Wer prüft, ob die Geräte genau messen?

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Wer prüft, ob die Geräte genau messen?

Viele Diabetiker, vor allem diejenigen, die eine Insulintherapie durchführen, messen regelmäßig ihre Blutzuckerwerte. Bevor Blutzuckermessgeräte in den Verkehr gebracht werden, müssen sie geprüft werden. Die CE-Kennzeichnung sagt aber nur aus, dass die Mindestanforderungen erfüllt wurden. Für die Prüfung werden die entsprechenden Dokumente vorgelegt – das Produkt selbst wird nicht geprüft. Ob ein Blutzuckermessgerät genau misst, können Nutzer an der CE-Kennzeichnung also nicht erkennen. Worauf können sich Menschen mit Diabetes sonst verlassen?

Hat ein Medizinprodukt wie ein Blutzuckermessgerät ein CE-Zeichen bekommen, erfolgt anschließend keine Kontrolle mehr. Wie Dr. Guido Freckmann aus Ulm während einer DiaTec-Fortbildung erklärte, liegt die Zulassung in den Händen des Herstellers und einer benannten Stelle, zum Beispiel dem TÜV (Technischer Überwachungs-Verein). Dem vorausgegangen ist ein Konformitätsbewertungsverfahren, mit dem garantiert wird, dass das Produkt allen anzuwendenden Vorschriften und Normen entspricht – aufgrund vorgelegter Dokumente; das Produkt selbst wird nicht überprüft. Außerdem lassen die benannten Stellen viele unterschiedliche Produkte zu – die Frage ist, mit welcher Kenntnis jeweils.

Mangelhafte Kontrolle

Aus der Zulassung folgt nun aber nicht, dass zum Beispiel zugelassene Blutzuckermessgeräte genau messen. „Wie können wir Transparenz darüber bekommen, welche Qualität unsere Produkte haben?“, fragte Freckmann. Zwar werden von unabhängigen Instituten Studien durchgeführt, die mitunter zeigen, dass die Genauigkeit nicht erfüllt ist – Publikationen dazu werden aber von manchen Herstellern nicht gern gesehen, berichtete Freckmann. Sogar Rechtsstreitigkeiten können daraus resultieren.

Wenn Unternehmen wie das „Institut für Diabetes-Technologie“ (IDT) in Ulm, das solche Studien durchführt, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fehlerhaft messende Geräte melden, sind die Reaktionen auch unbefriedigend, wie er berichtete. Der Diabetologe und Diabetesforscher meinte: „Eine stichprobenartige Untersuchung von Produkten würde viel bringen.“ Das wäre möglich mit einem unabhängigen Institut für die Evaluierung von Diabetestechnologie. So gäbe es Transparenz zur Qualität und bei Mängeln würden Konsequenzen gezogen.

CE-Zeichen aus China

Bezüglich der CE-Kennzeichnung machte Freckmann auf ein weiteres Problem aufmerksam: Das Design des CE-Zeichens muss bestimmten Regeln folgen. Die beiden Buchstaben liegen auf zwei Ringen, die sich schneiden, außerdem ist der Mittelstrich des E kürzer als die Ränder oben und unten. Wenn die Buchstaben vom geforderten Raster abweichen, können sie aber auch etwas anderes heißen als Conformité Européenne: China Export. Genau hinzusehen, lohnt sich also.

Bisher keine Verschärfung beim CE-Zeichen

Ursprünglich ging es beim CE-Zeichen um eine Vereinheitlichung in Europa, erklärte Professor Dr. Lutz Heinemann aus Düsseldorf. Das System funktionierte viele Jahre. Vor einigen Jahren kündigte die EU-Kommission an, Änderungen am CE-Markierungssystem vornehmen zu wollen. Unter anderem ging es um eine stärkere Überwachung der benannten Stellen durch nationale Behörden und ein Expertenteam der EU-Kommission, klarere Vorgaben und Verantwortlichkeiten für die Hersteller, die bessere Nachverfolgbarkeit von Geräten und verschärfte Vorgaben für klinische Studien.

Wie Heinemann berichtete, ist bisher aber nichts konkret passiert. Ein Problem bleibt dabei aber auch, dass zum Beispiel Kontrollen in Übersee aus finanziellen Gründen schwierig sind und Produkte, die weite Transportwege und lange Transportzeiten hinter sich haben, vor Ort nicht noch einmal überprüft werden. Um Verbesserungen zu erreichen, fordert er auch mehr Aktivität der akademischen Fachgesellschaften, um das Feld nicht nur Behörden und Industrie zu überlassen.

75 000 Stiche

Wie oft hat sich jemand bereits gestochen, der seit 30 Jahren Typ-1-Diabetes hat? Fredrik Debong, Gründer von mySugr, hat es für sich ausgerechnet: 75 000 Blutzuckertests hat er durchgeführt, dafür hat er 1,8 Liter Blut benötigt. Außerdem waren 60 000 Injektionen erforderlich. Alles wurde begleitet von 500 000 Entscheidungen. „Wir müssen als unsere eigene Bauchspeicheldrüse mehr oder weniger agieren“, machte er die Aufgabe deutlich.


Redaktion Diabetes
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