschland demnach stoppen. Für die meisten Lebensmittel gilt bislang der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent, auch für ungesunde Produkte mit viel Fett und Zucker.

“Ampel plus”: keine Steuer auf Obst und Gemüse, hohe auf Zucker-, Salz- und Fetthaltiges

Eine gesundheitliche Staffelung der Mehrwertsteuer unter dem Namen “Ampel plus” sieht so aus:

  • Grün, 0 Prozent: Obst und Gemüse,
  • Gelb, 7 Prozent: normale Lebensmittel wie Nudeln, Milch oder Fleisch (der aktuelle Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel allgemein),
  • Rot, 19 Prozent: Produkte mit viel zugesetztem Zucker, Salz oder Fett wie Fertiggerichte, Chips oder Süßigkeiten.

Softdrinks wie Cola oder Fanta haben einen hohen Zuckeranteil und gelten seit Langem als Treiber für krankhaftes Übergewicht. Laut der Studie könnte man hier den Steuersatz zusätzlich von heute 19 auf 29 Prozent anheben. Mehr noch als Süßigkeiten sind Softdrinks ein Risikofaktor für Adipositas. Das gilt auch für Drinks mit Zuckerersatzstoffen. Fruchtsäfte ohne Zuckerzusatz fallen im “Ampel Plus”-System dagegen unter “Gelb” mit 7 Prozent Mehrwertsteuer.

Medizin-Verbände hoffen auf politische Unterstützung, Industrie läuft Sturm

Dr. Gottlobe Fabisch, Geschäftsführerin des VDBD, forderte politische Unterstützung für solche “mutigen Maßnahmen, die an den Lebenswelten der Menschen ansetzen und wesentliche Rahmenbedingungen ändern”.

Gegen die Einführung der “Ampel plus” läuft die Lebensmittelindustrie schon Sturm. Sie bezeichnet die Aufteilung von Nährstoffen in “gesund” und “ungesund” als vereinfachend und dem Bürger gegenüber bevormundend.


von Angela Monecke
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (1) Seite 54-55

Ähnliche Beiträge

Lea Raak im Interview: Durch Community zurück ins Leben

Lea Raak lebt seit dem Jahr 2011 mit einem Typ-1-Diabetes. Viele Fragen taten sich nach der Diagnose auf – und eine gewisse Verzweiflung. Die Community hat ihr zurück ins Leben geholfen: „Ich tue mein Bestes und alles andere kommt, wie es kommt.“

11 Minuten

#dedoc° voices meet DDG: die Patienten-Perspektive beim Diabetes Kongress

Im zweiten Teil der Berichte der #dedoc° voices vom diesjährigen Diabetes Kongress kommen weitere Menschen mit Diabetes zu Wort, die im Mai die Fachtagung in Berlin besucht haben, um ihre Perspektive einzubringen.

9 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert